„Ein Zoo ist mehr als eine Tierschau“
Die ARD-Serie „Tierärztin Dr. Mertens“geht in ihre letzte Staffel. Warum Schauspielerin Elisabeth Lanz noch immer an die Faszination zoologischer Gärten glaubt
Frau Lanz, was der Bundesregierung nicht gelingt, schaffen Sie als Veterinärin im Fernsehzoo ohne Weiteres. Sie impfen in kürzester Zeit von einem Virus befallene Tiere und retten sie. Was machen Sie richtig, was die Politik falsch macht?
Elisabeth Lanz: In einem Märchen wie der Serie „Tierärztin Dr. Mertens“gelingt das eben leichter als in der Realität. Aber im Ernst: Ich halte von dem Gemecker über das angebliche Impfversagen der Politik nichts. Ich kann mir vorstellen, dass die Dinge hinter den Kulissen für die Beteiligten extrem kompliziert sind. Man versucht ja, allen Leuten alles recht zu machen. Doch das ist schlichtweg nicht möglich. Das ist ja schon in einer so kleinen Organisationsform wie einer Familie schon schwer genug. Ich finde, wir sollten dankbar sein, dass so schnell Impfstoffe entwickelt wurden. Ob jetzt andere Länder etwas schneller sind oder nicht – diese Diskussion nervt mich eher.
Viren bei Tieren, vor allem die, die auf den Menschen überspringen können, ist ein großes Thema, das ja auch hinter der aktuellen Krise steht. Haben Sie persönlich Angst vor hybriden Virusmutationen wie beim SARS-Virus? Lanz: Nein, denn Angst ist generell etwas, womit ich mich nicht gerne beschäftige. Aber man kann Vorkehrungen treffen und man kann wachsam sein. Und das ist wohl gerade bei diesem Thema auch notwendig. Aber Angst hilft nicht, Angst schafft meist Böses.
Überhaupt nicht böse ist die Serie „Tierärztin Dr. Mertens“. Mehr als sechs Millionen Zuschauer schalten regelmäßig ein, wenn Sie sich als mutige Veterinärin um die Tiere im Leipziger Zoo kümmern. Was macht den Erfolg der Serie aus?
Lanz: Ja ich selbstverständlich! (Lacht herzhaft über sich selbst) Und natürlich ist auch das Konzept gut. Ich bin froh, dass ich in dieser schwierigen Zeit noch einmal in diesem Familienformat im Film sozusagen dienen darf. Ich hoffe, dass dies in den Familien zumindest punktuell auch etwas Erleichterung schafft zu Hause. Denn das ist ja eines der letzten Familienformate, die es noch im Fernsehen gibt. Die Tiere sind für die Kinder da, die Liebesgeschichten für die Frauen. In der Zwischenzeit haben wir bei „Tierärztin Dr. Mertens“auch Geschichten für Teenager und Heranwachsende – alles in allem eine gute Mischung.
Warum gibt es nicht mehr solcher Familienserien im deutschen Fernsehen? Lanz: Ich weiß es nicht, es wird wohl mit der Zeit zu tun haben. Das ist kein Problem der Sender. Dadurch, dass sich heute alle Altersklassen über Streamingdienste ihre eigenen Programme zusammenstellen können, fällt das Interesse etwas auseinander. Früher, wenn meine Eltern Nachrichten geschaut haben, war ich genötigt, die auch anzuschauen. Denn es lief nichts anderes. Zwischenzeitlich haben Menschen mehr als einen Fernseher und zig andere Geräte gleichzeitig laufen: Das hat so etwas Separierendes. Das Zusammenführende entspricht nicht mehr dem Zeitgeist.
Auch der Zoo hat etwas Verbindendes. Und es ist ja so, dass es auch heute noch Millionen Menschen lieben, in die Tiergärten zu gehen. Wie nehmen Sie das bei den Dreharbeiten wahr?
Lanz: Zoos haben etwas Verbindendes, ja. Und sie sind mehr als eine
Tierschau. Sie sind ja nicht nur zum Anschauen von Tieren da, sondern dienen auch der Arterhaltung. Und ich sehe, wie viel Mühe sich die Pfleger geben, dass es den Tieren so gut wie möglich geht.
Auf der anderen Seite sagen Kritiker, in Zoos werde mit dem Leid eingesperrter Tiere Geld gemacht. Und: Die Tierpark-Idee habe sich überlebt. Was meinen Sie?
Lanz: Zoos, die ich kenne, sind gut geführt. Ich meine, das ist eine Kritik aus einer Wohlstandsgesellschaft heraus, in der es die Menschen völlig normal finden, für ein paar hundert Euro nach Afrika zu fliegen, um dort einen Löwen oder Leoparden in freier Wildbahn zu sehen. Ich bin gespannt, wie sich das dann mal verhält, wenn künftig das Fliegen aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen Corona schwieriger wird. Da wird man vielleicht froh sein, wenn man in einen Zoo gehen kann. Denn dann kann das kleine Kind vielleicht mal in Beziehung zu einem Löwen treten und den mal brüllen hören. Denn so etwas passiert nicht über den Bildschirm.
Sind zoologische Gärten, die in ihrer modernen Form ja im 19. Jahrhundert ihre Wurzeln haben, in einer digitalen Welt aber nicht doch auch ein wenig aus der Zeit gefallen?
Lanz: Nein, das sehe ich nicht so.
Ein Argument für die Zoos ist auch, wie Sie sagten: Immer mehr Tierarten werden in freier Wildbahn ausgerottet oder sind von Ausrottung bedroht. Täglich sterben über 100 Tierarten. Sind Zoos eine Möglichkeit, diese Spezies zu retten?
Lanz: Ja klar, es gibt ja diverse Zuchtprogramme. Die sind eine tolle Sache! Ich meine allerdings, die Spezies Mensch ist so aggressiv, da stellt sich natürlich grundsätzlich die Frage, ob man sich der langfristig erwehren kann.
Zoodesigner schlagen vor, dass in die Gehege mehr Tiere kommen, die besser zur jeweiligen Klimazone passen. Das wäre eine Abkehr vom traditionellen Tierpark, der exotische Tiere wie Eisbären, Leoparden und Löwen zur Schau stellt. Was halten Sie davon? Lanz: Ja, schauen Sie, ich habe die Tierärztin gespielt, bin aber keine Zooexpertin. Ich finde es aber auf jeden Fall nicht richtig, dass man in Mitteleuropa Eisbären in Zoos hält. Aber letztendlich müssen das Experten entscheiden. Ich finde, es ist wichtig, dass es den Tieren gut geht.
Mögen Sie eigentlich privat Tiere? Lanz: Ja, schon. Ich habe leider nur eine Katze. Aber ein Hund ist in unserer Familie ein großes Gesprächsthema. Im Moment habe ich auch eine große Leidenschaft für Pferde entwickelt.
Gibt es dafür einen besonderen Grund? Lanz: Ja, ich habe in Corona-Zeiten meiner Freundin auf dem Pferdehof geholfen. Ich bin Frühaufsteherin und wache schon um fünf Uhr auf. Und da habe ich ihr angeboten, bei ihr vorbeizukommen und statt Gymnastik daheim den Stall auszumisten. Das hat mir Spaß gemacht. Und so bin ich zu den Pferden gekommen und habe dann auch angefangen, Reitstunden zu nehmen.