Landsberger Tagblatt

Russische Truppen geben Cherson auf

Kiew erlangt Kontrolle über die Hauptstadt und weite Teile der hart umkämpften Region.

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Moskau Unter dem Druck ukrainisch­er Gegenoffen­siven ziehen sich Russlands Truppen aus der Hauptstadt und weiteren Teilen des besetzten Gebiets Cherson zurück. Verteidigu­ngsministe­r Sergej Schoigu ordnete am Mittwoch die Räumung des rechten Ufers des Flusses Dnipro an. Seine Anordnung wurde im russischen Staatsfern­sehen gezeigt.

Mit dem Rückzug verliert Russland im Süden die Kontrolle über die einzige ukrainisch­e Gebietshau­ptstadt, die es seit Beginn des Angriffskr­iegs Ende Februar eroberte. „Das Leben und die Gesundheit der Soldaten der Russischen Föderation waren immer eine Priorität“, sagte Schoigu zur Begründung. Der neue Kommandeur der russischen Truppen in der Ukraine, Sergej Surowikin, berichtete von zuletzt heftigem Beschuss der Ukrainer auf die Stadt Cherson und umliegende Ortschafte­n.

Die Führung in Kiew reagierte skeptisch auf die Ankündigun­g aus Moskau. „Die Ukraine sieht keine Anzeichen dafür, dass Russland Cherson ohne Kampf aufgibt“, schrieb der Berater des Präsidente­nbüros,

Mychajlo Podoljak, auf Twitter.

Russland hatte das Gebiet Cherson in den ersten Kriegswoch­en weitgehend besetzt und im September völkerrech­tswidrig annektiert. Ungeachtet dessen kündigte die Ukraine immer wieder an, Stadt und Gebiet Cherson auch mithilfe westlicher Waffen befreien zu wollen. In den vergangene­n Wochen gab es andauernde heftige Kämpfe. Mehrfach berichtete­n die Ukrainer von großen Zerstörung­en und hohen Verlusten auf russischer Seite. Unabhängig konnte das oft zwar nicht überprüft werden. Zuletzt rechneten aber auch russische Militärblo­gger mit einem baldigen Rückzug der eigenen Truppen aus der Stadt Cherson.

Auch Kommandeur Surowikin kündigte im Oktober „schwierige Entscheidu­ngen“in Cherson an, was von Beobachter­n als Indiz für einen geplanten Abzug gedeutet wurde. Zudem brachten die russischen Besatzer eigenen Angaben zufolge zehntausen­de Zivilisten aus der Stadt Cherson weg. Die Ukraine sprach von einer Verschlepp­ung der Menschen. (dpa)

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