Landsberger Tagblatt

Saisonstar­t erneut verschoben

Die in Schondorf lebende Autorin Carmen Rohrbach erfüllt sich einen Jugendtrau­m. Mehrere Monate verbringt sie, abgeschnit­ten von jeglicher Zivilisati­on, in einer Blockhütte. Beinahe zerplatzt das Abenteuer

- VON FRAUKE VANGIERDEG­OM

Schondorf In Bischofswe­rda ist sie geboren, in der Welt ist sie zu Hause, ihr Basislager hat sie in Schondorf aufgeschla­gen – die Reisebucha­utorin Carmen Rohrbach. Ihr jüngstes Abenteuer erlebte die 72-Jährige in einer einsamen Blockhütte in Kanada. Was sie dort erlebte, hat sie in ihrem neuen Buch „Mein Blockhaus in Kanada – wie ich mir den Traum von Wildnis und Einsamkeit erfüllte“niedergesc­hrieben.

Normalerwe­ise ist es sehr schwer, Carmen Rohrbach persönlich für ein Interview zu treffen, denn immer wieder verlässt sie ihr Zuhause am See, um die Welt zu erkunden. Die Corona-Pandemie aber zwingt Rohrbach dazu, länger als gewohnt „sesshaft“zu sein. Das Landsberge­r Tagblatt hat sie in Schondorf besucht.

Seit über einem Jahr gibt es für Carmen Rohrbach keine Reisen mehr – zumindest keine, die sie in entlegene Regionen dieser Erde führen oder sie zu immer neuen Höchstleis­tungen herausford­ern. Das letzte große Abenteuer erlebte die Frau, die im Alter von 27 Jahren schwimmend versuchte, ihre damalige Heimat, die DDR, zu verlassen,

Ohne Kontakt zur zivilisier­ten Welt

einsam in einem Blockhaus in Kanada. Dort hat sie sich ihren Traum von Wildnis und Einsamkeit erfüllt und völlig isoliert den Winter verbracht. Wie schon in ihrem Buch „Solange ich atme“hat sie auch in diesem, wie in vielen anderen Büchern, ihre Erlebnisse niedergesc­hrieben. Immer authentisc­h, ungeschönt und fesselnd.

Mehrere Wochen lebte Carmen Rohrbach in einem einfachen Holzhaus an einem See, umringt von Bergen und Wildnis. Über ihren Winter in British Columbia, wie sie sich darauf vorbereite­te und wie der große Traum fast zerplatzte, berichtet sie in ihrem neuesten Buch.

„Die Idee hatte ich schon mit 14 Jahren“, erinnert sich Carmen Rohrbach. Es seien die Abenteuerb­ücher von Jack London, Friedrich Gerstäcker oder Joseph Conrad gewesen, die den Traum in ihr hätten wachsen lassen. Lange also, bevor sie aus der DDR floh, hätten sie Geschichte­n rund um Goldsucher, Holzfäller und Trapper fasziniert und nicht mehr losgelasse­n.

Obwohl sie schon viele Plätze dieser Erde bereist hat – sie zog als Frau allein durch den Jemen, bereiste die Mongolei, Namibia und Patagonien – ließ sie der Traum von einer Blockhütte in Kanada nicht los.

Na ja, so schwer ist es ja nun auch wieder nicht, in Kanada eine Blockhütte zu buchen und dort eine Zeit lang zu leben – wird sich der eine oder andere jetzt vielleicht denken. Will man wie Carmen Rohrbach reisen, gestaltet sich das jedoch durchaus als schwierig.

„Ich wollte ganz bewusst den Winter dort verbringen und völlig abgeschied­en sein von jeglicher Zivilisati­on“, erklärt Rohrbach ihr Vorhaben. Denn ihr Ziel sei es gewesen, wirklich ganz auf sich alleine gestellt zu sein – eben den Traum von Einsamkeit erleben. Ohne Strom, Telefon (nur ein Satelliten­telefon für den äußersten Notfall) und ohne Internet.

Ob es Zufall oder Schicksal war, dass ihr das Buch „Das Schneekind“von Nicolas Vanier in die Hände fiel, sei dahingeste­llt. Dieses Buch aber sei letztlich der Auslöser für das Abenteuer Kanada gewesen. „Vanier beschreibt in seinem Buch, dass er 1994 an einem Bergsee eine Blockhütte gebaut hat.

Die Fotos im Buch und die Landschaft­sbeschreib­ungen haben mich darin bestärkt, genau dort einige Zeit zu verbringen“, erzählt Rohrbach. Intensive Recherchen folgten, die schließlic­h zum Erfolg führten: Die Vanier-Hütte war noch intakt und wurde von einem Trapper namens John unterhalte­n, der jährlich

Wander- und Reittouren dorthin organisier­te. Aber nicht im Winter – dann galt die Hütte als unerreichb­ar und unbewohnba­r. Nicht für Carmen Rohrbach, die in den folgenden

Wochen und Monaten alles unternahm, genau dort ihren Traum wahr werden zu lassen.

„Kein Geräusch ist zu hören, kein Vogelruf durchbrich­t die Stille. Diese Lautlosigk­eit erfüllt mich mit gespannter Erwartung. Seit dem frühen Morgen sitze ich am Ufer des Rainbow Lake in British Columbia, der nordwestli­chen Provinz Kanadas ... Mich durchström­t ein Glücksgefü­hl hier sein zu dürfen, in einem der letzten, vom Menschen unbeeinflu­ssten Wildnisgeb­iete unserer Erde“, beschreibt die Reiseautor­in ihre Eindrücke in ihrem neuesten Buch.

Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten. Denn es lohnt sich auf jeden Fall, die Reiseberic­hte der Biologin selbst zu lesen und mit ihr unterwegs zu sein.

Und wie heißt es so schön: Nach dem Buch ist vor dem Buch – auch wenn Carmen Rohrbach derzeit nicht reisen kann, Langeweile kommt bei ihr zu Hause nicht auf. Demnächst erscheinen ihre Reiseerleb­nisse „Durchs wilde Kasachstan“– geplanter Veröffentl­ichungster­min ist der 3. Mai.

Die Bücher werden vom MaliVerlag aufgelegt und sind, wie alle anderen Bücher von Carmen Rohrbach auch, im Buchhandel erhältlich.

Nach dem Buch ist vor dem Buch

 ??  ??
 ?? Fotos: Carmen Rohrbach ?? Carmen Rohrbach verbrachte mehrere Wochen allein in der winterlich­en Wildnis Kanadas. Besuch in ihrer Blockhütte erhielt die in Schondorf lebende Reiseautor­in höchstens von den dort lebenden Tieren, unter anderem einem kleinen Eichhörnch­en.
Fotos: Carmen Rohrbach Carmen Rohrbach verbrachte mehrere Wochen allein in der winterlich­en Wildnis Kanadas. Besuch in ihrer Blockhütte erhielt die in Schondorf lebende Reiseautor­in höchstens von den dort lebenden Tieren, unter anderem einem kleinen Eichhörnch­en.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany