„Ich trage die Mütze auch privat“
Florian Martens wurde durch seine Rolle als Kommissar Garber ein bekanntes Gesicht des deutschen Fernsehens. Dafür musste er erst die Reißleine ziehen.
Hallo Herr Martens, seit März 1994, also seit fast 30 Jahren verkörpern Sie in der ZDF-Krimireihe „Ein starkes Team“den stark berlinernden Kriminalhauptkommissar Otto Garber. Wissen Sie eigentlich, wenn Sie aufwachen, immer, ob da Garber oder Martens aus dem Bett steigt? Florian Martens: Ich bin nach wie vor ich. Die ersten 15 Jahre war Garber nur eine von vier, fünf, sechs verschiedenen Rollen, die ich damals pro Jahr gespielt habe. Im Laufe der Jahre ist das ein bisschen weniger geworden. Da war ich auch dann für die Autorenfilmer nicht mehr so interessant, weil ich ein Fernsehgesicht mit einer gewissen Prominenz wurde. Früher haben meine frühere Partnerin (Maja Maranow/d. Red.) und ich ja auch viel mit Dieter Wedel gedreht, und da wir der Arbeit mit ihm immer Priorität einräumten, haben wir oft Pausen mit dem „Starken Team“eingelegt. Heute ist Garber schon dominant, eine Figur, die auch mich am meisten prägt.
Macht das noch Spaß nach all den Jahren?
Martens: Sonst würde ich es nicht mehr machen. Allerdings haben wir uns immer sofort bemerkbar gemacht, wenn wir das Gefühl hatten, dass die Drehbücher nachlassen. Wir entscheiden ja von Film zu Film, ob wir weitermachen.
Garbers schwarze Wollmütze ist zu seinem Markenzeichen geworden. Tragen Sie privat auch solche Mützen?
Martens: Na klar. Zwar nicht durchgehend im ganzen Jahr wie der Garber. Da ich ja eine Glatze habe, würde ich im Winter aber ohne Mütze auf meinem Deoroller frieren. Mir stehen zwar auch Hüte, aber mit Hut sehe ich aus wie ein Schauspieler. Und das will ich vermeiden.
Warum soll man Sie nicht als solchen erkennen?
Martens: Bloß nicht! Ich gehe auch nie in die Maske, um mich schminken zu lassen. Auch da würde man schnell aussehen wie ein Schauspieler. Aber ich bin ja kein Tagesschau-Sprecher, sondern ein Polizist bei der Arbeit und dabei meistens im Stress. Was soll ich da mit Rouge und Puder!
Vor zwölf Jahren schon bekamen Sie für die Rolle des Otto Garber den Bayerischen Fernsehpreis. Die Jury lobte Ihre „faszinierende Intensität, geradezu selbstverständliche Glaubwürdigkeit und gleichbleibende schauspielerische Brillanz“. Woher kommt die?
Martens: Über den Bayerischen Fernsehpreis habe ich mich besonders gefreut, weil ich damit gar nicht gerechnet habe: Das ist ja eine Berliner Geschichte und ich bin ein Urberliner und dann auch noch Ostberliner – das hat ja nichts mit Bayern zu tun. Aber das war schon ein richtig schöner Tag damals, ich hatte auch meine Tochter dabei und die war noch nie in München.
Dabei wollten Sie ja beruflich nicht gleich Schauspieler werden, sondern hätten als Kind den Beruf des Jockeys vorgezogen. Schon früh hatten Sie ein Faible für Rennpferde.
Martens: Ich wollte tatsächlich Berufsreiter werden und bin auch zehn Jahre Rennpferde als Arbeitsreiter in einem Rennstall geritten. Aber ich konnte nie das Gewicht
halten. Ich bin fast 1.80 Meter groß und hatte fast 65 Kilo. Als ich dann aber aus der Armee zurückkam, wog ich fast 80 Kilo. Ich konnte zwar wieder etwas abnehmen und bin noch fünf Jahre weitergeritten, aber am Ende machte es keinen Sinn mehr.
Dann kam es ganz anders. Sie machten nämlich eine Lehre als Baumaschinist in Brandenburg und waren fünf Jahre als Bagger- und Planierraupenfahrer auf Montage – und sind mit 25 Jahren relativ spät in den Beruf eingestiegen. Wie kam es dazu?
Martens: Ich hatte ja kein Abitur. Und ich brauchte auch gar keins, weil ich ja etwas mit Pferden machen wollte. Dann habe ich mich auf allen großen Gestüten der DDR als Pferdewirt beworben, aber ich wurde überall abgelehnt, obwohl ich gut reiten konnte. Denn in Staatsbürgerkunde hatte ich die schlechtesten Noten. So hat meine Mutter etwas für mich gesucht und ich bin Baumaschinist bei der Bauunion geworden. Ich hatte eine umfangreiche Ausbildung, fuhr Bagger, Schwerlastzüge, Planierraupen
und so was. Das habe ich dann auf Montage ein paar Jahre gemacht. Wenn ich da nicht irgendwann die Reißleine gezogen hätte, wäre ich versackt.
Inwiefern?
Martens: Das hat zwar auch Spaß gemacht, aber ich war im Oderbruch stationiert und da gab es für meine Kollegen abends nach der Zwölfstundenschicht nur zwei Themen: Saufen und Weiber. Da hat man sich zugelötet und am nächsten Morgen ging es wieder auf Schicht. Ich wollte wieder zurück nach Berlin. Dahin habe ich
mich dann als Betonfahrer versetzen lassen. Dann habe ich einen Zwölf-Tonnen-Kipper aus Russland gefahren. Aber auch das ging nicht gut.
Dann hat Sie die Muse geküsst.
Martens: Ich wollte einfach nicht ein Leben lang Kipperfahrer bleiben. Weil ich aus einer Schauspielerfamilie stamme, habe ich mich einfach mal bei der Ernst-BuschSchule, der bekanntesten Schauspielschule in der DDR, beworben. Und siehe da, die haben mich auf Anhieb genommen.
In einem Interview haben Sie gesagt, Sie seien ein Freund von Fernbeziehungen, aber kein Freund des Heiratens.
Martens (lacht): Wenn ich jedes Mal geheiratet hätte, wäre ich auch schon mindestens zehnmal geschieden. Ich brauche keinen Trauschein oder einen Ring am Finger. Ich trage sowieso keinen Schmuck.
Sie selbst leben in Berlin – und in der Nähe auf dem Land, in Brandenburg am Krüpelsee. Was mögen Sie mehr? Martens: Beides. Ja älter ich werde, Letzteres. Aber das Schöne ist, ich kann den Krüpelsee aus jeder Ecke Berlins in etwa einer halben Stunde erreichen.