Rücksicht beim Rad fahren
FDP-Stadtrat Tom Bohn will die Alte Bergstraße und den Hauptplatz für den Radverkehr sperren lassen. Er beobachtet, dass dort Radfahrer häufig viel zu schnell unterwegs sind. Sein Antrag wird auch kritisiert
Rad fahren ist in der Landsberger Innenstadt fast momentan überall erlaubt. Wegen einiger Rennradfahrer stellte die FDP nun einen besonderen Antrag.
Landsberg Es ist schon lange her, dass die Alte Bergstraße in Landsberg mit ihrem Gefälle von 18 Prozent als eine der gefährlichsten Straßen in Deutschland galt. Als Pferdeund Ochsengespanne den steilen Weg nutzten und das Automobil in den Kinderschuhen steckte, galt dort Linksverkehr, damit die Pferdeund Ochsenführer bei Gefahr in die Hauseingänge springen konnten, die tagsüber offen bleiben mussten. Heutzutage sind in der Alten Bergstraße vor allem Menschen zu Fuß unterwegs. Aber auch Radfahrende. Und deren Fahrstil soll mitunter gefährlich sein, wie Stadtrat Tom Bohn (FDP) beobachtet hat. Deswegen fordert er, die Alte Bergstraße bergab und den Hauptplatz für den Radverkehr zu sperren. In der nächsten Sitzung des Stadtrats wird über seinen Antrag beraten.
Tom Bohn, der direkt an der Alten Bergstraße wohnt, hat seinen Antrag im Namen der Fraktionsgemeinschaft von SPD und FDP gestellt. Darin fordert er die Sperrung der Alten Bergstraße für Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer abwärts in Richtung Hauptplatz wegen erhöhter Unfallgefahr und Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer. Aus den gleichen Gründen beantragt er auch eine generelle Sperrung des Hauptplatzes für Radfahrende. Eine Begründung seines Antrags liefert Tom Bohn gleich mit: Die Alte Bergstraße möglichst schnell mit dem Fahrrad herunter zu fahren, werde inzwischen bei vielen Jugendlichen, aber auch bei Erwachsenen als Mutprobe und/oder „Kick“angesehen. Mit zum Teil wahnwitziger Geschwindigkeit werde über das oft auch nasse Kopfsteinpflaster nach unten und teilweise danach auch über den Hauptplatz in Richtung Lechwehr gerast. „Dabei wurden in der Vergangenheit häufig Fußgänger und andere Verkehrsteilnehmer gefährdet“, schreibt der FDP-Stadtrat. Es sei ein Unfall mit Personenschaden zu befürchten, wenn nicht eingeschritten wird. Deswegen müsse die Alte Bergstraße bergab für Fahrradfahrer gesperrt werden, ebenso der gesamte Hauptplatz. Diese Maßnahme sei in der Presse anzukündigen und in den ersten drei Wochen regelmäßig, danach stichprobenartig vom Ordnungsamt zu überwachen.
Eine Sperrung wäre nichts Neues. Denn bis ins Jahr 2012 war die Alte Bergstraße für den Radverkehr gesperrt. Aufgrund eines Antrags des ADFC-Kreisverbands fasste der Stadtrat Mitte 2012 aber den Beschluss, die Alte Bergstraße wieder für den Radverkehr freizugeben.
Die Verwaltung und die Polizeiinspektion Landsberg hatten das damals abgelehnt und begründeten dies mit dem erheblichen Gefälle von 18 Prozent, dem unebenen, bei Nässe äußerst rutschigen Fahrbahnbelag, den am rechten Fahrbahnrand geparkten Fahrzeugen, die die
Möglichkeit der Kollision zwischen Fahrradfahrenden und aussteigenden Autofahrerinnen und Autofahrern beziehungsweise ausparkenden Fahrzeugen erhöhen würden, sowie der Tatsache, dass die Fahrbahn aufgrund der schmalen Gehwege häufig auch von Fußgängern benutzt werde.
Heute stellt sich die Situation nicht anders dar. Seitens der Stadtverwaltung wird die Freigabe der Alten Bergstraße für den Radverkehr nach wie vor als kritisch angesehen, heißt es in der Sitzungsvorlage für die Stadtratssitzung. Eine Sperrung des Hauptplatzes, der Teil der wichtigsten innerstädtischen Ost-West-Verbindung sei, sei dagegen verkehrsrechtlich als nicht verhältnismäßig und somit unzulässig
Die Polizei stellt keine Unfallhäufung fest
anzusehen. Dies gelte umso mehr, als die Ausweichroute über den Hinteren Anger in einem für Radfahrende sehr problematischen Zustand sei. Und was sagt die Polizei? Dort habe es bislang keine Beschwerden über bergab rasende Radfahrer gegeben. Zudem sei seit Anfang 2019 keine Häufung von Unfällen festzustellen gewesen. Bei den beiden Unfällen, die sich in diesem Zeitraum ereignet hätten, seien Radfahrer alleinbeteiligt, also ohne Fremdeinwirkung, gestürzt.
Vom Antrag überrascht zeigt sich Martin Baumeister, der Vorsitzende des ADFC-Kreisverbands. Mit der Wortwahl (Mutprobe, Kick, wahnwitzig) sei er überhaupt nicht einverstanden, sagt er auf Nachfrage unserer Zeitung. Eine Sperrung der Alten Bergstraße und des Hauptplatzes hält er für falsch. Sie würde auch zum völlig falschen Zeitpunkt kommen. Schließlich erarbeite die Stadt gerade ein Fuß- und Radwegkonzept. „Da wäre ein Verbot ein falsches Zeichen.“Baumeister zieht einen Vergleich: Wenn Autofahrer zu schnell fahren, werde auch nicht gleich die Straße gesperrt.