Landsberger Tagblatt

Das hilft gegen krankhafte Angst vor Tieren

Schlangen, Hunde, Katzen: Sie alle sorgen bei zahlreiche­n Menschen für Panik. Zoophobie gehört aber zu den Angststöru­ngen, die problemlos heilbar sind. Welche Behandlung­sform ist die beste?

- VON TOM TRILGES

Augsburg Viele Menschen haben Angst vor Tieren – genaue Zahlen liegen nicht vor. Experten schätzen die Dunkelziff­er als hoch ein. Zudem tritt Zoophobie häufig gepaart mit weiteren Angststöru­ngen auf. Woher die Krankheit kommt, ist nicht eindeutig zu beantworte­n. Genauso wenig gibt es ein Patentreze­pt, wie sie zu behandeln ist. Wer sich aber therapiere­n lässt, hat gute Heilungsch­ancen.

Die Fachärztin für Psychiatri­e und Psychother­apie, Dr. Christa Roth-Sackenheim aus Andernach in Rheinland-Pfalz, behandelt Tierangst. Sie sagt: „Das kann vielfältig­e Ursachen haben, zum Beispiel einen Angriff durch ein Tier in der Vorgeschic­hte, das Miterleben eines Angriffes auf einen Mitmensche­n oder zu frühes Anschauen von entspreche­ndem Filmmateri­al als Kind.“

Die Medizineri­n, gleichzeit­ig Vorsitzend­e des Berufsverb­andes Deutscher Psychiater, erklärt, ab wann ein Krankheits­bild vorliegt: „Eine gewisse Angst, die einen zum Beispiel davor schützt, im Zoo in den Tigerkäfig zu steigen oder auf Safari in einschlägi­gen Situatione­n nicht zu flüchten, ist normal und angeboren.“Nicht mehr im gesunden Bereich sei es, wenn man nicht aus

Tierangst kann schon nach drei Sitzungen weg sein

dem Haus geht, um keinen Hunden auf der Straße zu begegnen, wenn man das Haus mehrfach täglich nach Insekten oder Spinnen absucht, sodass man zu nichts anderem mehr kommt, oder wenn ein Foto eines Tieres eine Panikattac­ke auslöst. Besonders verbreitet ist Zoophobie bei Kindern. „Sie betrifft meist spezielle Tiere“, teilt die Fachärztin Dr. Christa Roth-Sackenheim mit.

Die gute Nachricht für Betroffene: Zoophobie ist behandelba­r. Sie zählt zu den Angststöru­ngen, die mit vergleichs­weise wenig Aufwand gelindert oder geheilt werden können. „Am besten untersucht und am wirksamste­n ist die Verhaltens­therapie mit Exposition­sübungen“, meint Roth-Sackenheim. Das bedeutet die Konfrontat­ion mit dem Tier, vor dem man Angst hat. „Grundsätzl­ich ist auch die Hypnothera­pie ein geeignetes Verfahren, das gegen Ängste angewendet werden kann“, sagt die Fachärztin. Dabei versetzt ein Therapeut den Patienten in eine Trance. Diese ähnelt dem Empfinden, das Menschen sonst kurz vor dem Einschlafe­n haben. Roth-Sackenheim schränkt ein: „Hypnothera­pie ist nicht für jeden geeignet, da sie ein gewisses Maß an Entspannun­gsfähigkei­t voraussetz­t. Im Rahmen einer Therapie als Therapieba­ustein ist sie am besten nutzbar.“

von Medizineri­n Roth-Sackenheim favorisier­te Verhaltens­therapie arbeitet mit einer direkten Konfrontat­ion: Der Patient muss sich mit dem Tier auseinande­rsetzen, das er fürchtet. Das kann also bedeuten, eine Spinne auf die Hand zu nehmen oder einen Hund zu streicheln. Selbst die Berührung eines größeren Tieres kann Teil der Therapie sein. Um Fortschrit­te zu erzielen, muss der Betroffene diese Erlebnisse aushalten – bricht er vorUnbewus­sten. zeitig ab, besteht die Gefahr einer Verschlimm­erung der Angst.

Karsten Noack behandelt in Berlin Angststöru­ngen mit Hypnothera­pie. Nach einer halbstündi­gen Besprechun­g der Probleme des Patienten beginnt Noack schon in der ersten Sitzung damit herauszufi­nden, wie der Betroffene am besten in Trance gerät – das können Bilder, Geräusche oder Ähnliches sein. In den Einheiten, die im Sitzen, Stehen oder Liegen durchführb­ar sind, beDie halten Patienten die Kontrolle über sich und können die Trance jederzeit beenden. Mit möglichst ruhiger, monotoner Sprache geht der Therapeut im Dialog auf die für den Patienten kritischen Situatione­n ein und versucht, die Begegnung mit einem angstbehaf­teten Tier so wirklichke­itsnah wie möglich gedanklich nachzustel­len. Dabei geht er dem Ursprung der Angst auf den Grund. Noack sagt: „Das Problem liegt nicht im Bewussten, sondern im Deshalb findet man dort auch die Lösung.“

Klassische Tierängste, zum Beispiel vor Schlangen oder Hunden, gehören aus der Erfahrung von Noack heraus zu den Angststöru­ngen, die leicht behandelba­r sind. „Nach drei Sitzungen sollte eine deutliche Linderung eintreten. Sonst steckt wahrschein­lich mehr dahinter“, meint der Hypnothera­peut. Die gesetzlich­en Krankenkas­sen übernehmen die Kosten von rund 100 Euro pro Sitzung in der Regel nicht.

Wie Fachärztin Dr. Christa RothSacken­heim bestätigt auch Noack, dass die Hypnothera­pie nicht für jeden Betroffene­n das Richtige ist. Wer beispielsw­eise zu hysterisch­em Verhalten neigt, spüre oft nicht so schnell Verbesseru­ngen. Völlig ausgeschlo­ssen ist eine Behandlung bei regelmäßig­em Alkohol- oder Drogenkons­um sowie bei Zwangsstör­ungen. Liegt das alles nicht vor, sieht Karsten Noack keine Nebenwirku­ngen: „Manche bieten jedoch Hypnose an und wissen nicht, was sie tun. Das kann schädlich sein und vorhandene Ängste verstärken.“

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Foto: Ralf Lienert (Archiv) Vogelspinn­en flößen vielen Menschen krankhafte Angst ein. Wenige Therapiesi­tzungen reichen aber oft, um das zu ändern.
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Foto: Fotolia Hypnothera­pie kann offenbar gegen die Angst vor Tieren helfen.

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