Volkstrauertag: Chronist erforscht Schicksal von Denklinger Kriegsopfern
Denklinger Ortschronist erforscht die Geschichte von Kriegsopfer Anna Megele. Die Biografie nutzt der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge für die Erinnerungsarbeit.
Denklingen Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge erhält und betreut Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Kriegsgräberstätten) im In- und Ausland, hilft Angehörigen bei der Gräbersuche und entwickelt die Kriegsgräberstätten weiter, als Mahnmale für den Frieden und zu Lernorten der Geschichte für heutige und kommende Generationen. Für die Erinnerungsarbeit gibt es dort ein eigenes Referat für Schul- und Bildungsarbeit. Am eindrucksvollsten ist dabei die Auseinandersetzung mit konkreten Einzelschicksalen, die hinter jedem Grab stehen. Deshalb ist für das zuständige Referat von Interesse, mithilfe von Angehörigen und Ortshistorikern Einzelbiografien über die Opfer erstellen zu können. So kann seit Kurzem auch über das Schicksal der ehemaligen Luftnachrichtenhelferin Anna Megele aus Denklingen detailliert berichtet werden, die auf der Kriegsgräberstätte am
Neuen Waldfriedhof München, unweit des Klinikums Großhadern, bestattet ist.
Aufgearbeitet hat es der Denklinger Ortschronist Paul Jörg, auf dessen Beitrag wiederum der Bildungsreferent des Volksbunds aufmerksam wurde. Nach dessen Kontaktaufnahme konnte mit den Angehörigen anhand des Familienarchives eine Biografie der Verstorbenen mit einigen Zeitdokumenten erstellt werden, die den Besuchergruppen nun von ihrem kurzen Leben mit tragischem Ende erzählt und ein Zeitzeugnis der Kriegsgeneration ist.
Anna Megele wurde am 14. Januar 1926 in Denklingen geboren. Ihre Eltern waren Georg und Agatha Megele. Diese betrieben eine Landwirtschaft im Anwesen Nr. 36 mit dem Hausnamen „Bischof“. Sie wuchs mit zwölf weiteren Geschwistern auf. Von diesen starben bereits drei im Kindsbett beziehungsweise im Säuglingsalter. Sie durchlief ihre Jugendzeit, wie es für ihren Jahrgang im Dritten Reich typisch war. Sie war Mitglied bei den Jungmädels und später beim Bund Deutscher Mädchen. Sie unterstützte ihre Geschwister im Haushalt und in der Landwirtschaft, nachdem ihre Eltern (Mutter im Jahre 1935, Vater im Jahre 1941) früh starben.
Ihre ältere Schwester Agathe führte den Hof mit Unterstützung ihrer Geschwister und der Verwandtschaft weiter. Sie heiratete Georg Kirchbichler. Deren Nachkommen, Günther und Erich Kirchbichler, sind mit ihren Familien heute auf dem Anwesen ansässig. Zwei von Annas Brüdern, Georg und Max, sind im Zweiten
Weltkrieg in den Jahren 1941 beziehungsweise 1943 gefallen. Ihre Schwester Gisela starb 1944. Mit der Einführung des Pflichtjahres am 15. Februar 1938 für alle Mädchen und ledigen Frauen unter 25 Jahren musste eine einjährige Tätigkeit im Haushaltsdienst, der Soldatenbetreuung, in der Erntehilfe, im Luftschutz oder im Nachrichtenwesen geleistet werden. Am Ende des Zweiten Weltkriegs kommen die „Pflichtjahrsmädel“noch selbst zum Kriegseinsatz: Im Dienst des „Endsiegs“werden sie als Flakhelferinnen zur Scheinwerferbedienung oder am Horchgerät eingesetzt.
Zur Jahreswende 1944/1945 wurde Anna Megele mit vier weiteren Mädchen ihres Jahrgangs als Wehrmachtshelferin dienstverpflichtet. Sie wurde als Luftnachrichtenhelferin ausgebildet und in einer Flakstellung (am Horchgerät) in der Nähe von München eingesetzt. Bei einem Einsatz am 9.
April 1945 wurde die Stellung überraschend von Tieffliegern angegriffen. Beim fluchtartigen Verlassen ihres Platzes und eine schutzbietende Deckung suchend, nahm der Geschützführer sie am langen Arm mit. Dabei kam dieser ins Straucheln, fiel hin und sie stürzte über ihn. In diesem Moment wurde sie von der Geschossgarbe eines Tieffliegers getroffen, die für sie tödlich war. Ihrem Vorgesetzten hat sie dabei das Leben gerettet.
Am Volkstrauertag, der ein staatlicher Gedenktag ist und immer zwei Sonntage vor dem ersten Advent begangen wird, wird an die Opfer von Krieg und Gewalt erinnert. Eine lange Tradition haben um diese Zeit am Lechrain und im Ammerseegebiet auch die Jahrtage der Veteranenvereine, die an die Opfer und deren Schicksale erinnern, die die beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert gefordert haben – Anna Megele ist eines davon. (AZ)
Im Zweiten Weltkrieg von Tieffliegern überrascht