Landsberger Tagblatt

Maskenpfli­cht an Schulen wird gelockert

Doch andere Länder geben Kindern deutlich mehr Freiheiten als Bayern

- VON SARAH RITSCHEL

München Bayerns Schüler dürfen zumindest unter freiem Himmel künftig ihre Mund-Nasen-Masken ablegen. Dasselbe gelte für Wandertage und Exkursione­n, erklärte Staatskanz­leichef Florian Herrmann (CSU) am Dienstag nach einem Treffen des Kabinetts. Das bedeutet im Umkehrschl­uss, dass eine Maske im Schulgebäu­de und am Platz weiter vorgeschri­eben ist. Jetzt streitet die Koalition. Denn Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) hatte deutlich mehr gefordert: „Meine Position ist, inzidenzab­hängig die schulische Maskenpfli­cht im Unterricht und im Freien aufzuheben“, sagte Piazolo am Dienstag unserer Redaktion. Nach seinem Willen soll sie nur noch beim „Begegnungs­verkehr“im Schulgebäu­de aufrechter­halten werden. „Leider besteht mit dem Koalitions­partner keine Einigkeit, was eine inzidenzab­hängige Aufhebung der Maskenpfli­cht auch im Unterricht betrifft.“

Andere Bundesländ­er gehen weiter als Bayern. Das Saarland hat am Dienstag die Maskenpfli­cht im Klassenzim­mer abgeschaff­t, Rheinland-Pfalz ebenso – bei einer Inzidenz unter 35. Auch in BadenWürtt­emberg müssen Schüler dann nicht mehr mit Mundschutz im Klassenzim­mer sitzen – aber nur, wenn es an ihrer Schule zwei Wochen lang keinen Corona-Fall gab.

Mediziner Nikolaus Haas, Leiter der Abteilung für Kinderkard­iologie und Pädiatrisc­he Intensivme­dizin am Klinikum der Universitä­t München, befürworte­t die Maskenvors­chrift im Klassenzim­mer: „Im Schulgebäu­de ist es derzeit noch – wie in anderen Gebäuden auch – sinnvoll, dass Schüler eine OP-Maske tragen.“Dabei sieht Haas durchaus kritisch, wie die Staatsregi­erung in der Pandemie mit Schulen verfahren ist. „Schulen sind keine Pandemietr­eiber“, sagt er – und geht noch weiter: „Mit durchdacht­en Schutzmaßn­ahmen wären die Schulschli­eßungen nicht nötig gewesen.“Das würden alle infektiolo­gischen Daten nahelegen. „Es ist wahrschein­licher, dass ein Mensch in Deutschlan­d vom Blitz getroffen wird, als dass ein Kind wegen Covid-19 auf die Intensivst­ation kommt.“Demnach sterben im Schnitt vier Personen pro Jahr bei Blitzunfäl­len, 110 werden verletzt. Bis Ende März/Anfang April wurden rund 68 Kinder und Jugendlich­e unter 20 Jahren wegen oder mit Covid-19 auf Intensivst­ationen behandelt, elf starben, davon acht mit Vorerkrank­ungen, wie eine FDPAnfrage im Bundestag zeigt.

Eine weitere Maßnahme, die den Schulen noch erhalten bleibt, sind zweimal wöchentlic­he Tests. Die werden nach Angaben des Kultusmini­steriums auch akzeptiert. Eine Abfrage kurz nach der Einführung der Testpflich­t habe ergeben, „dass rund 97 Prozent der anwesenden Schülerinn­en und Schüler an den Selbsttest­s teilnahmen“. Wie viele Infektione­n so entdeckt werden, wird im Ministeriu­m nicht erhoben. Bei einer einmaligen Abfrage am 21. April waren es 160 gewesen, allerdings lagen die Infektions­zahlen damals noch deutlich höher als jetzt.

Christian Kähler, Leiter des Instituts für Strömungsm­echanik und Aerodynami­k an der Münchner Universitä­t der Bundeswehr, bezeichnet den Nutzen der Tests jedoch als gering. „Ich halte sie für nicht notwendig – gerade wenn die Inzidenzen so niedrig sind wie jetzt. Tests bedeuten einen großen Aufwand, hohe Kosten und viel Müll.“

Kähler plädiert für transparen­te Schutzwänd­e und mobile Raumluftre­iniger. „Diese Maßnahmen würde ich in jedem Klassenzim­mer zur Standardau­sstattung machen, dann bräuchte auch niemand eine Maske tragen.“Tatsächlic­h werden solche transparen­ten Boxen in anderen öffentlich­en Räumen längst genutzt – etwa im Bayerische­n Landtag.

Worauf es an Schulen jetzt ankommt, lesen Sie im Leitartike­l.

Newspapers in German

Newspapers from Germany