Bürgermeister schreibt offenen Brief
Die beabsichtigte Weitervermietung einer vergünstigten Wohnung schlägt in der Gemeinde Schondorf Wellen. Alexander Herrmann nimmt Stellung. Die Rechtsaufsicht prüft, und der Gemeinderat tagt dazu. Räte üben Kritik.
Der Stellvertreter kümmerte sich um die Vergabe
Schondorf Der Schondorfer Bürgermeister Alexander Herrmann (Grüne) hat in einem Schreiben an alle Haushalte und auf seiner privaten Homepage zur Vergabe von Wohnungen auf dem ehemaligen Prix-Gelände Stellung genommen. Dabei bestätigt er, dass sich zwei seiner Kinder um eine Wohnung zu vergünstigten Preisen beworben und auch einen Zuschlag erhalten haben. Ebenso bestätigt er, dass eines der Kinder seine Wohnung zur Miete angeboten hat. Er macht in seinem Schreiben auch klar, dass er „eine moralische Verfehlung meinerseits, aber auch meiner Kinder“nicht feststellen könne.
Bislang hatte Herrmann auch auf Nachfrage unserer Redaktion nur allgemein zum Verfahrensablauf bei der Vergabe von vergünstigten Immobilien auf dem ehemaligen Prix-Gelände Angaben gemacht. Nachdem sich herumgesprochen hat, dass eines seiner Kinder eine solche Wohnung momentan nicht selber beziehen, sondern weitervermieten will, erläutert er den Sachverhalt genauer. Fürs Auswahlverfahren für Wohnraum für Normalverdiener haben sich demnach 75 Personen beworben. Nach Prüfung der Verwaltung verblieben 36 für den Kauf einer Eigentumswohnung und 14 für ein Reihenmittelhaus. Nach der nach den Vergabekriterien ermittelten Rangliste hatten 16 Teilnehmende die gleiche Punktezahl. Daraufhin kam es zu einem Losverfahren.
Herrmann betont, dass er nicht am Vergabeverfahren mitgewirkt habe, nachdem ihn seine Kinder informiert hatten, dass sie sich um eine Wohnung bewerben wollten. Der Zweite Bürgermeister Martin Wagner (CSU) übernahm die Aufgabe unter der Aufsicht eines Rechtsanwalts. Zu keiner Zeit habe er, betont Herrmann, auf das Ergebnis des Verfahrens Einfluss genommen,
das schließe auch das Losverfahren unter den punktgleichen Bewerberinnen und Bewerbern ein. Wie bereits gegenüber unserer Redaktion verweist Herrmann im Schreiben darauf, dass sich die Käuferinnen und Käufer dazu verpflichten mussten, diese Immobilien mindestens 15 Jahre selbst zu bewohnen, dass sich im Falle einer Weitervermietung diese Frist auf 20 Jahre verlängere und ein vergünstigter Mietzins vorgeschrieben sei, ebenso eine Weitervermietung im Sinne der sozialen Vergabekriterien der Gemeinde.
Eine Weitervermietung sei nur mit Zustimmung des Gemeinderats möglich. Dass eines seiner Kinder vor einer entsprechenden Genehmigung bereits eine Vermietungsanzeige geschaltet habe, begründet Herrmann so: „Wann die Zustimmung einzuholen ist, ist im Kaufvertrag nicht festgeschrieben. Es wäre jedoch wenig praktikabel,
sich zunächst beim Notar zu einer 20-jährigen Bindefrist zu verpflichten und erst dann nach geeigneten Mietern zu suchen.“
Zu den Gründen seines Kindes schreibt er: „Eine Wohnung mit 56 Quadratmetern ist für eine alleinstehende Person ein tolles Wohnumfeld. Die Mietsituation auf dem Schondorfer Wohnungsmarkt ist dramatisch für Familien mit einem durchschnittlichen Einkommen. Deshalb wollte mein Kind die Wohnung für eine Übergangszeit zur Verfügung stellen und hätte alle Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag übernommen. Das Auswahlverfahren und die Bedingungen wurden in der Anzeige erwähnt. In dieser Übergangszeit wäre mein Kind in der derzeitigen WG-Wohnung geblieben.“Eine moralische Verfehlung könne er nicht feststellen, so Herrmann: „Vielmehr ist es in meinen Augen moralisch bedenklich, dass der Versuch, mich
zu diskreditieren, auf Kosten meiner Familie und der Verwaltung unternommen wird.“
Am Dienstag, 15. November, kommt das Thema in einer Gemeinderatssitzung auf den Tisch. Dies hatten unter anderem die Gemeinderäte Wolfgang Schraml (FWS) und Simon Springer (CSU) schon vor einem Monat gefordert. Dass kein früherer Termin zustande kam, hat laut Bürgermeister damit zu tun, dass der Rechtsanwalt anwesend sein wird, der die Erarbeitung des Punktesystems und die Vergabe der Wohnungen und Reihenhäuser beaufsichtigte. „Im öffentlichen Teil wird er darüber informieren, welche Regeln vereinbart wurden, und im nicht öffentlichen auf die Inhalte der Kaufverträge eingehen“, so Herrmann. Zudem soll bis zu der Sitzung das Ergebnis der Prüfung durch die Rechtsaufsicht des Landkreises bekannt gegeben werden.
Simon Springer ist froh, dass das Thema nun im Rat diskutiert wird: „Der Bürgermeister hätte da viel früher Dampf aus dem Kessel nehmen können. Es ist gut, dass er den offenen Brief verfasst hat, aber es ist zu viel Zeit verstrichen.“Die Ausführungen zum Thema Vermietung überzeugten ihn aber nicht komplett. Hier habe er Gesprächsbedarf. Ähnlich äußert sich Wolfgang Schraml und ergänzt: „Warum gibt das Kind des Bürgermeisters die Wohnung nicht einfach zurück, für andere Bewerber, die auch entsprechende Punktzahlen hatten?“
Herrmann kündigt auf Nachfrage an, klare Regeln erarbeiten zu wollen, wie die Gemeinde vorgehen soll, wenn ein Antrag auf Vermietung oder Verkauf gestellt werde. „Der Weg muss dann für alle anwendbar sein, deswegen ist es gut, dass der Anwalt bei der Sitzung dabei ist.“