Landsberger Tagblatt

Salsafreun­de tanzen durch die Pandemie

Wie die Salsaszene am Ammersee den Lockdown überlebt hat – Tanzlehrer­in Sofia de Endaya unterricht­et seit acht Jahren Salsa Cubana in Dießen

- VON DAGMAR KÜBLER

Dießen „1,2,3… 5,6,7..“zählt Tanzlehrer­in Sofia de Endaya. „Bei vier und acht ist eine Pause.“Aus acht Schlägen besteht also ein Takt. „Die Schritte auf drei und sieben sind immer außen“, erklärt de Endaya ihren Anfängern weiter. So viel Theorie zu Salsa, einem Tanz, der, so meint man, direkt aus der Musik geboren und den Latinos in die Wiege gelegt wurde, während die Europäer erst mal die Schritte lernen müssen! Doch so sei das nicht, wehrt Sofia de Endaya ab. „Zwar tun sich die Latinos mit dem Tanz leichter, weil sie die Musik schon von Kindesbein­en an hören. Aber trotzdem müssen sie ihn erlernen – und tatsächlic­h hat nicht jeder Latino automatisc­h ein gutes Taktgefühl.“

Salsa verbindet afrokaribi­sche und europäisch­e Tanzstile miteinande­r, verschmolz­en sind diese verschiede­nen Ursprünge in Kuba. In den 1980er-Jahren gelangte der meist recht schnelle Tanz auch nach Deutschlan­d. Wie bei der Musik, steht auch beim Tanz die Entwicklun­g nie still, so entwickelt­e sich aus Salsa, genauer gesagt spricht man beim Tanz von Casino, weiter zur

Timba. Son, Mambo, Rumba, Afro, Tänze des afrikanisc­hen Stammes der Yoruba, die als Sklaven nach Kuba verschlepp­t wurden, und auch Reggaetón fließen in die Salsa mit ein und bilden zusammen die berühmte, temperamen­tvolle „Sauce“, die Sofia de Endaya versucht, ihren Tanzschüle­rn schmackhaf­t zu machen. Immer mittwochs kommt die gebürtige Dießenerin in den 200 Quadratmet­er großen Raum am Marktplatz 2 und unterricht­et in drei Stunden Anfänger bis Fortgeschr­ittene.

De Endaya lebt heute in Augsburg und hat sich dort 2018, nach einigen Jahren Erfahrung als Tanzlehrer­in an einer anderen SalsaTanzs­chule, zusammen mit ihrem Lebens- und Tanzpartne­r Ariel López mit „¡Baila! Social Dance Studio“ihren Traum vom eigenen Tanzstudio direkt am Augsburger Hauptbahnh­of erfüllt. Dennoch findet sie seit acht Jahren noch Zeit, auch ihre Dießener Schüler auf ein immer höheres Tanzlevel zu heben. Und diese bleiben ihr treu, so sind manche wie Peter Kaun jun. schon von Anfang an mit dabei. Im von Kaun betriebene­n ehemaligen Club 1516 in Dießen fand die Salsaszene 2013 eine Heimat, zog nach der Schließung um in den Bahnhof, später ins Strickcafé im Blauen Haus. Heute wird in einem ehemaligen Ladengesch­äft Am Marktplatz 2 getanzt. Neben Salsa (Casino) unterricht­et Sofia de Endaya auch weitere Tänze wie Rueda de Casino, Son,

Cha Cha Cha, Rumba Cubana, Bolero, Reggaetón und Bachata, ein Tanz, der aus der Dominikani­schen Republik stammt. Ihre Spezialitä­t ist das „Styling“, das den eigenen Tanzstil, sowohl bei Männern als auch bei Frauen, unverwechs­elbar macht. Viel Wert legt die 30-Jährige darauf, dass ihre Schüler lernen, die Musik wirklich zu hören, sprich die einzelnen Phasen und musikalisc­hen Besonderhe­iten, die die Bands in ihre Lieder einbauen, herauszufi­ltern und im Tanz zu interpreti­eren.

„So spulen die Tanzpaare nicht nur die erlernten Figuren herunter, sondern tanzen wirklich zur Musik“, erklärt Sofia de Endaya, die seit einigen Jahren auch als Tanzlehrer­in auf internatio­nalen Festivals gefragt ist und auch schon mit weltberühm­ten Salsa-Bands wie „Los Van Van“oder „Havana de Primera“auf der Bühne stand.

Die Corona-Pandemie hat ihrer Tanzschule einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht. Wie auch Fitnessstu­dios gehörte sie zu den Betrieben, die früh schließen und als eine der letzten nach dem Lockdown wieder öffnen durften. Die staatliche­n Hilfen seien nur spärlich geflossen, sagt de Endaya. „Ich weiß eigentlich gar nicht, wie wir es geschafft haben, finanziell über die Runden zu kommen.“Die Mieten für die Räume mussten weiter bezahlt werden, ihnen standen verringert­e Einnahmen entgegen. Diese generierte­n Sofia und Ariel über Online-Lernvideos und Livestream-Kurse. Sofia, die Grafikdesi­gn studierte, erarbeitet­e die nötigen Werbemaßna­hmen und Buchungsop­tionen und Ariel arbeitete sich rasch in die Technik dafür ein. Sie investiert­en in Equipment wie Computer, Kamera, Mikrofon und Lichter, starteten eine Kooperatio­n mit der befreundet­en Tanzschule „A Bailar“in Hamburg und kreierten gemeinsam ein vielseitig­es Livestream-Programm. Die Onlinekurs­e mit den vielen verschiede­nen Lehrern kamen sehr gut an und werden auch heute noch fortgesetz­t. „Wir konnten sogar neue Tanzschüle­r aus ganz Deutschlan­d gewinnen, die uns treu geblieben sind“, blickt de Endaya zurück, freut sich aber, nach dem langen

Salsa – die temperamen­tvolle Sauce

Im Club 1516 war die Dießener Szene beheimatet

Lockdown endlich wieder in Präsenz unterricht­en zu dürfen. Auch wenn es noch Auflagen gibt, sind ihre Kurse in Dießen wieder sehr gut besucht. Momentan bereitet sie sich organisato­risch auf CoronaTest­s vor Ort vor, um allen die Möglichkei­t zu geben, sicher am Unterricht teilnehmen zu können: „Neueinstei­ger sind jederzeit willkommen. Man kann sich auch ohne Tanzpartne­r anmelden.“

Sofia und Ariel wollen, trotz der erschwerte­n Corona-Bedingunge­n, weitermach­en „Es ist einfach schön zu sehen, wie viel Freude die Menschen beim Tanzen haben,“sagt de Endaya und fügt augenzwink­ernd hinzu: „Unsere Kurse und Tanzpartys haben sich auch zu einer Art Kontaktbör­se entwickelt. Viele Paare haben sich hier schon gefunden, manche sind inzwischen sogar verheirate­t.“Tanzen verbindet also und ein gemeinsame­s Hobby ist eine gute Grundlage für eine gelingende Beziehung.

 ?? Archivotos: baila Augsburg/Ralf Lienert ?? Sofia de Endaya (unten) hat die Salsa‰Szene am Ammersee mit aufgebaut. Der schnelle Tanz wurde in den 1980er‰Jahren in Deutschlan­d populär. Oben im Bild eine Salsa‰Gruppe im Chapuispar­k in Kempten.
Archivotos: baila Augsburg/Ralf Lienert Sofia de Endaya (unten) hat die Salsa‰Szene am Ammersee mit aufgebaut. Der schnelle Tanz wurde in den 1980er‰Jahren in Deutschlan­d populär. Oben im Bild eine Salsa‰Gruppe im Chapuispar­k in Kempten.
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