Kritik an oberster Laienvertretung
Kurz vor den Neuwahlen im Diözesanrat der Katholiken im Bistum Augsburg regt sich großer Unmut – intern wie extern. Und dabei geht es nicht nur um das Thema Kirchenreformen.
Augsburg Die zurückliegenden Jahre seien eine große Herausforderung gewesen, sagt Susanne Kofend. Die Corona-Pandemie erschwerte auch kirchliches Leben massiv. Ebenso die nicht abreißenden Diskussionen über Missbrauchsfälle und Kirchenreformen. Kofend ist Geschäftsführerin des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Augsburg, der nun vor einem Umbruch steht – und in der Kritik.
Während seiner Herbstvollversammlung am Freitag und Samstag in Augsburg wird unter anderem der Vorstand nach vierjähriger Amtszeit neu gewählt. Hildegard Schütz, die 2014 erstmals Vorsitzende wurde, möchte wieder antreten. Ob es weitere Kandidatinnen oder Kandidaten geben werde, kann Kofend kurz davor nicht sagen. Was sie sagen kann, ist: „Ich habe den Eindruck, dass das kirchliche Leben in der Diözese intakt ist. Kirche ist nicht tot.“
Der Diözesanrat ist nicht irgendein Gremium. Schließlich vertritt er mit seinen mehr als 80 Mitgliedern, die aus den Dekanatsräten oder den katholischen Verbänden kommen, die sogenannten Laien. Ihnen will er eine Stimme geben. Und das nach innen wie nach außen. Was heißt: Er unterstützt Pfarrgemeinden, um Kirche vor Ort lebendig zu halten, oder meldet sich in gesellschaftspolitischen Debatten zu Wort. So sprach er sich für den „uneingeschränkten Erhalt des Verbotes, für Abtreibungen zu werben, aus“. Zudem berät er den Augsburger Bischof Bertram Meier.
Allerdings kritisiert Diözesanratsmitglied Alexander Lechner: „Der Diözesanrat hat in den vergangenen Jahren an Relevanz verloren, vor allem was das kirchenpolitische Geschehen angeht. Er wirkte da recht blass.“Uli Spindler von der Reform-Initiative Maria 2.0 fühlt sich vom Diözesanrat nicht gut vertreten, wie sie sagt.
Beide erinnern dabei besonders an das Abstimmungsverhalten eines Diözesanratsmitglieds bei der vierten Synodalversammlung des „Synodalen Wegs“in Frankfurt am Main im September. Dieser Reformprozess zwischen den deutschen Bischöfen und engagierten Laien sollte eine Antwort auf den Missbrauchsskandal in Reihen der katholischen Kirche sein, führte aber zu heftigen Richtungskämpfen. Das Diözesanratsmitglied jedenfalls stimmte gleich bei mehreren Reform-Texten konsequent mit Nein und war damit Teil einer sehr überschaubaren katholischkonservativen Minderheit. Der Mann votierte sowohl gegen eine „lehramtliche Neubewertung von Homosexualität“als auch gegen eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts, für das zum Beispiel eine gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartnerschaft ein Kündigungsgrund sein kann.
Lechner sagt dazu: „Ich betrachte dieses Abstimmungsverhalten als nicht repräsentativ für den Diözesanrat.“Der 33-Jährige ist Vorsitzender des Diözesanverbands Augsburg des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und damit qua Amt Mitglied des Diözesanrats. An dessen Geschäftsführung schickte die 61-jährige Uli Spindler aus Herrsching im Namen von Maria 2.0 Ende Oktober einen Brief.
In dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es über das Abstimmungsverhalten: „Unserer Meinung nach wurde in diesem Falle den Laien des Bistums keine Stimme gegeben“– „im Gegenteil“. Susanne Kofend, die Geschäftsführerin des Diözesanrats, weist darauf hin, dass es sich bei den Abstimmungen auf der Synodalversammlung in Frankfurt um Gewissensentscheidungen gehandelt habe. Darauf habe man als Diözesanrat keine Einflussmöglichkeiten, auch habe man dem Delegierten kein Votum mitgegeben.
Nicht nur Alexander Lechners Kritik reicht aber weiter. Die oberste Laienvertretung im Bistum Augsburg müsse diverser, jünger und synodaler werden, sagt er. „Das heißt: Wir müssen noch ehrlicher miteinander sprechen, besser aufeinander hören und schneller zu gemeinsamen Positionierungen bei wichtigen Themen kommen.“Lechner vermisst vor allem eine kritische Auseinandersetzung innerhalb der Vollversammlung, gerade mit Blick auf die derzeit viel diskutierten Kirchenreformen.
Kofend kündigt hier Änderungen an und darüber hinaus: „Unser Anliegen ist es, dass wir mehr in Entscheidungsprozesse in der Diözese eingebunden werden“, sagt sie. Und: „Wir wollen noch sichtbarer und noch präsenter sein.“
In der Tat waren andere oft sichtbarer – und kritischer. Wie die
„ Wir müssen noch ehrlicher miteinander sprechen“
Alexander Lechner, BDKJ-Vorsitzender
80 Mitarbeitenden und Verbände des Bistums, die im April unter dem Namen „AugsburgOhneAngst“von der Bistumsleitung einen Kulturwandel im Umgang mit queeren Kolleginnen und Kollegen einforderten. Die Initiative fand die Unterstützung von mehr als 1000 Personen. Vom Diözesanrat war wenig zu hören. Auch die 2021 im Bistum gegründete Gruppe der bundesweiten Reform-Initiative Maria 2.0 machte mit Aktionen auf sich aufmerksam – Uli Spindler schaffte es sogar in die ARD-„Tagesthemen“. Eine ihrer Forderungen: Frauen müssten Zugang zu allen Ämtern der Kirche bekommen.
Am vergangenen Freitag hat Spindler mit Gleichgesinnten im Bischofshaus einen Offenen Brief abgegeben. Anlässlich des am Montag beginnenden Ad-liminaBesuchs der deutschen Bischöfe im Vatikan mahnten sie die Umsetzung von Reformen an. Die Gleichheit von Männern und Frauen sei ein allgemeines Menschenrecht, schrieben sie. Spindler hat sich inzwischen in den Pfarrgemeinderat ihrer Pfarreiengemeinschaft wählen lassen. Eine Mitgliedschaft im Diözesanrat könne sie sich mittelfristig durchaus ebenfalls vorstellen, sagt sie – „wenn ich dann noch in der Kirche bin“.