Landsberger Tagblatt

Die Menschen auf ihrem letzten Weg begleiten

Seit 30 Jahren gibt es den Landsberge­r Hospiz- und Palliativv­erein. Vorstandsm­itglied Roswitha Schmidbaur gibt Einblicke in die Arbeit des Vereins und spricht über die Herausford­erungen in der Corona-Krise

- VON DOMINIK STENZEL

Landsberg Seit 30 Jahren gibt es den Hospiz- und Palliativv­erein Landsberg. Mittlerwei­le begleiten rund 100 ehrenamtli­che Hospizbegl­eiter todkranke Menschen auf ihrem letzten Weg. Im LT verrät Vorstandsm­itglied Roswitha Schmidbaur, wie sich die Hospizarbe­it seit der Gründung verändert hat und welche Herausford­erungen die Corona-Krise mit sich bringt.

Gegründet wurde die damalige Hospiz-Gruppe Landsberg 1991 auf Initiative von Inge Hasselbeck, Helga Skudlik und Michaela Barth. Insgesamt 19 Mitglieder hatten sich damals zum ersten Seminar gemeldet. „Der Beginn war hart und gekennzeic­hnet durch viel ehrenamtli­ches Engagement von allen. Finanziert hat sich der Verein durch Mitgliedsb­eiträge und kleine Spenden“, erinnert sich Michaela Barth in der Jubiläumsb­roschüre. „Besser wurde die Situation, nachdem einige Mitglieder die Idee von einem Flohmarkt umsetzten, der als ’Hospizfloh­markt’ jahrelang das finanziell­e Rückgrat bildete.“

Seitdem habe sich die Arbeit des Hospiz- und Palliativv­ereins stark verändert, sagt Vorstandsm­itglied Roswitha Schmidbaur, die sich um die Öffentlich­keitsarbei­t kümmert. „1991 war beispielsw­eise von Palliativm­edizin noch gar nicht die Rede. Heute gibt es schmerzlin­dernde Maßnahmen, die das Sterben erleichter­n und den Menschen auch die Angst nehmen können.“Auch der Verein selbst hat sich stetig weiterentw­ickelt. Zwei der Meilenstei­ne: 2005 wurde der Verein Palliative Care gegründet, der den Fokus auf die palliative Versorgung im Landkreis Landsberg legt. Vor rund fünf Jahren fusioniert­e dieser schließlic­h mit der Landsberge­r Hospizgrup­pe, woraus der heutige Hospiz- und Palliativv­erein Landsberg hervorging. Momentan beschäftig­t sind vier hauptamtli­che Koordinato­rinnen, eine Verwaltung­skraft und rund 100 ehrenamtli­che Hospizbegl­eiter. Schmidbaur freut sich, dass die Zahl der Ehrenamtli­chen in den vergangene­n Jahren gestiegen ist. „Das ist wichtig, da nicht alle Hospizbegl­eiter immer einsetzbar sind und nach den Begleitung­en auch öfter Mal eine Pause brauchen.“

Der Hospiz- und Palliativv­erein, der in einem Gebäude an der Bischof-Riegg-Straße in Landsberg untergebra­cht ist, betreue sowohl junge als auch alte Menschen, erzählt Roswitha Schmidbaur. Manchmal sei die Begleitung bereits einer Woche vorbei, manchmal dauere sie über Jahre an. Zu Beginn finde immer eine Art Anamnese statt. Die Koordinato­rinnen achteten genau darauf, welcher Hospizbegl­eiter zum jeweiligen Patienten passt. „Es kann beispielsw­eise eine Rolle spielen, ob jemand besonders religiös ist oder mehrere Sprachen spricht“, sagt Roswitha Schmidbaur, die sich selbst seit gut zehn Jahren im Verein engagiert. Als ihre Kinder aus dem Haus waren, habe die heute 61-Jährige unbedingt ein Ehrenamt ausüben wollen – eine Anzeige des Hospizvere­ins sprach sie nach eigenen Angaben sofort an. Ihre Aufgabe als Hospizbegl­eiterin erfülle sie mit großer Zufriedenh­eit. Sie möchte auch für Menschen da sein, die vor ihrem Tod ganz alleine in einem Krankenhau­s oder Pflegeheim sind. „Ich stelle mir das schrecklic­h vor“, so Schmidbaur. „Generell gilt aber, dass unsere Patienten extrem dankbar für die Begleitung sind. Manchmal reicht es aus, einfach nur bei ihnen zu sitzen und ihre Hand zu halten. Andere möchten noch sehr viel erzählen.“Sterbende Menschen auf deren letztem Weg zu begleiten, sei jedoch längst nicht die einzige Aufgabe des Vereins, dessen Tätigkeits­bereich fünf Säulen umfasst. Neben der ambulanten Hospizbegl­eitung, gehönach ren die palliative Vernetzung, die Beratung zu Patientenv­erfügung und Vorsorgevo­llmacht, die Trauerbegl­eitung, die besonders in der Corona-Krise in Schmidbaur­s Augen an Bedeutung gewonnen hat, sowie die Ausbildung der Ehrenamtli­chen zu den zentralen Aufgaben. In den vergangene­n 30 Jahren hat der Hospiz- und Palliativv­erein über 1000 Menschen dazu befähigt, Schwerstkr­anke und Sterbende in ihrer letzten Lebensphas­e zu begleiten.

Die Corona-Pandemie hat die Arbeit laut Roswitha Schmidbaur erschwert: Während im Landsberge­r Hospiz- und Palliativv­erein 2019 noch rund 100 Begleitung­en abgeschlos­sen wurden, ging die Zahl im vergangene­n Jahr um knapp die Hälfte zurück. Wegen der strengen Auflagen in Pflegeheim­en und Krankenhäu­sern, der Kontaktbes­chränkunge­n

Ein Flohmarkt bildete lange das finanziell­e Rückgrat

Zahl der Begleitung­en geht in der Corona‰Krise zurück

und der allgemein vorherrsch­enden Unsicherhe­it habe zudem vieles über das Telefon ablaufen müssen: „Hospizbegl­eitung gehört aber in einen geschlosse­nen Raum“, sagt Roswitha Schmidbaur. Durch die am Sonntag beginnende Jubiläumsw­oche erhoffe sich der Verein die Hospiz- und Palliativa­rbeit dorthin zu rücken, wo diese auch hingehöre: mitten ins Leben.

Vom 20. bis 27. Juni werden die Ausstellun­gen „Ich begleite dich“(Altstadtsa­al) und „Before I die – Bevor ich sterbe“zu sehen sein. Bei letzterer können – wenn das Wetter mitspielt – Passanten auf Tafeln am Hellmairpl­atz ihre Wünsche und Sehnsüchte aufschreib­en. Am 23. Juni findet ab 18.30 Uhr im Landsberge­r Landratsam­t ein Vortrag der Palliativm­edizinerin und Psychologi­n Dr. Nesmil Ghassemlou statt. Ebenfalls um 18.30 Uhr hält die Schauspiel­erin und Hospizbegl­eiterin Petra Auer-Frey am 25. Juni im evangelisc­hen Gemeindeze­ntrum Utting eine Autorenles­ung.

 ?? Foto: Leitenstor­fer ?? Das Vorstandst­eam des Hospizvere­ins Landsberg: Unser Bild zeigt (von links) den Vorsitzend­en Erich Püttner, Roswitha Schmid‰ baur, Carmen Kraus und Josef Binswanger. Es fehlen Christine Schwarzelm­üller und Emanuel Zehetbauer.
Foto: Leitenstor­fer Das Vorstandst­eam des Hospizvere­ins Landsberg: Unser Bild zeigt (von links) den Vorsitzend­en Erich Püttner, Roswitha Schmid‰ baur, Carmen Kraus und Josef Binswanger. Es fehlen Christine Schwarzelm­üller und Emanuel Zehetbauer.

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