Ein Sportwagen der Extraklasse
Die ersten drei Exemplare des neuen Ford GT werden ausgeliefert. Eines steht jetzt in einer Halle in Landsberg. Warum dieser Sportwagen etwas Besonderes ist und wieso ihn sein neuer Besitzer an den Lech bringen hat lassen
Landsberg Zu neunt stehen sie um zehn Uhr morgens vor dem Gelände des Fahrzeugveredelers Cult Car in Landsberg, als der silberne Lastwagen mit dem britischen Kenzeichen um die Ecke biegt. Seine Ladung: Die ersten drei Exemplare des Ford GT, die nach der neuen EU-Abgasnorm vor zwei Jahren erst jetzt nach Europa ausgeliefert werden dürfen. Eines davon geht nach Regensburg, eines nach Nordrhein-Westfalen. Eines verlässt nun den Lastwagen in Landsberg. Was ist an diesem Wagen nur so besonders, und warum landet er in Landsberg?
Zwei Stunden fuhr der neue Besitzer Thorsten Stegmaier aus Aalen, der selbst hobbymäßig Sportwagenevents organisiert, nach Landsberg. Der Sportwagenenthusiast erklärt, warum dieses Auto, für das er immerhin 750000 Euro hingeblättert hat, für ihn etwas Außergewöhnliches ist: Das Chassis, das Fahrgestell, ist komplett aus Carbon. Damit wiegt der Supersportwagen, der laut Hersteller mit einem 3.5-l-EcoBoost-V6-Motor und damit knapp 700 PS aufwartet, nur 1350 Kilogramm. 14,9 Liter schluckt der Wagen auf 100 Kilometer laut Hersteller. In Deutschland ist es zudem das elfte von 20 limitierten Exemplaren. „Die größte Investition in meinem Leben“, sagt Thorsten Stegmaier.
Von 0 auf 100 Stundenkilometern in unter drei Sekunden: Die Leistung und der Leichtbau seien für ihn das Besondere an dem Supersportwagen, der ein richtiger Rennwagen sei, sagt Thorsten Stegmaier. Ein Rennwagen, der an eine legendäre Geschichte anknüpft: Von 1966 bis 1969 holte sich Ford mit dem Vorgängermodell GT40 viermal in Folge den Sieg beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans. 2016 wiederholte die Rennwagenschmiede diesen Triumph mit einer Neuauflage des Ford GT. Das straßentaugliche Exemplar dieses Wagens, das Thorsten Stegmaier in Zukunft fährt, wurde in einer kleinen Manufaktur in Kanada gebaut und über die USA und Großbritannien nach Festlandeuropa gebracht.
Der Fahrer des Lastwagens öffnet die seitlichen Klappen, noch sind nur die schwarz verhüllten Autos zu sehen. Dann fährt er die hintere Rampe des Lastwagens langsam hinunter und zieht den schwarzen Schutzüberwurf weg. Als das tiefschwarze Heck sichtbar wird, strahlt Thorsten Stegmaier über das ganze Gesicht. Langsam manövriert der Fahrer den Sportwagen an das hintere Ende der Rampe, lässt sie herunter. Als der Motor zum ersten Mal laut röhrt, der Auspuff qualmt und die Rücklichter leuchten, wirkt das Auto eher wie ein wildes Tier als eine Maschine.
Der neue Besitzer, Frau, Sohn, Nachbarn und das Cult-Car-Team halten mit Smartphones und Kameras diesen Moment fest, auf den Thorsten Stegmaier viereinhalb
Jahre gewartet hat. Der Aalener bewarb sich 2015 online bei Ford in den USA um einen der seltenen Supersportwagen. Im Bewerbungsprozess ging es um den Enthusiasmus, sagt Thorsten Stegmaier. Nach einer Vorauswahl in Europa kürte Henry Ford III, der Ururenkel des
persönlich die Gewinner, unter ihnen zum Beispiel Rennfahrer oder Schauspieler.
Die meisten der Exemplare landeten in Sammlungen, sagt Stegmaier. Eines nennt zum Beispiel Dwayne Johnson sein Eigen. „Deshalb ist es wie ein Jackpot im Lotto, da ausgewählt zu werden“, erklärt der 47-Jährige. Beim Sechs-StundenWEC-Rennen auf dem Nürburgring 2016 wurde den neuen Besitzern bereits die Nachricht überbracht. Doch erst Ende 2018 meldete sich der Ford-Concierge wieder bei Thorsten Stegmaier. Das Auto wurde 2019 konfiguriert. Wegen der neuen EU-Abgasnorm wurden damals alle Fahrzeuglieferungen von den USA nach Europa gestoppt.
Während Thorsten Stegmaier die letzten Papiere mit dem Lastwagenfahrer bespricht, parkt der Sportwagen in der Halle von Cult Car. Das
Tor schließt sich. Doch nicht für lange: In drei Wochen ist Cult Car mit der Veredelung fertig. Dunkelgraue Akzente und ein Steinschlaggitter ergänzen den Wagen dann zum Beispiel. Die Arbeit von Cult Car verfolge er schon länger über die sozialen Medien, so Thorsten Stegmaier. Nach der Zusage für den Wagen suchte er deshalb einen Veredeler, bei dem er gut aufgehoben ist. „Ich habe lange gesucht nach dem, der das perfekt macht und sehr detailliert arbeitet.“
Für den angestellten Vertriebsmitarbeiter ist der Supersportwagen eine Investition, für die er gespart hat. Aber auch der Spaßfaktor zählt für den 47-Jährigen. Verkaufen will er den Ford GT nicht. Stattdessen soll ihn sein Sohn erben. Denn mit den Jahren werden die Wagen noch seltener und damit wertvoller, so Thorsten Stegmaier. Mit seiner LeiKonzerngründers, denschaft ist er nicht allein: René Bordeaux, der Thorsten Stegmaier von Sportwagen-Charity-Events kennt, hat sich unabhängig von seinem Bekannten dasselbe Modell bestellt. Nächstes Jahr wird es ausgeliefert. Für ihn zeichnet sich der Wagen durch das bedingungslos aerodynamische Design aus: Dadurch werde der Luftwiderstand minimiert, der Wagen bringe einen großen Anpressdruck auf die Straße. Er könne Kurven schneller nehmen als andere Wagen.
Thorsten Stegmaiers Nachbar Wolfgang Waschiczek fuhr ebenfalls von Aalen nach Landsberg, um das Spektakel mitzuverfolgen: „Ich bin jetzt total traurig, mit meinem Focus ST habe ich jetzt nur noch den zweitschnellsten Ford in der Gegend“, sagt er. Von A nach B kommt man damit auch – wenn auch nicht so schnell wie im Ford GT.
Der Ururenkel des Gründers wählt die Gewinner aus