Landsberger Tagblatt

Sind die Zinsgeschä­fte doch ungültig?

Vor dem Landgerich­t München I wird wieder verhandelt. Der Rechtsanwa­lt der Stadt nimmt dabei positive Signale für Landsberg wahr. Das Urteil wird am 13. April erwartet

- VON GERALD MODLINGER

Landsberg Steht der Derivate-Streit zwischen der Stadt Landsberg und der Bank, mit der sie die Zinswetten abgeschlos­sen hat, vor einer Wende? In einer am Dienstag stattgefun­denen mündlichen Verhandlun­g vor dem Landgerich­t MünchenI nahm der Rechtsanwa­lt der Stadt aus den Worten des Vorsitzend­en Richters Peter Falk entspreche­nde positive Signale wahr, heißt es in einer Mitteilung der Kanzlei Roessner, die die Stadt in dem Prozess vertritt.

Nachdem die Stadt Landsberg in den vergangene­n Jahren alle Prozesse mit der Bank verloren hatte, machte das Bankhaus Hauck & Aufhäuser im derzeit noch laufenden Verfahren ausstehend­e Zahlungsan­sprüche aus den Swap-Geschäften in Höhe von etwa 5,88 Millionen Euro geltend.

Der Anwalt der Stadt Landsberg, Dr. Jochen Weck, weist mit Blick auf die Derivat-Geschäfte vor allem auch auf die Erkenntnis­se aus dem Strafverfa­hren gegen die seinerzeit für die Stadt handelnden Personen, unter anderem einem früheren

Kämmerer, vor dem Landgerich­t Augsburg hin. Dabei sei der spekulativ­e Charakter der Swap-Geschäfte deutlich geworden. Es sei erkennbar, dass das Bankhaus entgegen der Zusicherun­gen im Rahmen der ursprüngli­chen Beratung den Abschluss kommunalre­chtlich nicht zulässiger Swap-Geschäfte empfohlen hatte.

Daneben führt der Anwalt der Stadt auch Erkenntnis­se aus einem Parallelve­rfahren der Stadt Füssen gegen das Bankhaus an. Dabei habe sich ergeben, dass den Beratern die Unzulässig­keit der empfohlene­n

Geschäfte sogar zum Zeitpunkt der Empfehlung bekannt war. Nach diesen Erkenntnis­sen beantragte die Stadt beim Landratsam­t als zuständige Aufsichtsb­ehörde eine Genehmigun­g der getätigten Geschäfte. Das Landratsam­t hielt die SwapGeschä­fte für genehmigun­gsbedürfti­g, allerdings für nicht genehmigun­gsfähig. Im Ergebnis wurden die Genehmigun­gen für die Swap-Geschäfte versagt. Daraus, so der Anwalt weiter, ergebe sich die endgültige Unwirksamk­eit der Geschäfte.

Entgegen der Beschreibu­ng der Swap-Geschäfte durch das Bankhaus habe es sich dabei nicht um kommunalre­chtlich zulässige Zinsoptimi­erungsgesc­häfte gehandelt. Nach Auffassung der aktuellen Prozessbev­ollmächtig­ten hätten sich die seinerzeit für die Stadt handelnden Personen sogar auf die Empfehlund­er Berater verlassen dürfen. Auf dieser Grundlage legte die Kanzlei Roessner den Schwerpunk­t der Prozessfüh­rung nun verstärkt auf die Unwirksamk­eit der Geschäfte.

Nach einem Hinweis des Gerichts im Verfahren der Stadt Füssen sei erkennbar gewesen, dass das Gericht (3. Zivilkamme­r des Landgerich­ts MünchenI) spekulativ­e Swap-Geschäfte bei versagter aufsichtsr­echtlicher Genehmigun­g für nichtig hält und auf dieser Grundlage nach seiner Auffassung eine Rückabwick­lung zu erfolgen habe.

Das Landgerich­t MünchenI äußerte im Rahmen der mündlichen Verhandlun­g am Dienstag die vorläufige Einschätzu­ng, dass die Swap-Geschäfte der Stadt Landsberg als unwirksam einzuordne­n seien, so der Anwalt weiter. Das

Landgerich­t sehe sich durch die Entscheidu­ng des Landratsam­tes über die Versagung der Genehmigun­g in seiner Auffassung über die Unwirksamk­eit der Swap-Geschäfte bestätigt. Staatliche­s Handeln spreche für sich.

Sollte das Bankhaus das staatliche Handeln für unzulässig halten, stünde dem Bankhaus eine Amtshaftun­gsklage gegen den Freistaat Bayern offen. Bei der Unwirksamk­eit der Swap-Geschäfte würden beide Seiten von einer Leistungsp­flicht befreit. Für die Forderunge­n der Bank in Höhe von aktuell rund 5,88 Millionen Euro gegen die Stadt würde insofern keine Rechtsgrun­dlage bestehen.

Nach einer kontrovers­en Diskussion in der jüngsten mündlichen Verhandlun­g stelle sich die Angelegenh­eit für das Landgerich­t als entgen scheidungs­reif dar. Weitere Schriftsät­ze wurden nicht für erforderli­ch gehalten. Ein Urteil wird am 13. April erwartet. Mit Spannung werden diesem Urteil nicht nur die Vertreter der Stadt entgegenbl­icken, sondern auch der frühere Kämmerer Manfred Schilcher. Sollte der Stadt wegen der Unwirksamk­eit der Geschäfte kein Schaden entstanden sein, muss er wohl auch keine Geldforder­ungen der Stadt gegen sich mehr befürchten, die zuletzt auf mehr als zwei Millionen Euro beziffert worden waren.

Auch die Frage, ob sich der Kämmerer einer Untreue gegenüber der Stadt schuldig gemacht hat, dürfte sich dann anders darstellen als in einem (inzwischen wieder vom Bundesgeri­chtshof aufgehoben­en) Urteil des Augsburger Landgerich­ts von 2018.

Erkenntnis­se aus einem Parallelve­rfahren

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Archivfoto: Thorsten Jordan Steht der Derivate‰Streit zwischen der Stadt Landsberg und der Bank, mit der sie Zinswetten abgeschlos­sen hat, vor der Wende? Es scheint Anzeichen dafür zu geben.

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