„Schalke macht was mit dir“
Vor dem Heimspiel gegen den FC Bayern spricht Schalke-Teammanager Gerald Asamoah über die Abstiegssorgen seines Klubs, die Duelle mit dem Rekordmeister und darüber, warum sein Wechsel nach München scheiterte.
Herr Asamoah, bei den Spielern, aber auch bei den Fans war eine große Erleichterung nach dem Heimsieg am Mittwoch gegen Mainz zu spüren.
Gerald Asamoah: Absolut. Wenn du so lange auf einen Sieg wartest, ist die Freude umso größer. Es war eine super Stimmung – während des Spiels und auch danach. Viele Fans sind nach dem Schlusspfiff noch lange im Stadion geblieben und haben die drei Punkte gefeiert.
Es war in 14 Spielen erst der zweite Sieg. Viele zweifeln an der Erstligatauglichkeit der aktuellen Schalker Mannschaft.
Asamoah: Wir haben gegen Mainz gezeigt, dass wir es können. Die Mannschaft hat auch schon gegen Bremen gut gespielt, aber trotzdem verloren. Uns ist klar, dass wir als FC Schalke 04 noch immer ein Verein mit einem großen Namen sind und daher viele Außenstehende eine andere Erwartung haben. Aber uns allen im Verein war von Anfang an klar, dass es nach dem Aufstieg schwierig wird. Wir wissen, wo wir herkommen und werden alles dafür tun, dass es am Ende für den Klassenerhalt reicht.
Haben Sie sich mit einem erneuten Abstieg schon mal beschäftigt?
Asamoah: Natürlich sind wir als Verein auf alle Szenarien vorbereitet. Es sind jetzt aber noch 20 Spiele zu absolvieren, es wäre fatal, bereits jetzt zu viel an einen möglichen Abstieg zu denken. Generell bin ich ein Mensch, der immer positiv denkt.
Auch wenn es am Samstag gegen FC Bayern geht? Die Münchner haben zu alter Stärke gefunden und schießen an einem guten Tag wieder den Gegner aus dem Stadion. Macht Ihnen das nicht Angst?
Asamoah: Wenn du im Fußball Angst hast, brauchst du erst gar nicht antreten. Es ist immer etwas Besonderes, gegen den FC Bayern zu spielen. Durch den Abstieg mussten wir jetzt eine Saison lang darauf warten. Wir alle im Trainerund Staff-Team wollen dafür sorgen, dass die Spieler es wieder genießen können, gegen Bayern anzutreten.
Man hat den Eindruck, dass der Abstieg die Verantwortlichen im Klub, aber auch die Fans etwas demütiger hat werden lassen …
Asamoah: Demütiger – ja, das trifft es ganz gut. Wir sind in der großen Schalker Familie auch noch enger zusammengerückt und wissen, dass wir nur als Einheit das Ziel Klassenerhalt erreichen werden. Ich finde es beeindruckend, wie die Fans im Stadion die Mannschaft auch mal nach einer Niederlage feiern und ihr damit Mut fürs nächste Spiel machen.
Es gab Zeiten, da begegneten sich Schalke 04 und der FC Bayern auf Augenhöhe. Sie waren dabei. Welche Duelle sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Asamoah: 2001 haben wir beide Spiele gegen Bayern gewonnen, das Rückspiel in München mit 3:1. Ebbe Sand hat alle drei Tore gemacht. Das war gegen Ende der Saison. Wir fuhren nach München und wussten, dass wir gewinnen mussten, um an den Bayern dranzubleiben. Das ist uns ja dann auch gelungen. Am Ende holten sich trotzdem die Bayern den Meistertitel – am letzten Spieltag in der Nachspielzeit. Jeder kennt die Geschichte, die uns zum sogenannten Meister der Herzen machte …
Sie sind eine Schalker Kult- und Identifikationsfigur. Dabei stand 2005 ein Wechsel vom FC Schalke 04 zum FC Bayern München im Raum – kaum zu glauben.
Asamoah: Es gab tatsächlich eine Anfrage. Als Spieler fühlt man sich da natürlich schon geschmeichelt, wenn ein Verein wie der FC Bayern München sich für dich interessiert.
Letztlich haben Sie sich aber selbst um die Chance gebracht – mit einer Gesangseinlage nach dem verlorenen DFB-Finale gegen den FC Bayern vor laufender TVKamera. Ihre Yellow-SubmarineVersion „Schiebt den Bayern die Schale in den Arsch“fanden die Bayern-Verantwortlichen gar nicht lustig …
Asamoah: Das kann man so sagen. Uli Hoeneß hat anschließend meinen Berater kontaktiert und in etwas deutlicheren Worten gefragt, was da denn bitte los war …
Der Wechsel kam daraufhin nicht zustande. Haben Sie das Ganze jemals bereut?
Asamoah: Man macht sich schon mal Gedanken, wie die Karriere sonst verlaufen wäre. Aber es ist alles gut so, wie es sich entwickelt hat. Es heißt ja, alles was geschieht, hat einen Grund. Ich bin letztlich sehr froh, dass ich bei Schalke geblieben bin. Hier gehöre ich hin. Schalke ist wie eine Familie. Sie hält immer zu dir. Das habe ich sofort zu spüren bekommen, als ich von Hannover zu Schalke wechselte. Ich hatte vom ersten Tag an das Gefühl, dass ich dazugehöre, dass man mich hier so akzeptiert, wie ich bin, auch mit meinen Schwächen. Schalke macht was mit dir.
Wie erklären Sie sich Ihre große Popularität bei den Schalke-Anhängern?
Asamoah: (lacht) Das müssten Sie eigentlich andere fragen. Ich sage mal so: Die Fans sind nicht dumm. Sie merken, wer ehrlich ist. Ich habe immer alles für den Verein gegeben. Und das wird von den Fans honoriert.
Es wird so viel vom Bayern-Gen als Sinnbild für die Siegermentalität gesprochen. Gibt es auch ein Schalke-Gen? Und wenn ja, für was steht es?
Asamoah: Für die Einheit als Familie – egal wo du bist, du fühlst dich immer als Teil der SchalkeFamilie.
Zur Person
Gerald Asamoah arbeitet seit März 2019 als Teammanager beim Bundesligisten FC Schalke 04. Geboren in Ghana, kam der heute 44-Jährige mit zwölf Jahren nach Deutschland. Zwischen 1999 und 2011 absolvierte der Stürmer 279 Bundesliga-Spiele für Schalke. In der deutschen Nationalmannschaft kam er in 43 Partien zum Einsatz und erzielte sechs Tore. Asamoah lebt mit seiner Frau und den drei Kindern in Ratingen.