Krimi: Was ist real und was ist Fiktion?
Die schreckliche Entführung der zehnjährigen Ursula Herrmann aus Eching ist die Vorlage für den Roman „Tief in der Erde“der Autorin Christa von Bernuth. Ein spannendes Buch, das den Leser mitnimmt. In jeder Hinsicht
Landsberg Für viele wird es ein hervorragend geschriebener, sehr emotionaler und spannender Krimi sein. Christa von Bernuths Roman „Tief in der Erde“ist, wie so viele ihrer Romane, so gut erzählt, dass man ihn am liebsten in einem Stück durchlesen würde. Für die Landsberger ist ihr Buch noch viel mehr, denn die literarische Aufarbeitung der Entführung der zehnjährigen Ursula Herrmann aus Eching am Ammersee weckt 40 Jahre nach der Tat zahlreiche Erinnerungen an diesen Fall. 1981 war der Tod des Mädchens, das in einer Holzkiste im Wald vergraben wurde, ein Schock für die Menschen. Ein Verbrechen, so nah und an einem Kind begangen, das traf mitten ins Herz. Dass man auch heute noch Zweifel an der Täterschaft des inhaftierten Werner M. hat, das lässt den Fall wieder in die Medien kommen. Weder die Familie des Mädchens noch viele Landsberger konnten je mit dieser schrecklichen Tat abschließen.
40 Jahre später versucht nun die
Was ist real und was nicht?
Münchnerin Christa von Bernuth mit ihrem Roman diesen Fall aufzuarbeiten. Nicht in einer Dokumentation, sondern in einem fiktiven Fall eines zehnjährigen Mädchens, das Annika heißt. Fiktion und viele Elemente, die man aus der Zeitung oder der Gerichtsverhandlung kennt, werden hier verwoben. Was ist real, was nicht? Schon allein diese Frage ist ein eigener Krimi. Welche Rolle spielten der gelbe Fiat oder ein Tonbandgerät? Wann spielen einem die eigenen Erinnerungen einen Streich? Das Buch gibt nicht die Wirklichkeit wieder, diesen Anspruch kann es nicht erfüllen, denn eigentlich kennt sie bis heute keiner so wirklich.
Wer waren die Täter, welche Motive hatten sie, ist das falsche Kind entführt worden und welche Rolle spielen ein Landheim und drei junge Männer in diesem Fall? Wir lernen das Kind, die Eltern und auch die Täter kennen und den ermittelnden Polizeibeamten. Von Bernuth geht akribisch vor, wenn es um die Indizien geht, die zur Verurteilung des mutmaßlichen Täters führten. Auch darin, dass sie eigentlich nicht zur Verurteilung hätten führen dürfen. Warum wurde der Mann dennoch verurteilt? Warum war die Polizeiarbeit so fehlerhaft? Spannende Fragen, man ist hin- und hergerissen zwischen Fiktion und dem realen Fall. Denkt nach, welche Theorie wohl die richtige ist.
Man lernt im Buch die Journalistin Julia Neubacher kennen, die über den Prozess gegen den mutmaßlichen Entführer berichtet und erlebt mit, wie sie immer mehr in den Fall hineingezogen wird und zum Bruder des toten Mädchens eine freundschaftliche Beziehung aufbaut. Eine Beziehung, die am Ende des Buchs auf eine harte Probe gestellt wird, denn die Journalistin muss sich ihrer eigenen Vergangenheit stellen. Im Buch lernt man die Täter kennen, beide auch Opfer einer Gesellschaft, mit der sie nicht zurechtkamen. Dieses Wissen erleichtert den Leser zuerst ein wenig, schafft fast das Gefühl von Frieden. Doch umso härter trifft die Erkenntnis, dass der Bruder des Mädchens und die ganze Familie im wahren Leben diesen Frieden nie erlebt haben. Michael Herrmann lebt all die Jahre mit dem Verdacht, dass ein anderer der Täter ist. Haben Polizei und Staatsanwaltschaft wirklich alles getan um diesen Verdacht auszuräumen? Das wäre nicht nur für die Familie wichtig, sondern auch für einen vielleicht zu Unrecht verdächtigen Mann, der mit diesen Anschuldigungen, die mittlerweile in einigen Medien fast offen angesprochen wurden, leben muss. Vor Kurzem gab es ein Bekennerschreiben. berichtete). Es wird bei der Staatsanwaltschaft geprüft.
Die Münchner Autorin Christa von Bernuth war Jahre später selbst Schülerin in dem Schondorfer Landheim, in dem damals die Kriminalpolizei ermittelte. Ihr Verlag sagt zum Buch: „Die Autorin hat tatsächliche Ereignisse aufgegriffen, die sich in einer bestimmten Gegend zu einer bestimmten Zeit abspielten. Zahlreiche tatsächliche Abläufe und handelnde Personen sind verändert, ergänzt und in ihren Verschränkungen sämtlich romanhaft gestaltet.
Dieses Buch ist also ein Werk der Fantasie, in dem Fakten und Fiktion, Geschehenes wie Erfundenes, eine untrennbare künstlerisch verdabei fremdete Einheit bilden. Nicht nur die Autorin zweifelt nach intensiver Befassung mit dem historischen Prozessstoff daran, dass der richtige Täter verurteilt wurde. Gleichwohl sind alle Schlussfolgerungen, wer die wahren Täter sein könnten, notwendigerweise spekulativ und alle Ausführungen dazu im vorliegenden Roman ebenfalls rein fiktiv.“
Ein Buch, das für alle lesenswert ist, für Landsberger, die diesen Fall intensiv verfolgt haben, ist es nicht nur eine sehr fesselnde Lektüre, sondern auch eine Aufarbeitung vieler Dinge. Ob real oder nicht, von Bernuth sorgt so dafür, dass nie vergessen wird, welche Schrecken diese Tat auflöste. Jenseits aller Tätersuche. Christa von Bernuth ist Schriftstellerin und Journalistin. Ihre Romane „Die Stimmen“, „Untreu“, „Damals warst du still” und „Innere Sicherheit“wurden mit Mariele Millowitsch und Hannah Herzsprung in den Hauptrollen verfilmt und in mehrere Sprachen übersetzt.
„Tief in der Erde“ist ihr erster Kriminalroman, der von tatsächlichen Ereignissen inspiriert wurde. Weitere True-Crime-Krimis der Autorin sind bei Goldmann in Planung. Der Roman erscheint heute.