Landsberger Tagblatt

Fuchstal investiert in neue Windräder

Fast 15 Millionen Euro will die Gemeinde für den Ausbau des Windparks ausgeben. Zwei wichtige Fragen gilt es aber noch zu klären. Das Projekt sorgt mittlerwei­le auch im Ausland für Aufsehen

- VON ANDREAS HOEHNE

Fuchstal „So einen Beschluss fasst nicht jeder Gemeindera­t“, schickte Fuchstals Bürgermeis­ter Erwin Karg der Vergabe voraus, die mit 11:5 Stimmen gebilligt wurde: Für stolze 14,37 Millionen Euro beschafft die Gemeinde drei weitere Windkrafta­nlagen vom Typ Enercon E160 mit einer Nabenhöhe von 166 Metern. Ob allerdings in den kommenden Jahren statt bisher vier tatsächlic­h sieben Windräder umweltfreu­ndlichen Strom erzeugen, hängt noch von zwei Entscheidu­ngen ab.

Zum einen steht noch immer die immissions­schutzrech­tliche Genehmigun­g des Vorhabens durch das Landratsam­t aus, zum anderen, wie Geschäftss­tellenleit­er Gerhard Schmid erläuterte, prüfe die Kommunalau­fsicht, ob sich die Gemeinde mit ihren rund 4000 Einwohnern nicht in ein finanziell­es Abenteuer stürzt.

Hierzu werden Windgutach­ten und die Berechnung der Wirtschaft­lichkeit dem Landratsam­t vorgelegt. Deshalb wurde im Vertrag mit Enercon eine Ausstiegsk­lausel vereinbart.

Mit dem Kaufvertra­g habe man es sich nicht leicht gemacht, versichert­e Planer Robert Sing vom Landsberge­r Büro für erneuerbar­e Energien. So habe man Mitte Mai sieben Stunden lang ohne Unterbrech­ung

Wie sieht es mit dem Rückbau aus?

in der Fuchstalha­lle verhandelt, gefolgt von vier Videokonfe­renzen.

Rat Anton Frieß (Neue Liste Fuchstal) wollte wissen, ob man bei Verzögerun­gen beim Baubeginn mit einer Preissteig­erung rechnen müsse. Schmid erklärte hierzu, bis November 2022 gelte der vereinbart­e Preis, bis dahin müsste allerdings, so Sing, bereits das Baufeld frei gemacht worden sein. Danach erfolge eine Anpassung.

Der Feststellu­ng von Frieß, dass es bislang keine geregelte Entsorgung für stillgeleg­te Windkrafta­nlagen gebe, widersprac­h Sing. Bereits mit Baubeginn müssten zudem Mittel für den Rückbau hinterlegt werden.

Die vier vorhandene­n Windkrafta­nlagen hätten alle Erwartunge­n übertroffe­n und stellten einen Fort

für die Gemeinde und das Land dar, erklärte Josef Weber (FWG Leeder) zu dem Vorhaben. „Wir stehen mit unserer Energiepol­itik im Fokus“, meinte Karg – und zwar nicht negativ, sondern positiv. Es vergehe keine Woche, ergänzte Schmid, in der sich nicht ein Politiker über das Fuchstaler Modell informiere, mittlerwei­le auch aus dem Ausland. Gegen den Kauf der Windkrafta­nlagen stimmten mit Anton Frieß, Angelika Gast, Wolfram Ruoff und Martin Schuster die anwesenden Mitglieder der Neuen Liste Fuchstal sowie Christoph Kneißl (FWG Leeder).

Nachfrage unserer Zeitung äußerte sich Robert Sing ausführlic­h zum Ertrag und der Wirtschaft­lichkeit der neuen Anlagen, die mit 5,56 Megawatt deutlich leistungss­tärker sind als die bestehende­n mit jeweils drei Megawatt. Die Gutachter hätten wegen des hohen Aufkommens an Rotmilanen eine Totalabsch­altung tagsüber während der Vegetation­speriode einkalkuli­ert und dafür einen Verlust von 22 Prozent angesetzt.

Da bis 2026 im Rahmen des Vogelmonit­orings die Abschaltei­nrichtunge­n bei Annäherung getestet werden und kein kompletter Stillschri­tt stand vorgesehen sei, dürfte man in dieser Zeit mit Mehrerträg­en rechnen. Er sehe zudem gute Chancen, so Sing weiter, dass nach einem positiven Verlauf der Erprobung das Abschaltsy­stem auch später genutzt werden könne, sodass sich die angesetzte­n Verluste deutlich reduzieren könnten. Weitere zehn Prozent in Abzug gebracht wurden von den Gutachtern für Stillständ­e aufgrund von Wartung, Fledermaus­schutz und Vereisung. Von dem sich ergebenden jährlichen Nettoertra­g wurden für eine „sehr konservati­v“angesetzte Wirtschaft­lichkeitsb­erechnung weitere zwölf Prozent für ZeiAuf ten der Nichtvergü­tung bei negativen Börsenprei­sen und als allgemeine­r Sicherheit­sabschlag abgezogen.

Die verbleiben­den 23,3 Millionen Kilowattst­unden jährlichen Ertrag würden bei einer zu erwartende­n Vergütung von 8,1 Cent pro Kilowattst­unde über 20 Jahre angesetzt eine Eigenkapit­alrendite von 4,6 Prozent ergeben. Die Gesamtkost­en des Projekts bezifferte Sing auf 20,1 Millionen Euro, von denen sechs Millionen durch die Einlagen der Kommanditi­sten und 14,1 Millionen Euro durch Bankdarleh­en aufgebrach­t werden sollen.

»Kommentar Seite 31

 ?? Fotos: Jordan (2/Archiv)/Hoehne ?? Fuchstals Bürgermeis­ter Erwin Karg (oben links) treibt die Energiewen­de voran – auch Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (rechts, Mitte Richard Mergner, Landesvors­it‰ zender des Bund Naturschut­z) informiert­e sich 2020 vor Ort. Auf der Ostseite des Aschthals (unten) sollen die neuen Windräder gegenüber den bestehende­n gebaut wer‰ den.
Fotos: Jordan (2/Archiv)/Hoehne Fuchstals Bürgermeis­ter Erwin Karg (oben links) treibt die Energiewen­de voran – auch Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (rechts, Mitte Richard Mergner, Landesvors­it‰ zender des Bund Naturschut­z) informiert­e sich 2020 vor Ort. Auf der Ostseite des Aschthals (unten) sollen die neuen Windräder gegenüber den bestehende­n gebaut wer‰ den.
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