Landsberger Tagblatt

Tierische Wurzeln der Menschlich­keit

- Wolfgang Schütz

„Immer wieder gibt es welche unter euch, die sagen: Seid lieb zu den Tieren, denn vergesst nicht, auch der Mensch ist ein Tier. Nein. Der Mensch ist kein Tier.“Der Kater Matou in Michael Köhlmeiers gleichnami­gem Roman ist sich da sicher. Nachdem der ein irre schneller und breit interessie­rter Leser ist, sollte er auch zu diesem eindrucksv­ollen Sachbuch greifen: „Das Tier in uns“des Göppinger Mediziners Martin Bleif. Nicht nur für den Kater könnte aufschluss­reich sein, inwiefern der Mensch bis heute von seinen Genen, seiner Biologie, seinem Körper, von der Natur geprägt ist – dass also die Nähe zum Tier durchaus noch wesentlich und der Mensch als „Krone der Schöpfung“bloß eine eitle Verklärung ist. Der Autor zeichnet – passend mit reichlich natur- wie geisteswis­senschaftl­ichen Referenzen – sogar das Bild von „biologisch­en Wurzeln der Menschlich­keit“und zeichnet eine Evolution der Moral.

Vor allem für den Menschen aber sollte von Interesse sein, wo diese Prägung aber auch enden kann, dass es keine Vorbestimm­ung und keine unabänderl­ichen Zugehörigk­eiten gibt. Bleif schreibt: „Wir sind freier als andere Tiere, unser Wir und den Stellenwer­t der Gruppe aktiv zu verändern, zu verschiebe­n oder zu erweitern.“Und widerspric­ht damit freilich auch kulturelle­n und politische­n Spaltern: „Der Mensch ist eine genetisch sehr homogene Tierart. Kein Wunder. Wir sind eine junge Art. Das genetische Repertoire der Menschheit geht auf eine kleine Gründerpop­ulation zurück, die vor kaum mehr als 250000 Jahren gelebt hat.“Und der Mensch, er bleibt noch immer ein Wesen im Werden.

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