Gruppe A König Louis und das unbekannte Problem
Um weit zu kommen, fehlt es den Holländern an Stars. Das kann der Senegal nicht über sein Team sagen.
Vieles ist anders in Katar, doch eines bleibt gleich: Auf der Gruppe A liegt ein besonderer Fokus, wenn der Startschuss am 20. November ertönt. Sie ist die Gruppe des Gastgebers.
Katar
Dem Gastgeber steht das Eröffnungsspiel einer WM traditionell zu. Deutsche Fußballfans erinnern sich dabei wohl noch an das spektakuläre 4:2 gegen Costa Rica, das erste Kapitel des Sommermärchens 2006. 16 Jahre (und klimabedingt ein paar Monate) später wird das Flair futuristisch und doch traditionell katarisch. Das Eröffnungsspiel wird nicht in der Hauptstadt Doha, sondern im Al-Bayt Stadion in der Stadt Al Khor stattfinden. Das Stadion wird von einer riesigen Zeltstruktur geprägt. Ein Tribut an die Nomaden, welche bis vor gar nicht ganz so langer Zeit Katar bevölkerten. Ob die Gastgeber auch sportlich erfolgreich sein werden, ist zweifelhaft. Die Katarer stellen den Underdog der WM 2022 dar und sind wohl ein noch größerer Außenseiter, als es 2010 Gastgeber Südafrika war. Es ist die erste WM-Teilnahme für Katar, welches im internationalen Fußball ein völlig unbeschriebenes Blatt ist. Allerdings hat sich die katarische Nationalmannschaft akribisch auf die Heim-WM vorbereitet. Seit 2017 wird sie von dem Spanier Félix Sánchez trainiert. Das Team ist eingespielt, alle Nationalspieler stehen bei verschiedenen Klubs in Katar unter Vertrag. Einen echten Star hat das Team genauso wenig wie Erfahrung auf der großen Fußball-Bühne. Das einzige Ausrufezeichen: Der überraschende Sieg bei der Asienmeisterschaft 2019. Ein Weiterkommen wäre eine Überraschung. Mit einer Niederlage im Eröffnungsspiel wären die katarischen Träume von der K. o.Runde trotz machbarer Gruppe schon fast ausgeträumt.
Niederlande
Es ist bekanntlich nicht selbstverständlich. Ja, Holland fährt zur WM. Ein beliebter WM-Song fällt in diesem Winter also flach, ein Fußball-Klassiker zwischen Deutschland und der Niederlande ist möglich. Zu den absoluten Top-Favoriten gehört Oranje in diesem Jahr nicht, was Parallelen zum DFB-Team offenbart. Mit dem erfahrenen Bondscoach Louis van Gaal, der die niederländische Nationalmannschaft bereits zum dritten Mal betreut, und einer guten Mischung mit vielen jungen Talenten in der Mannschaft aber durchaus zum erweiterten Favoritenkreis. Das größte Problem ist eines, was die Niederlande, die für ihren spektakulären Spielstil bekannt ist, nicht häufig hatte: In der Offensive fehlt ein echter Starspieler. In der Defensive hat Oranje dafür eine ganze Menge zu bieten. Abwehrchef Virgil van Dijk und Bayerns Matthijs de Ligt könnten eines der besten Innenverteidiger-Duos des Turniers darstellen.
Senegal
Der Senegal hat Oranje etwas voraus, mit Sadio Mané haben die Afrikaner nämlich einen Stürmerstar in ihren Reihen. Der Torjäger des FC Bayern war auch ein Garant für den Triumph beim Afrika Cup im Februar, seit dem die Senegalesen als derzeit beste afrikanische Mannschaft einzustufen sind. Doch da sind wir auch schon beim großen Problem: Mané verletzte sich kurz vor der Weltmeisterschaft bei der Partie des FC Bayern gegen Werder Bremen. Mit einer Sehnenverletzung wird er mehrere Wochen ausfallen – und die WM in Katar kommt zu früh. Ein tragisches Szenario für den Senegal. Die Löwen der Teranga nehmen zum dritten Mal an einer Weltmeisterschaft teil, vor vier Jahren scheiterten sie in Russland in der Gruppenphase. In Katar dürften sie eigentlich eine realistische Chance auf das Erreichen des Achtelfinals haben. Ohne Mané stellt das Team aber eine Wundertüte dar.
Ecuador
In Quito trägt die ecuadorianische Nationalmannschaft ihre Heimspiele in einer Höhe von über 3000 Metern aus. Bei der WM wird sie, weit weg von Ecuadors Hauptstadt, in einem der tiefstgelegenen Ländern der Erde spielen. Die Spielorte liegen kaum über dem Meeresspiegel. Die Ecuadorianer treten nicht nur deswegen als krasser Außenseiter an – sind aber kein Exot mehr. Die Nation war auch 2002, 2006 und 2014 für die WM qualifiziert. In Katar wird La Tri (die Dreifarbigen) mit dem Eröffnungsspiel eine besondere Ehre zu Teil. Wenn dieses gewonnen werden kann, ist für die Mannschaft von Trainer Gustavo Alfaro sogar das zweite Achtelfinale nach 2006 drin.