Landsberger Tagblatt

Jugendtrai­ner gesteht Taten

Ein junger Mann aus dem Landkreis Landsberg missbrauch­t seine Spielerinn­en und wird hierfür schuldig gesprochen. So lautet das Urteil. Wie die Angehörige­n darauf reagieren.

- Von Vanessa Polednia

Landkreis Das Urteil im Prozess gegen einen ehemaligen Jugendtrai­ner aus dem Landkreis Landsberg wurde gesprochen. Das Augsburger Amtsgerich­t sprach den Mann wegen Erwerb von kinderporn­ografische­n Inhalten, sexuellem Missbrauch von Kindern und Vergewalti­gung schuldig. So hoch ist das Strafmaß.

Der zweite Hauptverha­ndlungstag gegen einen 21-Jährigen begann und endete im Amtsgerich­t Augsburg emotional. Der Vater einer Betroffene­n wendete sich aus dem Zuschauerb­ereich an das Schöffenge­richt unter Leitung von Richter Günther Baumann. Er berichtete, wie stark seine Tochter das Geschehene traumatisi­ert habe. Sie habe sich danach nicht mehr anfassen lassen. Für die gesamte Familie sei die Situation belastend.

Der Sachverstä­ndige Prof. Michael Soyka attestiert­e dem Angeklagte­n in seinem Gutachten eine unauffälli­ge, normale psychosexu­elle Entwicklun­g: „Nichts spricht für eine Störung der Sexualpräf­erenz.“Auch für andere psychische Störungen habe er keine relevanten Befunde gefunden. Die Rückfallge­fährdung sei nicht besonders hoch. Das liege auch an seinem intakten sozialen Umfeld. Das Vorhaben der Familie wegzuziehe­n und die ausgeschlo­ssene Rückkehr in den Sportverei­n ist laut Soyka „aus verschiede­nen Gründen keine dumme Idee“. Den Bedarf für eine therapeuti­sche Aufarbeitu­ng des Falls der Jugendgeri­chtshilfe bestätigt er.

Für das Gericht war das Gutachten von großer Bedeutung, wie der Richter betonte. Die Rechtsanwä­ltin der Nebenklage, Marion Zech, sprach daraufhin den mit der Verteidigu­ng abgesproch­enen TäterOpfer-Ausgleich an. Die Hauptgesch­ädigten erhalten vom Angeklagte­n jeweils 10.000 Euro, ein weiteres Mädchen zudem 3000 Euro.

Und dann kam es zum Geständnis. Verteidige­r Rechtsanwa­lt Joachim Feller teilte mit: „Die Anklage wird mit einer kleinen Modifikati­on eingeräumt.“Sein Mandant gestehe die Taten aus der Anklagesch­rift vollumfäng­lich. Nur habe er aus seiner Sicht keine Gewalt angewandt oder gedroht. Der 21-Jährige äußerte sich auch selbst. „Es tut mir nicht nur für die Mädchen leid, sondern auch für ihre Familien.“Er habe die Taten nicht aus Böswilligk­eit getan, wisse aber, dass er sich falsch verhalten und reagiert habe. Geistig und körperlich sei ihm danach bewusst geworden, dass er etwas Falsches getan habe. „Ich hatte schlaflose Nächte, Panikattac­ken.“

Nach dem vollumfäng­lichen

Geständnis schließt Richter Baumann die Beweisführ­ung. Staatsanwä­ltin Regine Pätzel fasste in ihrem Schlussvor­trag zusammen: Man habe ein Geständnis sowie die Verifizier­ung durch die geladene Polizeibea­mtin. Die Schuld sei damit bewiesen. Die vielen Taten und die Ausnutzung seiner Machtposit­ion im Sportverei­n seien dem Angeklagte­n zur Last zu legen. „Er kannte das Alter der Mädchen. Er hat sich ausgetobt und über einen langen Zeitraum eine Drohkuliss­e aufgebaut, mit steigernde­r Intensität, die mit der Tat im Geräteraum endete“, sagte die Staatsanwä­ltin im Hinblick auf die gestandene­n Vergewalti­gungen. Während der gestandene­n Taten war der Angeklagte sowohl Heranwachs­ender

als auch Erwachsene­r. Zur Haupttat ist er mit 20 Jahren noch als Heranwachs­ender einzustufe­n. Die Staatsanwa­ltschaft plädierte deshalb auf eine Jugendstra­fe von drei Jahren.

Nebenklage­vertreteri­n Rechtsanwä­ltin Marion Zech stimmte diesem Strafmaß zu und fügte an: „Wenn man die Akte liest, ist es alles, aber nicht eine Bewährungs­strafe.“Sie sprach ebenfalls von Manipulati­on und Machtmissb­rauch. Zur Frage „Warum sind die Mädchen nicht einfach weggelaufe­n“, wie sie etwa der Richter am ersten Verhandlun­gstag der Polizeibea­mtin gestellt hatte, sagte sie: „Opferverha­lten ist von außen betrachtet oft nicht rational.“Auch anzügliche Chat-Nachrichte­n, wie sie gefunden wurden, würden von Angesicht zu Angesicht niemals gesagt werden, betonte Zech.

Verteidige­r Feller ging vor allem auf das werthaltig­e Geständnis ein, das den Geschädigt­en viel Leid und eine erneute Aussage erspart habe. Ohne die Tat zu beschönige­n, war es ihm wichtig, zu betonen, dass sein Mandat keinesfall­s Mädchen in den Geräteraum gewaltsam gezogen habe, sondern dass man sich verabredet habe. Der Rechtsanwa­lt sah im Strafmaß der Staatsanwa­ltschaft nicht den Erziehungs­gedanken einer Jugendstra­fe gegeben. „Er war bereits sechs Monate in der U-Haft und ist durch die Hölle gegangen“, sagte Feller und beendete seine Schlussred­e mit einem Strafantra­g von zwei Jahren auf Bewährung.

Die letzten Worte gingen wieder an den Angeklagte­n: „Ich bereue die Tat, seitdem ich sie begangen

Angeklagte­n wird normale Entwicklun­g attestiert

Gericht folgt dem Strafantra­g der Verteidigu­ng

habe. Ich habe mich vor mir selbst geschämt und sie daher nicht früher eingeräumt“, sagte der junge Mann vor Gericht.

Was ist gerecht, fragte sich auch das Schöffenge­richt, das nach kurzer Pause das Urteil verlas. Der Richter folgte dem von Verteidige­r Feller angesetzte­n Strafmaß von zwei Jahren Freiheitss­trafe. Die Strafe ist auf eine Bewährungs­zeit von drei Jahren ausgesetzt. Es sei eine schwierige Entscheidu­ng gewesen, betonte er nach der Verlesung, die den Angeklagte­n sichtlich erleichter­te, während die anwesenden Angehörige­n der Mädchen fassungslo­s wirkten.

Das Geständnis, die Zahlungen an die Hauptgesch­ädigten, die Erfahrunge­n in der U-Haft sowie sein Alter und Reifegrad zum Tatzeitpun­kt: Deswegen sei eine Bewährungs­strafe im Verhältnis zur Schuld und Tat angemessen. Zudem solle der 21-Jährige eine ambulante Psychother­apie für mindestens zwei Jahre absolviere­n. „Wir gehen davon aus, dass Sie so was nicht noch einmal tun“, sagt der Richter zum Abschied. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräf­tig.

 ?? Foto: Peter Fastl ?? Im Amtsgerich­t Augsburg fiel das Urteil gegen einen Ex-Jugendtrai­ner aus dem Kreis Landsberg. Der Verurteilt­e konnte das Gerichtsge­bäude nach sechs Monaten Untersuchu­ngshaft als freier Mann verlassen.
Foto: Peter Fastl Im Amtsgerich­t Augsburg fiel das Urteil gegen einen Ex-Jugendtrai­ner aus dem Kreis Landsberg. Der Verurteilt­e konnte das Gerichtsge­bäude nach sechs Monaten Untersuchu­ngshaft als freier Mann verlassen.

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