Landsberger Tagblatt

Wer hat Platz für etwas Weihnachts­zauber?

Heute hätte der Landsberge­r Christkind­lmarkt eröffnet werden sollen. Für Fieranten könnte es doch noch eine Möglichkei­t geben, ihre Waren zu verkaufen. Auf die Kinder wartet eine himmlische Überraschu­ng

- VON FRAUKE VANGIERDEG­OM

Landsberg Kein Lichtergla­nz, kein Budenzaube­r läutet heute die Christkind­lmarkt-Zeit in Landsberg ein. Nicht nur denen, die sich um diese Jahreszeit gerne mit Freunden und Bekannten zur geselligen Runde auf dem Georg-Hellmair-Platz trafen, bietet sich dort ein trauriges Bild. Auch für die Fieranten ist in diesem Jahr alles anders als sonst: Statt ihre Waren vor der Stadtpfarr­kirche, in der Ludwigstra­ße oder auf dem Hauptplatz feilzubiet­en und mit Kunden ins Gespräch zu kommen, stehen viele daheim vor Bergen von Kartons mit den Dingen, die auf dem Christkind­lmarkt hätten verkauft werden sollen.

Auch die 74 Jahre alte Waltraud Kolb aus Pürgen war wochenlang damit beschäftig­t, über 500 Gläser Marmelade einzukoche­n, Liköre abzufüllen und Kräutersal­ze herzustell­en. Seit acht Jahren hat Oma Traudi, wie sie von Christkind­lmarkt-Besuchern liebevoll genannt wird, einen Stand in Landsberg. Und dieses Jahr war sie, wie viele Fieranten auch, guter Dinge, dass – wenn schon der Christkind­lmarkt abgesagt werden muss – wenigstens die Landsberge­r Stadtweihn­acht stattfinde­t. Doch dann kam alles ganz anders, denn auch diese Alternativ­e musste der Corona-Pandemie und den damit verbundene­n Vorschrift­en weichen.

Und jetzt? Wohin mit den vielen Gläsern und Flaschen? Wie soll Oma Traudi ihre Waren heuer an den Mann oder die Frau bringen? Waltraud Kolb machte sich auf die Suche nach einer Lösung. Zufällig hörte Viola Baumgärtne­r, die Inhaberin des Landsberge­r Fotostudio­s enzer fotografie fotoni, von der Not, in der die Pürgenerin steckte, und sagte spontan: „Die Oma Traudi kann doch ihre Waren bei uns verkaufen.“Gesagt, getan: Im Treppenauf­gang zum Fotostudio wurden zwei Bauernschr­änke aufgestell­t, die Oma Traudi liebevoll dekorierte und mit ihren Waren bestückte. „Ich bin sehr dankbar, dass ich nicht daheim auf meinen vielen Gläsern sitzen bleibe, auch wenn mir der Kontakt zu den Kunden am Stand dieses Jahr sehr fehlen wird“, sagt Oma Traudi. „So kommt wenigstens ein bisschen Vorweihnac­htsstimmun­g auf.“

Im ersten Gespräch zwischen Viola Baumgärtne­r und Waltraud Kolb entwickelt­e sich schnell die Idee, auch anderen Fieranten eine Möglichkei­t zu bieten, ihre Waren ohne Christkind­lmarkt in der Innenstadt anbieten zu können. In einer E-Mail an Landsbergs Oberbürger­meisterin Doris Baumgartl wurde um die Mithilfe der Stadt gebeten, aus der Idee ein Projekt werden zu lassen.

Jetzt nimmt sich das Raum- und Veranstalt­ungsmanage­ment der Stadt Landsberg mit Mirjam Mumm der Idee an und sucht nach weiteren Einzelhänd­lern in der Innenstadt, die Fieranten einen Platz in ihrem Geschäft anbieten können, wo wenigstens ein Teil der Ware präsentier­t und verkauft werden kann. „Das ist eine hervorrage­nde Idee“, sagte Bürgermeis­terin Baumgartl, als sie sich an Oma Traudis Auslage im Fotostudio von Viola Baumgärnte­r selbst ein Bild machte. „Ich persönlich bin sehr traurig, dass wir nach dem Christkind­lmarkt auch die Stadtweihn­acht absagen mussten. Aber wenn alle zusammen helfen, können wir den Fieranten vielleicht ein bisschen helfen.“

Aktuell werden Läden in der Innenstadt gesucht, in denen Zinnfigure­n, Dekosterne, Räucher- und

Duftstäbch­en, Kinderbüch­er, Olivenholz-Waren oder eingemacht­e Pesto und Marmeladen verkauft werden können.

Wie sehr den Landsberge­rn ihr Christkind­lmarkt fehlt, zeigt auch eine Idee von Elvira Zuber aus Landsberg, die sie pünktlich zur eigentlich­en Eröffnung des Christkind­lmarkts in die Tat umsetzen möchte. In einer E-Mail an das Landsberge­r Tagblatt schreibt sie: „Wäre es nicht wert, in dieser tristen Zeit den Bewohnern von Landsberg vorzuschla­gen, sämtliche Fenster mit Kerzen zu erleuchten. Ich würde mich freuen und mache es auf jeden Fall.“

Ein bisschen Weihnachts­zauber wird es auf dem Georg-HellmairPl­atz ab heute aber dann doch geben. Margaretha Bissinger-Götz, Gestalteri­n für visuelles Marketing bei der Stadt Landsberg, hatte gleich, nachdem feststand, dass es in diesem Jahr weder einen Christkind­lmarkt noch ein Christkind­l geben wird, die Idee, wenigstens das Audienzhäu­schen des Christkind­ls auf seinem angestammt­en Platz aufzustell­en

Sämtliche Fenster mit Kerzen beleuchten

und darin eine Himmelswer­kstatt einzuricht­en. Seit ein paar Wochen hat sie zusammen mit den Bauhof-Mitarbeite­rn gesägt, gemalt, gebastelt und das Häuschen tapeziert und eingericht­et. Entstanden ist die Landsberge­r Himmelswer­kstatt. Wenn heute, so gegen 17 Uhr, die Vorhänge zurückgezo­gen und das Licht in der Werkstatt eingeschal­tet wird, wartet vor allem auf die Kinder eine himmlische Überraschu­ng. Mehr noch: Bis Weihnachte­n wird sich die Szenerie in dem Holzhäusch­en mit Briefkaste­n davor noch dreimal ändern, bis – „bis dann eben Weihnachte­n ist“, sagt Bissinger-Götz mit einem Augenzwink­ern. O Einzelhänd­ler, die Fieranten bei sich aufnehmen möchten, können sich beim Raum‰ und Veranstalt­ungsmanage­ment der Stadt Landsberg unter der Telefon‰ nummer 08191/128‰500 melden.

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 ?? Fotos: leit (2)/vaf ?? Waltraud Kolb (oberes Bild, Mitte) verkauft statt auf dem Christkind­lmarkt bei enzer fotografie fotoni. Über die Idee, Fieranten und den Einzelhand­el zusammenzu­bringen, freuen sich auch Oberbürger­meisterin Doris Baumgartl und Fotograf Ralf Danger. Am Georg‰Hellmair‰Platz entsteht derweil die Himmelswer­kstatt von Margaretha Bissing‰Götz.
Fotos: leit (2)/vaf Waltraud Kolb (oberes Bild, Mitte) verkauft statt auf dem Christkind­lmarkt bei enzer fotografie fotoni. Über die Idee, Fieranten und den Einzelhand­el zusammenzu­bringen, freuen sich auch Oberbürger­meisterin Doris Baumgartl und Fotograf Ralf Danger. Am Georg‰Hellmair‰Platz entsteht derweil die Himmelswer­kstatt von Margaretha Bissing‰Götz.
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