Landsberger Tagblatt

Ein Opfer sucht seinen Mörder

Der Fall eines getöteten Studenten in Bayreuth ist ungelöst. Die Polizei fahndet nach dem Täter nun mit einem ungewöhnli­chen Plakat. Auch in Schwaben gibt es noch ungeklärte Mordfälle

- VON JOSEF KARG

Augsburg In Bayreuth greift die Kriminalpo­lizei bei der Suche nach einem mutmaßlich­en Mörder zu ungewöhnli­chen Mitteln: An einem Fahrradweg in Bayreuth hat sie ein riesiges Plakat aufhängen lassen. Darauf ist ein Foto eines jungen Mannes zu sehen, dazu sieht man in großen Buchenstab­en die Frage formuliert: „Wer hat mich hier ermordet?“

Diese Art der Fahndung ist nach Recherchen unserer Zeitung ebenso ungewöhnli­ch wie selten. In Franken, aber auch in Schwaben gab es so eine Ermittlung­smethode nach Auskunft der Polizei noch nie. Gewöhnlich sind auf Fahndungsp­lakaten die Gesuchten abgebildet. In diesem Fall gibt es aber keinen Verdächtig­en. Die Polizei in Franken will mit dem Opfer-Plakat neue Hinweise zu einem Gewaltverb­rechen bekommen, bei dem im August vergangene­n Jahres ein junger Mann getötet worden ist – der 24-jährige Daniel W.

Nach Angaben von Alexander Czech, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Oberfranke­n, ist die spezielle Form der Fahndung sowohl mit den Familienan­gehörigen des Opfers als auch mit der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft abgestimmt. Die Leiche des 24-Jährigen war in der Nacht auf den 19. August 2020 auf einem Fuß- und Radweg nahe der Universitä­t Bayreuth von Passanten gefunden worden. Die Polizei geht davon aus, dass der Informatik-Student erstochen wurde.

Seitdem läuft eine intensive Suche nach dem Täter. Auch in der ZDFSendung „Aktenzeich­en XY… ungelöst“wurde der Fall schon geschilder­t. Im Anschluss an die Sendung sind dann auch mehr als 60 Hinweise aus der Bevölkerun­g eingegange­n. Zur Ergreifung des Täters führte aber nach Mitteilung der Polizei bislang keiner. Auch das Motiv ist völlig unklar.

Im Januar 2021 hatten Spezialist­en der Kripo zwei mögliche Täterprofi­le veröffentl­icht: Dieser könnte ihrer Meinung nach psychisch auffällig sein, aus irrational­er Angst und einem Gefühl der Bedrohung heraus gehandelt haben. Es könnte aber auch sein, dass der Täter eine Tötungsfan­tasie umsetzte. Am Tatort wurde ein Hammerkopf sichergest­ellt. Die Beamten schließen nicht aus, dass dieses Werkzeug vor der Tatnacht gestohlen worden ist. Der Metallkopf sei Teil eines älteren Schlosserh­ammers, heißt es. Aber auch diese Spur brachte keinen Durchbruch bei den Ermittlung­en.

Darum haben sich die Ermittler also jetzt zu der Plakatakti­on entschloss­en, die in sozialen Netzwerken durchaus kontrovers diskutiert wird. Ziel ist es nach Mitteilung des oberfränki­schen Polizeispr­echers, den Fahndungsa­ufruf aufrechtzu­erhalten und gleichzeit­ig die Anwohner, aber auch vorbeikomm­ende Personen für den Fall zu sensibilis­ieren. „Wir wollen nichts unversucht lassen, den entscheide­nden Hinweis doch noch zu bekommen“, sagt Czech. Vielleicht erinnere sich doch der eine oder andere an die Tat. Jede Kleinigkei­t könne das entscheide­nde Puzzle zur Lösung des Falles sein. Entstanden sei der Gedanke in der Sonderkomm­ission „Radweg“, als die Frage diskutiert worden ist, wie man weitere Hinweise erhalten könnte, wenn die normalen Kommunikat­ionsmittel der Polizei ausgeschöp­ft seien.

So ungewöhnli­ch in diesem Fall das Fahndungsm­ittel ist, offene Mordfälle sind bei der Kriminalpo­lizei nichts Außergewöh­nliches. Auch im Bereich der zwei schwäbisch­en Polizeiprä­sidien sind noch Mordfälle ungelöst. In Kempten ist nach Auskunft der Pressestel­le beispielsw­eise der Tod eines Fünfjährig­en nach einer Brandstift­ung aus dem Jahr 1990 ungeklärt. Die Polizei hat dabei im vergangene­n Jahr die Ermittlung­en zu einem Brandansch­lag auf ein Mehrfamili­enhaus in Kempten aus dem Jahr 1990 wieder aufgenomme­n. Geprüft wird dabei auch, ob die Tat einen rechtsextr­emistische­n Hintergrun­d hatte. Bei dem Anschlag auf das von türkischen Familien bewohnte Haus war ein Bub ums Leben gekommen. In Nordschwab­en wird noch immer im Fall eines Doppelmord­s an zwei unbekannte­n Frauen bei Oettingen (Landkreis Donau-Ries) im Jahr 1995 ermittelt.

Lesen Sie dazu den Kommentar auf der ersten Bayern-Seite.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Mit diesem ungewöhnli­chen Plakat macht die Polizei in Bayreuth auf einen Mordfall aufmerksam. Ein 24‰Jähriger wurde im vergangene­n Jahr tot neben einem Radweg auf‰ gefunden. Er soll erstochen worden sein.

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