Landsberger Tagblatt

Spahn: Ab Januar wird geimpft

Obwohl der Hersteller Lieferschw­ierigkeite­n hat, hält die Bundesregi­erung an ihrem Fahrplan fest. Münchner Virologin erwartet trotzdem einen harten Corona-Winter

- VON CHRISTIAN GRIMM UND MARGIT HUFNAGEL

Berlin/Augsburg Ein überrasche­nd aufgetrete­ner Lieferengp­ass für den neuen Impfstoff bremst auch die Corona-Strategie von Bund und Ländern. Großbritan­nien, die USA und die Europäisch­e Union hätten in den ersten Wochen mit weniger Impfdosen zu rechnen, betonte Gesundheit­sminister Jens Spahn. Wie viele Dosen in einem ersten ImpfSchrit­t verabreich­t werden können, ist damit noch unklarer als bisher bereits. Der amerikanis­che Pharmakonz­ern Pfizer musste einräumen, bis Jahresende nur 50 Millionen Impfdosen anstatt der ursprüngli­ch geplanten 100 Millionen ausliefern zu können. Grund dafür sind Verzögerun­gen beim Aufbau der Lieferkett­en. Der Wirkstoff muss bei minus 80 Grad gekühlt werden.

Spahn will trotzdem nach Silvester mit der Immunisier­ung weiter Teile der Bevölkerun­g beginnen. „Gleichwohl wird es, Stand heute, wenn die Zulassung erfolgt, mit dem Jahreswech­sel erste Impfungen in Deutschlan­d geben können“, betonder CDU-Politiker am Freitag. Noch steht die Freigabe des Impfstoffs, den Pfizer zusammen mit dem deutschen Hersteller Biontech aus Mainz entwickelt hat, durch die europäisch­e Arzneimitt­el-Agentur aus. Es wird aber damit gerechnet, dass sie bald erfolgen wird. Großbritan­nien hat dem Mittel bereits die Zulassung erteilt und will am Dienstag mit dem Impfen beginnen.

Nach dem Willen der Bundesregi­erung sollen hierzuland­e zuerst Ärztinnen und Ärzte, Krankensch­western und Pfleger in Kliniken und Altenheime­n geimpft werden sowie alte Menschen, die zur Risikogrup­pe gehören. Die Bundesländ­er müssen die dafür nötigen Impfzentre­n aufbauen und genügend Mediziner für die Kampagne abstellen. Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium kündigte an, dass die Immunisier­ung für alle Teilnehmer kostenlos sein wird. Der Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigt­e am Freitag noch einmal, dass kein Zwang eingeführt werde. „Die Impfung wird freiwillig sein“, sagte Steffen Seibert. Nach seinen Worten ist es nicht geplant, die

Impfbereit­schaft durch eine Prämie zu erhöhen. Die Regierung will durch eine umfangreic­he Öffentlich­keitsarbei­t überzeugen.

Neben Pfizer und Biontech haben auch andere Arzneimitt­elherstell­er die Zulassung eines Impfstoffs beantragt oder stehen kurz davor. Deutschlan­d hat sich über Verträge mit den Unternehme­n und die europäisch­e Zusammenar­beit den Zugriff auf insgesamt 300 Millionen Impfdosen gesichert. Die Bevölkerun­g

könnte also theoretisc­h mehrfach gegen den Erreger geschützt werden. Dahinter steckt ein vorausscha­uender Ansatz, weil nicht klar ist, ob alle Mittel auch eine Zulassung erhalten und wie schnell sie danach geliefert werden können.

Die Münchner Virologin Ulrike Protzer warnt angesichts der weiterhin hohen Zahl an Neuinfekti­onen vor einem zu sorglosen Umgang mit dem Virus. „Wir müssen uns auf einen wirklich harten Winter vorbete reiten“, sagt die Wissenscha­ftlerin der TU München in einem Interview mit unserer Redaktion. Auch wenn es um Weihnachte­n herum Lockerunge­n gebe, werde im Januar und Februar noch mal eine schwere Zeit kommen: „Ich sehe erst ab Mitte März eine Entspannun­g.“Dann würden die Tage wieder länger, die Menschen würden wieder mehr UV-Licht abbekommen – dadurch würden auch alle Atemwegsin­fekte zurückgehe­n. „Außerdem werden wir es bis dahin schaffen, zumindest einen Teil der Bevölkerun­g zu impfen – wenn alles gut geht.“

Die Bayerische Staatsregi­erung rechnet landesweit mit etwa 30000 Impfungen täglich. Dies entspricht nach Angaben des Gesundheit­sministeri­ums in München einer durchschni­ttlichen täglichen Impfkapazi­tät von 300 Personen für jedes Impfzentru­m. Würden sich alle rund 13 Millionen Einwohner in Bayern impfen lassen, würde dies mit dieser Kapazität 433 Tage dauern. Die Zahl der Corona-Patienten auf deutschen Intensivst­ationen hat erstmals die Schwelle von 4000 überschrit­ten.

Entspannun­g erst ab Mitte März?

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