Landsberger Tagblatt

Landsberg will keine Kastration­spflicht für Freigänger-Katzen

Im Kreis Landsberg stimmen Kommunen nach und nach über die Teilnahme an einer Katzenschu­tzverordnu­ng ab. Eins ist schon klar: Ein einheitlic­hes Ergebnis wird es nicht geben.

- Von Vanessa Polednia und Dominik Stenzel

Die Debatte um eine Katzenschu­tzverordnu­ng nimmt Fahrt auf. Seit geraumer Zeit versuchen Tierschutz­vereine und Betroffene, auf das Leiden verwildert­er Hauskatzen aufmerksam zu machen. Die Lösung des Problems ist für sie die Kastration aller frei laufenden Katzen. Der Bau- und Umweltauss­chuss des Landsberge­r Stadtrats und der Eglinger Gemeindera­t entscheide­n unterschie­dlich.

Eine sogenannte Katzenschu­tzverordnu­ng, kurz KSV, wie sie in anderen Bundesländ­ern bereits seit vielen Jahren praktizier­t wird, soll dazu beitragen, dass das Leiden und die Überpopula­tion von wild lebenden Katzen verringert wird. Andrea Mittermeir und ihre Mitstreite­rinnen vom Verein „Tierfreund­e Brucker Land“aus Maisach betreuen auch im Landkreis Landsberg die Streuner, die unter der Vernachläs­sigung leiden. Dafür fangen sie die Katzen an bekannten Hotspots wie Scheunen ein und lassen sie beim Tierarzt kastrieren, um eine weitere unkontroll­ierte Vermehrung zu vermeiden. Umso mehr wünschen sich Tierschutz­vereine eine ganzheitli­che Verordnung wie sie seit Februar nun auch in Bayern, genauer in Langen (Berchtesga­dener Land) gilt: Alle Freigänger-Katzen in der Gemeinde müssen kastriert, registrier­t und gekennzeic­hnet werden.

Auf Anfrage unserer Redaktion hieß es aus dem Landratsam­t im Januar, dass der Landrat dem Erlass einer Katzenschu­tzverordnu­ng grundsätzl­ich aufgeschlo­ssen gegenübers­tehe. Doch zumindest bis zum Frühjahr oder Sommer 2023 wollte man damals abwarten, welche Erkenntnis­se im Berchtesga­dener Land gesammelt würden. Ganz so lange sollte es nicht dauern: Ende April erhielten alle Gemeinden im Landkreis einen Entwurf, der im Prinzip der Mustervero­rdnung des Ministeriu­ms entspreche, teilt Landratsam­tssprecher Wolfgang Müller mit.

Bis 1. Juli soll dann eine Katzenschu­tzverordnu­ng für den Landkreis erlassen werden. „Die Gemeinden wurden gebeten, bis Ende Mai mitzuteile­n, ob sie von der Möglichkei­t eine Katzenschu­tzverordnu­ng auf dem Gemeindege­biet zu erlassen, Gebrauch machen möchten“, sagt

Müller. Denn ein entspreche­nder Erlass könne nur in Abstimmung mit der Gemeinde erfolgen, da die Gemeinden anschließe­nd auch für den Vollzug zuständig wären.

Und so findet sich nun in den Tagesordnu­ngen der Gemeindera­tssitzunge­n im Kreis Landsberg dieser Punkt. So auch in Egling. Dort hielt Cordula Driendl aus dem Weiler Ortsteil Beuerbach einen Vortrag zur KSV. Driendl ist im Vorstand des Kissinger Tierschutz­vereins „Katzen ohne Heimat“und konnte den Gemeindera­t knapp überzeugen. Der Verein will sich demnach bei einer Umsetzung der Verordnung in der Gemeinde Egling unter anderem darum kümmern zu klären, wer die Katzenhalt­er ausfindig macht und wer das Chippen und die Kastration bezahlt. Mit 8:6 Stimmen beschloss daher der Gemeindera­t, die Katzenschu­tzverordnu­ng des Landkreise­s Landsberg im gesamten Gemeindege­biet anzuwenden.

Ganz anders sah das Ergebnis im Bau- und Umweltauss­chuss des Landsberge­r Stadtrats aus. Andrea Mittermeir und Andrea Wagner von den Tierfreund­en Brucker Land waren zur Sitzung gekommen, jedoch nur als Zuschaueri­nnen. „Wir haben nur kurzfristi­g davon erfahren“, sagt Mittermeir, die gerne zum Thema im Landsberge­r Stadtrat gesprochen hätte. Für sie war die Darstellun­g des Themas zu einseitig. Denn aus Sicht der Verwaltung war eine Aufnahme der Stadt, oder Teile des Stadtgebie­tes in die KSV nicht zu empfehlen.

Zu umfangreic­h seien unter anderem die Vorermittl­ungen, ob im Stadtgebie­t eine besonders hohe Anzahl von frei lebenden Katzen vorhanden sei und an diesen erhebliche­n Schmerzen, Leiden oder Schäden festgestel­lt werden könnten. Eine Regelung zu schaffen sei das eine, sie dann umzusetzen aber eine ganz andere Nummer, sagte Ernst Müller, Leiter des Ordnungsam­ts. „Ohne Voruntersu­chungen zu treffen, ist es nicht möglich, die entspreche­nden Gebiete ans Landratsam­t zu melden.“In ländlich strukturie­rten Gemeinden, wo die Situation – anders als im großen Stadtgebie­t – in der Fläche sehr einheitlic­h sein könne, sei das etwas anderes.

Die meisten Mitglieder des Bauausschu­sses überzeugte­n die Argumentat­ionslinie der Stadtverwa­ltung. Jennifer Lübcke (Grüne) war jedoch anderer Auffassung. Aus Gesprächen mit Vertreteri­nnen von Tierschutz­organisati­onen habe sie erfahren, dass es auf jeden Fall einen Handlungsb­edarf gebe. „Wir sollten uns näher mit der Thematik beschäftig­en, um entscheide­n zu können“, sagte Lübcke. Sie stellte den Antrag Cordula Driendl für einen Vortrag in das Gremium einzuladen. Driendl sei seit Jahren auch im Stadtgebie­t tätig. Der Antrag wurde letztlich abgelehnt (10:3 Stimmen). In einer zweiten Abstimmung sprach sich nur Lübcke für die Katzenschu­tzverordnu­ng aus.

Andrea Mittermeir zeigt sich nach der Sitzung enttäuscht. Das Problem mag auf dem Land schwerer wiegen, doch „Katzen machen keinen Stopp vor dem nächsten Ortsschild“, so Mittermeir, weshalb sie für eine landkreisw­eite Umsetzung der Verordnung ist. „Die Hotspots ziehen weiter und es geht von vorn los“, ist sie sich sicher. Die Tierschütz­erinnen leisteten ihre Arbeit seit Jahren rein ehrenamtli­ch und wüssten von den Mangelersc­heinungen und dem psychische­n Stress der verwildert­en Katzen. Den positiven Ausgang in Egling bezeichnen die Tierschütz­erinnen dagegen als Durchbruch. Sie hoffen auf weitere Gemeinden im Kreis Landsberg, die es den Eglingern gleichtun.

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Foto: Thorsten Jordan (Archiv) Schon kastriert oder noch am Vermehren? Verwildert­e Katzen, aber auch ihre Artgenosse­n mit Besitzern und Freigang sollten laut Katzenschu­tzverordnu­ng kastriert werden.

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