Ein Opfer sucht seinen Mörder
Der Fall eines getöteten Studenten in Bayreuth ist ungelöst. Die Polizei fahndet nach dem Täter nun mit einem ungewöhnlichen Plakat. Auch in Schwaben gibt es noch ungeklärte Mordfälle
Augsburg In Bayreuth greift die Kriminalpolizei bei der Suche nach einem mutmaßlichen Mörder zu ungewöhnlichen Mitteln: An einem Fahrradweg in Bayreuth hat sie ein riesiges Plakat aufhängen lassen. Darauf ist ein Foto eines jungen Mannes zu sehen, dazu sieht man in großen Buchenstaben die Frage formuliert: „Wer hat mich hier ermordet?“
Diese Art der Fahndung ist nach Recherchen unserer Zeitung ebenso ungewöhnlich wie selten. In Franken, aber auch in Schwaben gab es so eine Ermittlungsmethode nach Auskunft der Polizei noch nie. Gewöhnlich sind auf Fahndungsplakaten die Gesuchten abgebildet. In diesem Fall gibt es aber keinen Verdächtigen. Die Polizei in Franken will mit dem Opfer-Plakat neue Hinweise zu einem Gewaltverbrechen bekommen, bei dem im August vergangenen Jahres ein junger Mann getötet worden ist – der 24-jährige Daniel W.
Nach Angaben von Alexander Czech, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken, ist die spezielle Form der Fahndung sowohl mit den Familienangehörigen des Opfers als auch mit der zuständigen Staatsanwaltschaft abgestimmt. Die Leiche des 24-Jährigen war in der Nacht auf den 19. August 2020 auf einem Fuß- und Radweg nahe der Universität Bayreuth von Passanten gefunden worden. Die Polizei geht davon aus, dass der Informatik-Student erstochen wurde.
Seitdem läuft eine intensive Suche nach dem Täter. Auch in der ZDFSendung „Aktenzeichen XY… ungelöst“wurde der Fall schon geschildert. Im Anschluss an die Sendung sind dann auch mehr als 60 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen. Zur Ergreifung des Täters führte aber nach Mitteilung der Polizei bislang keiner. Auch das Motiv ist völlig unklar.
Im Januar 2021 hatten Spezialisten der Kripo zwei mögliche Täterprofile veröffentlicht: Dieser könnte ihrer Meinung nach psychisch auffällig sein, aus irrationaler Angst und einem Gefühl der Bedrohung heraus gehandelt haben. Es könnte aber auch sein, dass der Täter eine Tötungsfantasie umsetzte. Am Tatort wurde ein Hammerkopf sichergestellt. Die Beamten schließen nicht aus, dass dieses Werkzeug vor der Tatnacht gestohlen worden ist. Der Metallkopf sei Teil eines älteren Schlosserhammers, heißt es. Aber auch diese Spur brachte keinen Durchbruch bei den Ermittlungen.
Darum haben sich die Ermittler also jetzt zu der Plakataktion entschlossen, die in sozialen Netzwerken durchaus kontrovers diskutiert wird. Ziel ist es nach Mitteilung des oberfränkischen Polizeisprechers, den Fahndungsaufruf aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Anwohner, aber auch vorbeikommende Personen für den Fall zu sensibilisieren. „Wir wollen nichts unversucht lassen, den entscheidenden Hinweis doch noch zu bekommen“, sagt Czech. Vielleicht erinnere sich doch der eine oder andere an die Tat. Jede Kleinigkeit könne das entscheidende Puzzle zur Lösung des Falles sein. Entstanden sei der Gedanke in der Sonderkommission „Radweg“, als die Frage diskutiert worden ist, wie man weitere Hinweise erhalten könnte, wenn die normalen Kommunikationsmittel der Polizei ausgeschöpft seien.
So ungewöhnlich in diesem Fall das Fahndungsmittel ist, offene Mordfälle sind bei der Kriminalpolizei nichts Außergewöhnliches. Auch im Bereich der zwei schwäbischen Polizeipräsidien sind noch Mordfälle ungelöst. In Kempten ist nach Auskunft der Pressestelle beispielsweise der Tod eines Fünfjährigen nach einer Brandstiftung aus dem Jahr 1990 ungeklärt. Die Polizei hat dabei im vergangenen Jahr die Ermittlungen zu einem Brandanschlag auf ein Mehrfamilienhaus in Kempten aus dem Jahr 1990 wieder aufgenommen. Geprüft wird dabei auch, ob die Tat einen rechtsextremistischen Hintergrund hatte. Bei dem Anschlag auf das von türkischen Familien bewohnte Haus war ein Bub ums Leben gekommen. In Nordschwaben wird noch immer im Fall eines Doppelmords an zwei unbekannten Frauen bei Oettingen (Landkreis Donau-Ries) im Jahr 1995 ermittelt.
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