Landsberger Tagblatt

Wer bedient sich im Eierhäusch­en?

Carmen Schäffler bietet in Lengenfeld Eier und Nudeln auf Vertrauens­basis an. Von einer Unbekannte­n wird sie mehrfach geprellt. Jetzt zieht sie für ihr Häuschen Konsequenz­en

- VON DOMINIK STENZEL

Lengenfeld/Landkreis Es ist ein einfaches System, das voll auf das Vertrauen in die Kunden setzt: Viele Landwirte in der Region bieten ihre Produkte in kleinen Läden zur Selbstbedi­enung an. Die Menschen erhalten Eier und Nudeln, den fälligen Geldbetrag werfen sie in eine Kasse. Doch das scheint nicht immer zu funktionie­ren: Wie die Polizei mitteilte, wurde eine Landwirtin aus Lengenfeld jüngst mehrfach geprellt. Das Landsberge­r Tagblatt hat mit der Betroffene­n gesprochen.

Seit knapp zwei Jahren gibt es Carmen Schäfflers kleinen Hofladen „Carmen’s Hühnerpara­dies“, der täglich von 7 bis 20 Uhr geöffnet hat und nur wenige Meter von ihrem Wohnhaus entfernt liegt. Wie sie selbst sagt, biete das Geschäftsm­odell viele Vorteile: „Ich muss nicht immer vor Ort sein und kann lange öffnen.“Ihre Kunden könnten auf völlig unkomplizi­ertem Weg an frische Eier und Nudeln kommen.

Umso mehr ärgert sich Carmen Schäffler über die jüngsten Vorfälle. An zwei Tagen Ende August und am Freitag vergangene­r Woche wurden bei ihr insgesamt 16 Päckchen Nudeln geklaut. Der finanziell­e Schaden betrage mittlerwei­le knapp 50 Euro. Auf der Videoüberw­achung, die im Inneren ihres Ladens installier­t ist, sei deutlich zu erkennen, dass es sich bei der Diebin immer um dieselbe Frau handle: An allen drei Tagen habe sie mehrere Packungen Nudeln mitgenomme­n und lediglich ein paar Münzen in die Kasse geworfen. Über den Facebook-Auftritt von „Carmen’s Hühnerpara­dies“hat Schäffler eine Täterbesch­reibung veröffentl­icht und bittet um Hinweise. Auch die Landsberge­r Polizei hat einen Zeugenaufr­uf gestartet.

Die 30-Jährige findet das Verhalten der unbekannte­n Frau schlichtwe­g „unverschäm­t“. Auf den Aufnahmen sei festzustel­len, dass sie ein I-Phone in der Hand hält: „Sie macht generell nicht den Eindruck, als ob sie Hunger leiden würde“, sagt Carmen Schäffler, die bereits Konsequenz­en gezogen hat. Sie kontrollie­re nun mehrmals am Tag ihren Laden. Außerdem sind dort nur noch zwei Packungen Nudeln gleichzeit­ig ausgelegt.

Schon im vergangene­n Jahr habe es Probleme mit einer Diebin gegeben. „Das war jedoch eine andere Frau, die der Polizei bekannt ist. Sie hat sich seitdem nicht mehr blicken lassen“, sagt Carmen Schäffler.

An ihrem Geschäftsm­odell zweifelt Carmen Schäffler dennoch nicht. „Normalerwe­ise sind unsere Kunden sehr, sehr ehrlich“, sagt sie. Es komme schon vor, dass sich am Abend zu wenig Geld in der Kasse befinde. Allerdings kämen die Käufer bald darauf vorbei und würden den restlichen Betrag mitbringen.

Wie steht es in anderen Selbstbedi­enungsläde­n in der Region um die Zahlungsmo­ral der Kunden? Stefan Wild, Betreiber von „Heumi’s BioHof“in Hurlach, setzt teilweise auf ein anderes System. Fleisch, Käse, Milch und Wurst sind bei ihm in Automaten untergebra­cht. Die Kunden können dort rund um die Uhr Geld einwerfen, um im Gegenzug die Lebensmitt­el zu erhalten. Lediglich Kartoffeln liegen in einer großen Kiste aus, das Kilo kostet

Videoüberw­achung zeigt immer dieselbe Frau

zwei Euro. „Manchmal kommt es schon vor, dass die Leute nicht den vollen Preis zahlen“, sagt Stefan Wild. „Im Großen und Ganzen klappt es aber recht gut.“

Früher gab es auf „Heumi’s BioHof“auch Eis aus einer Gefriertru­he. Das habe allerdings überhaupt nicht funktionie­rt, sagt der Landwirt.

„Jetzt ist das Eis eben auch nur noch im Automaten erhältlich.“Die Installati­on einer Videoüberw­achung sei für Stefan Wild keine Option. „Wenn ich selbst Kunde wäre, würde ich nicht wollen, dass ich gefilmt werde.“

Maximilian Keil aus Fuchstal setzt ebenfalls auf eine Vertrauens­kasse. Auf seinem Hof bietet der Landwirt Eier und Nudeln an, bald soll auch Eierlikör zum Sortiment gehören. Zu größeren Problemen sei es bislang noch nicht gekommen.

„Unsere Haustür befindet sich direkt gegenüber dem Laden“, sagt Maximilian Keil. „Ich denke, dass potenziell­e Diebe dadurch abgeschrec­kt werden.“Auch bei ihm komme es zwar manchmal vor, dass zu wenig Geld in der Kasse liege. „Ich muss dann allerdings nur darauf warten, bis die Kunden vorbeikomm­en und den restlichen Betrag persönlich vorbeibrin­gen.“

Der Dießener Landwirt Max Knoller hatte in der Vergangenh­eit ebenfalls schlechte Erfahrunge­n mit seinem Selbstbedi­enungslade­n gemacht (LT berichtete). Wiederholt wurden seine Angebote ohne zu bezahlen einfach mitgenomme­n, trotz zwischenze­itlich installier­ter Videoüberw­achung und deutlicher Hinweissch­ilder.

Nur ein halbes Jahr nach dem Start der Vertrauens­kasse schaffte Max Knoller diese schon wieder ab. „Es hat in den letzten Wochen einfach keinen Spaß mehr gemacht, abends die Kasse zu kontrollie­ren“, erzählte er damals.

Die Lebensmitt­el kommen aus dem Automaten

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Nur noch zwei Packungen Nudeln stellt Carmen Schäffler in die Regale ihres kleinen Hofladens in Lengenfeld. Damit will sie dem Diebstahl von Lebensmitt­eln ein wenig Einhalt gebieten.
Foto: Thorsten Jordan Nur noch zwei Packungen Nudeln stellt Carmen Schäffler in die Regale ihres kleinen Hofladens in Lengenfeld. Damit will sie dem Diebstahl von Lebensmitt­eln ein wenig Einhalt gebieten.

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