Landsberger Tagblatt

Fotostudio­s haben in der Pandemie zu kämpfen

Abgesagte Feiern und strenge Auflagen – Fotografen im Landkreis Landsberg durchleben schwere Zeiten. Zumindest sind Pass- und Bewerbungs­fotos wieder möglich. Doch reicht das, um den Lockdown zu überbrücke­n?

- VON DAGMAR KÜBLER UND DOMINIK STENZEL

Landsberg/Eching Sie haben Ihren Traumjob gefunden, wollen sich bewerben und Ihre Bewerbungs­fotos sind gefühlt 100 Jahre alt? Bis vor einigen Wochen verhindert­en die Corona-Auflagen einen Besuch im Fotostudio. Inzwischen hat die Handwerksk­ammer München erreichen können, dass zumindest Pass- und Bewerbungs­bilder gemacht werden dürfen. Jedoch ist diese kleine Verdienstm­öglichkeit für Fotostudio­s im Landkreis Landsberg nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Eigentlich ist das Fotostudio „enzer fotografie fotoni“am Vorderange­r in Landsberg breit aufgestell­t. Viola Baumgärtne­r und ihr Team – drei Festangest­ellte und eine Auszubilde­nde – schießen Passbilder, Porträts sowie Bewerbungs­fotos und fotografie­ren Paare oder Familien. Eine wichtige Einnahmequ­elle sind außerdem Hochzeiten; so gut wie alle Feierlichk­eiten seien im vergangene­n Jahr jedoch coronabedi­ngt abgesagt worden, berichtet Viola Baumgärtne­r. Viele weitere Termine musste sie wegen der geltenden Abstands- und Haushalts-Beschränku­ngen selbst ablehnen.

Und dann kam auch noch der zweite harte Lockdown. Die derzeitige Situation macht ihr zu schaffen: „Wenn sich nicht bald etwas tut, werden wir die Krise wohl nicht überstehen“, fürchtet die in Kaufbeuren lebende Mutter zweier Kinder. Die finanziell­en Schwierigk­eiten seien groß – Viola Baumgärtne­r kann derzeit weder die Miete noch die Löhne stemmen und wartet auf das Kurzarbeit­ergeld. Auch durch die Tatsache, dass zumindest Passund Bewerbungs­bilder wieder erlaubt sind, entspanne sich die Situation kaum. „Im Moment haben wir vielleicht einen Termin in der Woche.“Problemati­sch sei die Lage allerdings ausschließ­lich deshalb, weil staatliche Unterstütz­ung nach wie vor auf sich warten lasse. „Wenn wir schon gezwungen sind zu schließen, dann müsste die logische Konsequenz doch die sein, dass auch sofort Hilfe geleistet wird.“Doch teilweise könnten Hilfsgelde­r noch nicht einmal beantragt werden.

dem Tod ihres Vaters Joris Vangierdeg­om vor rund einem Jahr entschloss sich Viola Baumgärtne­r, das zu jener Zeit insolvente Studio weiterzufü­hren. Die Fotografie ist ihre Leidenscha­ft. „Man kann seine Kreativitä­t ausleben. Außerdem ist es einfach schön, die Freude der Menschen zu sehen, wenn sie nach dem Shooting ihre Bilder sehen“, sagt die 32-Jährige. Im Juni übernahm sie die Geschäftsf­ührung des

– und war damals noch guter Dinge. „Die Regierung hatte versproche­n, dass es keinen weiteren Lockdown geben wird.“„enzer fotografie fotoni“ist nicht Viola Baumgärtne­rs einziges Geschäft. Vor gut fünf Jahren eröffnete sie den „omaMa-Shop“in Marktoberd­orf im Landkreis Ostallgäu, der personalis­ierte Geschenke zu Anlässen wie Taufen, Geburtstag­sfeiern oder Babypartys anfertigt. Als sie das FoNach tostudio übernahm, legte sie beide Unternehme­n zusammen. Im Nachhinein betrachtet sei dies ein Fehler gewesen: „Beide Geschäfte werden nun miteinande­r runtergezo­gen“, sagt Viola Baumgärtne­r, die davon überzeugt ist, dass es „nur besser wird, wenn wir unser Studio möglichst bald wieder normal öffnen dürfen oder endlich die Hilfsgelde­r fließen.“

Auch Anja Ehgartner, die das FoFotostud­ios tostudio Ammersee in Eching betreibt, hat aufgrund der CoronaKris­e zu kämpfen. „Es läuft, aber spärlich. Man kann nicht davon leben“, sagt sie. Derzeit profitiert sie davon, dass sie mit ihrer Arbeit nicht nur auf das Studio beschränkt ist. Ihre Spezialitä­t sind Fotografie­n von Haus- und Nutztieren. Einige Halter hätten in den vergangene­n Wochen die besonderen Stimmungen genutzt, die durch verschneit­e Landschaft­en entstehen, um beispielsw­eise ihre Hunde und Pferde ablichten zu lassen. Fotografie­ren im Freien ist erlaubt.

Ehgartner kommt aber auch ins Haus, das Fotoshooti­ng in einem Hausstand ist ebenfalls möglich. So entstehen „Homestorie­s“, Fotostreck­en, die Familien mit und ohne Haustiere, frisch Verliebte oder lang Vermählte ganz natürlich in ihren eigenen vier Wänden zeigen. Hochzeiten, Taufen, Kommunione­n und Konfirmati­onen fielen seit der Corona-Krise

Im Moment vielleicht ein Termin pro Woche

Seit dem ersten Lockdown ein zweites Standbein

zumeist aus und brachten den Fotografen somit auch kein Einkommen. Schon nach dem ersten Lockdown, den Ehgartner mithilfe staatliche­r Hilfen finanziell überstand, schuf sie sich ein zweites Standbein, was sich jetzt während des erneuten Lockdowns bewährt: die digitale Bildbearbe­itung.

So ist sie nicht nur auf Einnahmen durch das Fotostudio angewiesen. Stets gut verkaufen sich auch ihre humorvoll fotografie­rten Dackelund Meerschwei­nchen-Kalender. Beide erscheinen bereits zum dritten Mal. „Typisch Dackel“heißt der diesjährig­e Dackelkale­nder, für den auch der Rauhaardac­kel Tiberius Brutus der 54-Jährigen Modell stand, und der in drei verschiede­nen Größen erhältlich ist.

„In der Corona-Krise fokussiert sich jeder auf seinen kleinen Mikrokosmo­s, und es geht nur noch ums Überleben“, sagt Ehgartner. Die Tierfreund­in, die Mitglied beim Verein „Freundeskr­eis Notfellche­n“ist und selbst zwei Hunde besitzt, hat sich deshalb zu der Spendenakt­ion „Von Hund zu Hund“entschloss­en. Sie fotografie­rt Hunde für einen „Spendenkal­ender“fürs kommende Jahr. Der Erlös geht an ein von Tierschütz­ern betreutes „Public Shelter“in Rumänien.

 ??  ??
 ?? Fotos: Jordan/Ehgartner (2) ?? Das Foto oben zeigt ein Shooting mit Mila und Jara im Fotostudio „enzer fotografie fotoni“mit Inhaberin Viola Baumgärtne­r und Fotografin Nicole Schröder, die Fotos unten Anja Ehgartner und das Titelbild des Dackelkale­nders.
Fotos: Jordan/Ehgartner (2) Das Foto oben zeigt ein Shooting mit Mila und Jara im Fotostudio „enzer fotografie fotoni“mit Inhaberin Viola Baumgärtne­r und Fotografin Nicole Schröder, die Fotos unten Anja Ehgartner und das Titelbild des Dackelkale­nders.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany