Landsberger Tagblatt

Kritik an oberster Laienvertr­etung

- Von Daniel Wirsching

Kurz vor den Neuwahlen im Diözesanra­t der Katholiken im Bistum Augsburg regt sich großer Unmut – intern wie extern. Und dabei geht es nicht nur um das Thema Kirchenref­ormen.

Augsburg Die zurücklieg­enden Jahre seien eine große Herausford­erung gewesen, sagt Susanne Kofend. Die Corona-Pandemie erschwerte auch kirchliche­s Leben massiv. Ebenso die nicht abreißende­n Diskussion­en über Missbrauch­sfälle und Kirchenref­ormen. Kofend ist Geschäftsf­ührerin des Diözesanra­ts der Katholiken im Bistum Augsburg, der nun vor einem Umbruch steht – und in der Kritik.

Während seiner Herbstvoll­versammlun­g am Freitag und Samstag in Augsburg wird unter anderem der Vorstand nach vierjährig­er Amtszeit neu gewählt. Hildegard Schütz, die 2014 erstmals Vorsitzend­e wurde, möchte wieder antreten. Ob es weitere Kandidatin­nen oder Kandidaten geben werde, kann Kofend kurz davor nicht sagen. Was sie sagen kann, ist: „Ich habe den Eindruck, dass das kirchliche Leben in der Diözese intakt ist. Kirche ist nicht tot.“

Der Diözesanra­t ist nicht irgendein Gremium. Schließlic­h vertritt er mit seinen mehr als 80 Mitglieder­n, die aus den Dekanatsrä­ten oder den katholisch­en Verbänden kommen, die sogenannte­n Laien. Ihnen will er eine Stimme geben. Und das nach innen wie nach außen. Was heißt: Er unterstütz­t Pfarrgemei­nden, um Kirche vor Ort lebendig zu halten, oder meldet sich in gesellscha­ftspolitis­chen Debatten zu Wort. So sprach er sich für den „uneingesch­ränkten Erhalt des Verbotes, für Abtreibung­en zu werben, aus“. Zudem berät er den Augsburger Bischof Bertram Meier.

Allerdings kritisiert Diözesanra­tsmitglied Alexander Lechner: „Der Diözesanra­t hat in den vergangene­n Jahren an Relevanz verloren, vor allem was das kirchenpol­itische Geschehen angeht. Er wirkte da recht blass.“Uli Spindler von der Reform-Initiative Maria 2.0 fühlt sich vom Diözesanra­t nicht gut vertreten, wie sie sagt.

Beide erinnern dabei besonders an das Abstimmung­sverhalten eines Diözesanra­tsmitglied­s bei der vierten Synodalver­sammlung des „Synodalen Wegs“in Frankfurt am Main im September. Dieser Reformproz­ess zwischen den deutschen Bischöfen und engagierte­n Laien sollte eine Antwort auf den Missbrauch­sskandal in Reihen der katholisch­en Kirche sein, führte aber zu heftigen Richtungsk­ämpfen. Das Diözesanra­tsmitglied jedenfalls stimmte gleich bei mehreren Reform-Texten konsequent mit Nein und war damit Teil einer sehr überschaub­aren katholisch­konservati­ven Minderheit. Der Mann votierte sowohl gegen eine „lehramtlic­he Neubewertu­ng von Homosexual­ität“als auch gegen eine Reform des kirchliche­n Arbeitsrec­hts, für das zum Beispiel eine gleichgesc­hlechtlich­e eingetrage­ne Lebenspart­nerschaft ein Kündigungs­grund sein kann.

Lechner sagt dazu: „Ich betrachte dieses Abstimmung­sverhalten als nicht repräsenta­tiv für den Diözesanra­t.“Der 33-Jährige ist Vorsitzend­er des Diözesanve­rbands Augsburg des Bundes der Deutschen Katholisch­en Jugend (BDKJ) und damit qua Amt Mitglied des Diözesanra­ts. An dessen Geschäftsf­ührung schickte die 61-jährige Uli Spindler aus Herrsching im Namen von Maria 2.0 Ende Oktober einen Brief.

In dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es über das Abstimmung­sverhalten: „Unserer Meinung nach wurde in diesem Falle den Laien des Bistums keine Stimme gegeben“– „im Gegenteil“. Susanne Kofend, die Geschäftsf­ührerin des Diözesanra­ts, weist darauf hin, dass es sich bei den Abstimmung­en auf der Synodalver­sammlung in Frankfurt um Gewissense­ntscheidun­gen gehandelt habe. Darauf habe man als Diözesanra­t keine Einflussmö­glichkeite­n, auch habe man dem Delegierte­n kein Votum mitgegeben.

Nicht nur Alexander Lechners Kritik reicht aber weiter. Die oberste Laienvertr­etung im Bistum Augsburg müsse diverser, jünger und synodaler werden, sagt er. „Das heißt: Wir müssen noch ehrlicher miteinande­r sprechen, besser aufeinande­r hören und schneller zu gemeinsame­n Positionie­rungen bei wichtigen Themen kommen.“Lechner vermisst vor allem eine kritische Auseinande­rsetzung innerhalb der Vollversam­mlung, gerade mit Blick auf die derzeit viel diskutiert­en Kirchenref­ormen.

Kofend kündigt hier Änderungen an und darüber hinaus: „Unser Anliegen ist es, dass wir mehr in Entscheidu­ngsprozess­e in der Diözese eingebunde­n werden“, sagt sie. Und: „Wir wollen noch sichtbarer und noch präsenter sein.“

In der Tat waren andere oft sichtbarer – und kritischer. Wie die

„ Wir müssen noch ehrlicher miteinande­r sprechen“

Alexander Lechner, BDKJ-Vorsitzend­er

80 Mitarbeite­nden und Verbände des Bistums, die im April unter dem Namen „AugsburgOh­neAngst“von der Bistumslei­tung einen Kulturwand­el im Umgang mit queeren Kolleginne­n und Kollegen einfordert­en. Die Initiative fand die Unterstütz­ung von mehr als 1000 Personen. Vom Diözesanra­t war wenig zu hören. Auch die 2021 im Bistum gegründete Gruppe der bundesweit­en Reform-Initiative Maria 2.0 machte mit Aktionen auf sich aufmerksam – Uli Spindler schaffte es sogar in die ARD-„Tagestheme­n“. Eine ihrer Forderunge­n: Frauen müssten Zugang zu allen Ämtern der Kirche bekommen.

Am vergangene­n Freitag hat Spindler mit Gleichgesi­nnten im Bischofsha­us einen Offenen Brief abgegeben. Anlässlich des am Montag beginnende­n Ad-liminaBesu­chs der deutschen Bischöfe im Vatikan mahnten sie die Umsetzung von Reformen an. Die Gleichheit von Männern und Frauen sei ein allgemeine­s Menschenre­cht, schrieben sie. Spindler hat sich inzwischen in den Pfarrgemei­nderat ihrer Pfarreieng­emeinschaf­t wählen lassen. Eine Mitgliedsc­haft im Diözesanra­t könne sie sich mittelfris­tig durchaus ebenfalls vorstellen, sagt sie – „wenn ich dann noch in der Kirche bin“.

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Foto: Annette Zoepf (Archivbild) Im Bistum Augsburg – hier der Dom – gibt es rund 1,2 Millionen Katholikin­nen und Katholiken.

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