Alles eine Sache der Auslegung
Wer hat recht, wer nicht? Immer öfter müssen sich die Faktenchecker in den Redaktionen mit den kleinen, nennen wir es mal „Vereinfachungen“in politischen Erklärungen herumschlagen. Einen Anlass dazu lieferte diese Woche Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU). In seinem Ärger darüber, dass der Bund nicht mehr Geld für den Nahverkehr in Bayern rausrückt, hat er diese Woche das Grundgesetz bemüht. Nach Artikel 106a habe sich der Bund dazu verpflichtet, dass er die Länder mit ausreichend Finanzmitteln ausstattet, um den Schienenpersonennahverkehr anbieten zu können. Sich die Kosten zu teilen, wie Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) vorgeschlagen hatte, sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, schimpfte Bernreiter.
Ein Blick ins Grundgesetz freilich zeigt, dass er da ziemlich danebenliegt. Dort steht nur, dass den Ländern für den öffentlichen Personennahverkehr „ein Betrag“aus dem Steueraufkommen des Bundes zusteht. Sein Ministerium präzisierte zwar hinterher, dass sich Bernreiters Aussage auf weitere Rechtsvorschriften bezieht, die in ihrem Gesamtzusammenhang so auszulegen seien, dass der Bund zahlen muss. Aber: Knapp falsch ist auch falsch.
Die Sache war noch nicht geklärt, da trat Sebastian Körber, der verkehrspolitische Sprecher der FDP im Landtag, dem CSU-Minister mit Wucht entgegen. Er behauptete, dass Bernreiter zufolge der Bund gemäß Grundgesetz für die Finanzierung des ÖPNV„vollends“aufzukommen habe. Das wiederum aber hatte Bernreiter – genau genommen – gar nicht behauptet. Es hat sich im Gesamtzusammenhang nur so angehört. Die Frage, wer da recht hat und wer nicht, kann vermutlich nur höchstrichterlich entschieden werden.