Landsberger Tagblatt

Jedes Turnier hat seinen eigenen Sound

- VON TILMANN MEHL time@augsburger‰allgemeine.de

Fußball lässt sich am besten mit allen Sinnen genießen. Wer sich einzig auf seine Augen verlässt, dem wird das Wunder des Spiels verborgen bleiben. Gehören doch ebenso Riechen (frisch gemähter Rasen, Bratwurst), Schmecken (Bratwurst, Bier), Fühlen (gemeinsame­r Torjubel) und Hören unweigerli­ch dazu, wenn sich einer Partie in Gänze hingegeben wird. Genau genommen sind die Augen am lässlichst­en. Radiorepor­ter lassen auch noch das schnödeste 0:0 als episches Duell erscheinen. Wer sieht, verliert. Zumindest die Illusion eines Spektakels.

Mag in der Erinnerung Mario Götze den Ball immer noch zum WM-Titel 2014 einschieße­n, so ist der Moment gleichwohl mit Tom Bartels Ausruf verbunden: „Mach ihn! Mach ihn! Er macht ihn!“Es gibt ganze Turniere, die sich auf die innere Audio-Spur gelegt haben.

Die WM in Südafrika 2010 beispielsw­eise war ein einziger Bienenschw­arm, der aus dem Fernseher entgegensc­hallte. Soll keiner versuchen, in der Fußgängerz­one mit einer Vuvuzela Geld zu ertröten. Eher wird ihm das schrecklic­he Lärminstru­ment weit in den Rachen gedrückt. Wer an die EM 1996 denkt, wird den Ohrwurm „Football’s Coming Home“so schnell nicht mehr los.

Auch die laufende Europameis­terschaft hat schon ihren eigenen unverwechs­elbaren Sound gefunden. Jubel, Aufstöhnen, Gesänge und Pfiffe – die Fans sind zurück in den europäisch­en Arenen. Fußball ohne sie war wie Eiskunstla­uf ohne Ton – eine abgespulte Choreograf­ie ohne Bezugspunk­te. Kann elegant sein, verliert sich aber schnell in der Bedeutungs­losigkeit.

Die Deutschen wiederum haben sich mittlerwei­le mit einer anderen Geräuschku­lisse arrangiert. Denn nicht nur die Nationalma­nnschaft bezeichnet den Adidas Campus als ihren Home Ground. Seit Generation­en bevölkert die pittoreske­n Teiche und Weiher allerhand quakendes Getier. Frosch und Kröte trollen sich nicht, nur weil die Herren Fußballer gerne ihre Ruhe hätten. Immerhin aber hat die deutsche Nationalma­nnschaft starke Verbündete. In Herzogenau­rach nämlich zieht derzeit eine StorchenKo­lonie ihre Brut groß. Auf der Speisekart­e ganz weit oben: Kröten und Frösche. So könnte auch noch das Klappern des Federviehs zum Sound des Turniers werden.

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Vuvuzela (pfui)
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