Wohnstifte: Augustinum gewinnt Prozess
Rechtskräftige Urteile nach dem Verkauf von elf Immobilien in den Jahren 2011 bis 2013: Bei der auch in Dießen tätigen Augustinum-Gruppe kann jetzt aufgeatmet werden. Was bedeutet das für den Markt Dießen?
Dießen Nach achtjährigen juristischen Auseinandersetzungen hat die Münchner Augustinum-Gruppe Rechtsstreite um elf Immobilien erfolgreich abgeschlossen. Darüber informiert das Unternehmen in einer Pressemitteilung. Die Immobilien waren in den Jahren 2011 bis 2013 Gegenstand von Verkäufen an Einzelgesellschaften eines norddeutschen Immobilienfonds, diese betrafen auch die Seniorenresidenz, die das Augustinum in Dießen betreibt. Finanzielle Auswirkungen dürften die Prozessausgänge wohl auf den Markt Dießen haben.
Wie nun nach den Angaben der Augustinum-Gruppe durch verschiedene für die einzelnen Standorte zuständige Zivilgerichte rechtskräftig entschieden wurde, war das Augustinum bei den Geschäften massiv getäuscht worden, weshalb wirksame Verkäufe nie zustande gekommen waren und das Eigentum an den Immobilien zu jedem Zeitpunkt dem Augustinum zustand.
Von den damals veranlassten Verkäufen und der gleichzeitigen Rückmietung der Liegenschaften versprach sich die AugustinumGruppe größeren finanziellen Handlungsspielraum. Doch dann stieß der Konzern eigenen Angaben zufolge auf Unregelmäßigkeiten, erstattete 2014 Strafanzeige und beanspruchte das unveränderte Eigentum an den Immobilien zivilrechtlich. Wie verschiedene Gerichte nun festgestellt haben, hatte der 2014 verstorbene damalige Vorsitzende des AugustinumAufsichtsrates zusammen mit dem 2014 fristlos entlassenen damaligen kaufmännischen Geschäftsführer des Augustinums und verschiedenen Personen auf der Käuferseite die übrigen Mitglieder des Aufsichtsrates und den damaligen Vorsitzenden der Geschäftsführung massiv getäuscht, unter anderem, um heimlich Zahlungen in Millionenhöhe abzuzweigen. Die Verkäufe seien dadurch von Anfang an unwirksam gewesen.
Durch rechtskräftige Urteile sei nun bestätigt worden, dass das Eigentum an den Immobilien in Aumühle bei Hamburg, Bad Neuenahr, Bonn, Braunschweig, Dießen, Dortmund, Essen, Kassel, Roth, Stuttgart und Überlingen dem Augustinum zusteht. Der Betrieb der Häuser sei seit der Entdeckung der Vorgänge 2014 zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt gewesen. Wesentliche Auswirkungen auf die Bilanz des Augustinums habe der jetzige Erfolg in der Eigentumsfrage nicht, die wesentlichen finanziellen Folgen habe das Augustinum bereits 2014 bilanziert und seither seien regelmäßig positive Jahresergebnisse im gewohnten Umfang erwirtschaftet worden.
Trotzdem sei das Unternehmen froh, dass die langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen um die Eigentumsfrage jetzt erfolgreich abgeschlossen sind. „Die Aufklärung hat in erheblichem Maß Kräfte gebunden, der erfreuliche
Bewährungsstrafe für früheren Manager
Abschluss erleichtert uns künftig, auch weitere Zukunftsvorhaben erfolgreich anzugehen“, erklärte der Vorsitzende der Augustinum-Geschäftsführung, Joachim Gengenbach. Er begrüßte die Klarheit der zivilgerichtlichen Entscheidungen zugunsten des Augustinums – „umso mehr, als uns im vergangenen Jahr die knappe strafrechtliche Bewertung der Vorgänge überrascht hat“. Das Landgericht München I hatte laut der Augustinum-Gruppe Anfang 2021 den 2014 fristlos entlassenen früheren kaufmännischen Geschäftsführer unter anderem wegen Untreue in einem besonders schweren Fall zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, die Anklage der Staatsanwaltschaft in weiten Teilen aber nicht zugelassen. Das Strafverfahren gegen drei weitere ursprünglich angeklagte Personen außerhalb des Augustinums war bereits im Vorfeld eingestellt worden.
Die Augustinum-Gruppe betreibt nach eigenen Angaben auch verschiedene zivilrechtliche Forderungen, unter anderem auf Schadenersatz gegen den Nachlass des 2014 verstorbenen früheren Aufsichtsratsvorsitzenden, den früheren kaufmännischen Geschäftsführer sowie verschiedene Personen und Institutionen auf der vermeintlichen Käuferseite.
Der Verkauf auch des Dießener Wohnstifts wurde in der Marktgemeinde offenkundig, als 2012 unerwartet viel Grunderwerbsteuer eingenommen wurde – rund 300.000 Euro mehr als die im Haushalt veranschlagten gut 200.000 Euro. Nachdem der Verkauf nun als nichtig beurteilt wurde, stellt sich die Frage, ob die Gemeinde auch ihren Anteil an der Grunderwerbsteuer (die sie sich mit dem Freistaat Bayern und dem Landkreis teilt) zurückerstatten muss. „Welche rechtlichen Konsequenzen dies für uns als Gemeinde hat, ist aktuell noch nicht zu ermessen“, hieß es auf Nachfrage aus dem Rathaus. Die Gemeinde selbst ist bei der Grunderwerbsteuer nicht selbst aktiv handelnd. Die Bescheide erstellt das zuständige Finanzamt, in diesem Fall die Finanzbehörde in Weilheim.