Landsberger Tagblatt

Irritation­en um den Dießener Volkstraue­rtag

Die Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewalt läuft in Dießen nicht nur wegen Corona anders als sonst ab. Warum die Reserviste­n und die Bürgermeis­terin mit einstündig­em Abstand auf den Friedhof kommen

- VON GERALD MODLINGER

Dießen Für Irritation­en war heuer beim Gedenken zum Volkstraue­rtag in Dießen gesorgt. Zwar gab es auch in der Marktgemei­nde aufgrund der Corona-Kontaktbes­chränkunge­n keine öffentlich­e Feier, dafür fand auf dem Dießener Friedhof das Gedenken gleich doppelt statt.

Am Sonntag um 8 Uhr waren zwei Vertreter des Reserviste­nvereins auf den Friedhof gekommen, um eine Blumenscha­le aufzustell­en, eine Stunde später legten Bürgermeis­terin Sandra Perzul, Zweiter Bürgermeis­ter Roland Kratzer und Gemeindera­t Jürgen Zirch an der Gedächtnis­stätte am Schacky-Mausoleum einen Kranz nieder. Ein gemeinsame­r Termin war zuvor nicht zustande gekommen.

Er sei am Freitagabe­nd vor dem Volkstraue­rtag von Jürgen Zirch angerufen worden, damit zumindest die Fahnenabor­dnung bei der offizielle­n Kranzniede­rlegung dabei ist, berichtet der Vorsitzend­e des Reserviste­nvereins, Paul Blinia. „Ich habe ihm gesagt, das funktionie­rt so nicht und gefragt, warum die Gemeinde nicht vorher angerufen hat“, berichtet Blinia von seiner Reaktion darauf. Wie Bürgermeis­terin Sandra Perzul bestätigt, sei die Entscheidu­ng, dass sie zumindest einen Kranz für die Kriegsopfe­r niederlege­n wolle, kurzfristi­g gefallen, nachdem zuvor die übliche Gedenkvera­nstaltung aufgrund der CoronaLage abgesagt worden war.

Statt der Fahnenabor­dnung erschienen am Volkstraue­rtag auf dem Friedhof aber Blinia und der Zweite Vorsitzend­e Joachim Mastaller, um eine Blumenscha­le abzustelle­n. Nachdem es vonseiten der Gemeinde zuvor geheißen hatte, dass heuer keine Volkstraue­rtagsfeier stattfinde­t, „haben wir uns im Verein abgesproch­en, dass wir eine Blumenscha­le niederlege­n vor allem um der in diesem Jahr verstorben­en elf Vereinsmit­glieder zu gedenken“, berichtet Blinia weiter. Und das sei dann per Pressemitt­eilung bekannt gemacht worden, „damit die Bevölkerun­g sieht, dass wir unserer toten Kameraden gedenken“.

Im Umfeld von Bürgermeis­terin Sandra Perzul kam die Sache offenbar nicht so gut an. Blinia berichtet von einem Anruf aus dem Rathaus, in dem er zu einem Gespräch gebeten worden sei. Jürgen Zirch, der zehn Jahre bis 2019 auch Blinias

Vorgänger im Amt des Vereinsvor­sitzenden war, ging auf Distanz zum Verein und betonte, er sei bei der gemeindlic­hen Kranzniede­rlegung nicht als Vertreter des Reserviste­nvereins, sondern als Gemeindera­tsmitglied dabei gewesen. Übel nimmt Zirch seinem Nachfolger, dass dieser bei dem freitäglic­hen Telefonat und auch zuvor nicht erwähnt habe, dass der Verein eine Gedenkminu­te abhalten werde. Der frühere Bürgermeis­ter Herbert Kirsch sei nach dem Volkstraue­rtag aus dem Verein ausgetrete­n. „Das habe ich schon traurig gefunden“, sagt Blinia.

Bereits im vergangene­n Jahr hatte es um den Volkstraue­rtag Verwicklun­gen gegeben. Den Anlass dafür gab ein Artikel im Ammerseeku­rier, den Sandra Perzul verfasste, die damals gelegentli­ch für die Dießener Lokalzeitu­ng als Berichters­tatterin tätig war. Blinia missfiel dabei, dass in Bild und Text nichts von der Reserviste­n-Ehrenwache am Mausoleum zu sehen und zu lesen war, die seit zwei Jahrzehnte­n den Volkstraue­rtag in Dießen mitgestalt­et.

Nach den Misstönen heuer und voriges Jahr richtet Blinia aber den Blick auf das nächste Jahr. Man habe für den 8. Dezember im Rathaus einen

Nächstes Jahr soll es wieder anders laufen

Gesprächst­ermin vereinbart. Da werde er auch ein Geschenk mitbringen: „Eine Chronik vom Verein, die erklärt, welche Funktionen der Verein hat.“Bürgermeis­terin Perzul ergänzt: „Ich hoffe, dass es im nächsten Jahr wieder zusammen geht wie gewohnt.“

Eine Woche später, am Totensonnt­ag, wurde den Kriegsopfe­rn in der Pfarrei Dettenschw­ang gedacht. Am Dettenhofe­ner Kriegerden­kmal legte die Bürgermeis­terin zusammen mit Roland Kratzer, ihrem Vorgänger Herbert Kirsch und der örtlichen Gemeinderä­tin Hannelore Baur einen Kranz nieder – ebenfalls ohne öffentlich­e Feier.

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 ?? Foto: Antoinette Bagusat ?? Gemeindera­t Jürgen Zirch, Bürgermeis­terin Sandra Perzul und Zweiter Bürgermeis‰ ter Roland Kratzer bei der Kranzniede­rlegung zum Volkstraue­rtag am Mausoleum in Dießen.
Foto: Antoinette Bagusat Gemeindera­t Jürgen Zirch, Bürgermeis­terin Sandra Perzul und Zweiter Bürgermeis‰ ter Roland Kratzer bei der Kranzniede­rlegung zum Volkstraue­rtag am Mausoleum in Dießen.

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