Die Stille der Pandemie ist durchbrochen
Mit einer Orgelmatinee mit Stephan Ronkov endet die Corona-Pause
Dießen Stille im Marienmünster. Beinahe ein Dreivierteljahr lang war von ihr kaum ein Laut hinauf zum Dießener Himmel gedrungen. An diese von einem Virus erzwungene Generalpause für die König-Orgel erinnerte Annette Rießner, die Vorsitzende der „Freunde der Dießener Münsterkonzerte“, in ihrer Begrüßungsrede anlässlich des musikalischen Neustarts und der Eröffnung der Saison 2021/22 mit einer Matinee und – endlich wieder Münsterorganist Stephan Ronkov am Spieltisch.
Anfangen, da, wo aufgehört wurde, nicht für jeden ist das nach dem Abklingen der Pandemie möglich. Auch die Münsterkonzerte können vorerst nur vor reduzierter Zuhörerschaft – knapp 70 Personen waren nach Anmeldung zugelassen – stattfinden. Ronkovs im Grundton eher nachdenklich gestimmtes Programm nahm diese Situation sensibel auf, würdigte zugleich aber auch den feierlichen Anlass der Wiederaufnahme der Konzerttätigkeit und der Rückkehr der Musik ins öffentliche Leben mit der Auswahl einiger herausragender Werke der Orgelliteratur des Barock, allesamt aus der Feder des großen Johann Sebastian Bach. Ein Stück bewusst herausgestellter Kontinuität also doch! Denn mit dem mittlerweile dritten Teil der Bach-Reihe knüpfte Stephan Ronkov direkt an die Konzerte der vergangenen Saison an.
Zu Beginn der Matinee ertönte
Bachs Toccata und Fuge in d-Moll, BWV 538, die dorische, nicht zu verwechseln mit einem Werk gleicher Bezeichnung, der Toccata und Fuge, BWV 565, ebenfalls in d-Moll, seiner bekanntesten Komposition für Orgel überhaupt. Anders als bei der berühmten Schwester liegt der Schwerpunkt hier weniger auf dem „toccare“, also Schlagen der Akkorde, als mehr der frei schweifenden Melodieführung, was
Stephan Ronkov mit wunderbarem Legatospiel fein unterstrich.
Dem mächtigen Schlussakkord folgte nach kurzer Zäsur der eher verhaltene Einstieg in das an den damaligen französischen Kompositionsstil angelehnte „Piéce d’Orgue, eine dreiteilige Fantasie in G-Dur. Im getragenen Mittelpart verdichtete sich Ronkovs fast meditativer Vortrag zu Momenten tiefster Innigkeit, und es war wie eine Öffnung hin zur Welt, als sich im dritten Teil das wunderbare Fließen der Arpeggien auf fast spielerische Art mit den durch die Kirchenfenster einfallenden Sonnenstrahlen verband. Die Magie eines Augenblicks, nicht wenige der Zuhörer waren davon sichtlich berührt. Gelegenheit, dieser Stimmung noch etwas nachzuhängen, bot das Zwölf-Uhr-Läuten der Glocken des Marienmünsters, die in der dafür eingelegten Pause des Organisten ihren ganz eigenen Auftritt hatten.
Schleppend, das Thema in der Bassstimme, und hier über viele Takte fortlaufend, begann der zweite
In der Pause das Mittagsläuten
Teil der Matinee mit der Passacaglia in eher gedrückter Stimmung. Die folgenden Variationen ging Stephan Ronkov im gemäßigten Tempo an und erfasste die oft nur angedeuteten Wendungen und feinen Umschwünge, Steigerungen und Beruhigungen in seinem differenzierten Spiel genau.
Mit dem Präludium und Fuge BWV 539 stand noch einmal ein Werk in Moll auf dem Programm, ihren feierlichen Abschluss aber fand die erste Orgelmatinee nach fast neunmonatiger Pause in dem in strahlendem C-Dur komponierten Präludium und Fuge BWV 547.