Landsberger Tagblatt

Seit fünf Jahren gibt es in Dießen eine Klinik für seelisch Kranke

Die Psychosoma­tische Klinik Kloster Dießen feiert im Mai ihr fünfjährig­es Bestehen. Was sich seit der Eröffnung am 15. Mai 2018 getan hat.

- Von Dagmar Kübler

Die Psychosoma­tische Klinik Kloster Dießen steht an einem von der Natur gesegneten Ort, eingebette­t in Wiesen, auf denen Schafe grasen und Obstbäume in voller Blüte stehen. Durch das nahe Wäldchen plätschert ein Bach, am Bienenkast­en am Waldrand summt es eifrig, und der Blick über den Ammersee auf den gegenüberl­iegenden Höhenrücke­n und in die Alpen ist einfach unschlagba­r. Einst standen sich hier das Kloster Andechs im Osten und das Kloster St. Vinzenz mit dem angrenzend­en Marienmüns­ter in Dießen gegenüber.

Zwar wirken in Dießen heute Ärzte, Psychologe­n und Therapeuti­nnen, der Geist ist jedoch geblieben. Noch immer atmen die Wände Spirituali­tät, und spricht man mit Chefarzt Professor Dr. Bert te Wildt oder erlebt ein Symposium, wie kürzlich das Jubiläumss­ymposium zum fünfjährig­en Bestehen der Klinik (Bericht folgt), dann spürt man diesen Spirit auch bei den Mitarbeite­nden. Die Kraft des Ortes mit seiner überschäum­enden Natur scheint sich auf die übertragen zu haben, die hier angetreten sind, um Menschen mit psychische­n Problemen auf dem Weg zu einem gesunden Leben zu begleiten. Die Klinik deckt das gesamte Fachgebiet der Psychosoma­tik für erwachsene Patienten ab. Hierzu gehören Depression­en, Angsterkra­nkungen und Traumafolg­estörungen, aber auch die psychosoma­tische Behandlung nach einer Covid-Infektion. Schwerpunk­te bei der Behandlung liegen bei den Essstörung­en, der Internetun­d Computersp­ielsucht sowie bei Burn-out. Das letzte Angebot, das noch ausgebaut werden soll, ist die Therapie von Patienten mit Burn-on.

Zu diesem noch unbekannte­n Leiden, einer Erschöpfun­gsdepressi­on,

hat Bert te Wildt zusammen mit dem leitenden Psychologe­n an der Klinik, Timo Schiele, 2021 das Buch „Burn-on. Immer kurz vor dem Burn-out“herausgege­ben.

Als weiteres Fachgebiet hat die Klinik „Ärzte- und Therapeute­ngesundhei­t“eingericht­et, denn auch diese Berufsgrup­pe, der es schwerfäll­t, sich Hilfe zu holen und lieber Verantwort­ung für ihre Patienten übernimmt, ist anfällig für Burnout, Depression­en und Angsterkra­nkungen. Das Selbstvers­tändnis sei jedoch im Wandel, die Warteliste auf einen Therapiepl­atz inzwischen lang, so Bert te Wildt. Neu eingericht­et nach der Coronapand­emie wurde unter Leitung von Oberärztin Ursula Sauter Brüggemann, selbst kulturaffi­n, der Fachbereic­h für psychosoma­tisch erkrankte Kunst- und Kulturscha­ffende.

Die Mischung der Patienten mit unterschie­dlichen Krankheits­bildern bilde das Leben ab und habe therapeuti­sche Effekte, sagt Bert te Wildt. „Von Anfang an gehörten bei uns auch die tiergestüt­zte sowie die naturgestü­tzte Therapie mit dazu.“

Die reflexive Gartenther­apie findet im Garten mit Hochbeeten im Osten der Klinik statt, mit Blick auf die Schafe, die, zusammen mit Pferden, Eseln und sogar Bienen, als Co-Therapeute­n im Einsatz sind – wie auch die Pflegekräf­te. „Wir machen Natur und Kultur erlebbar und binden sie in die Therapie mit ein“, verweist Bert te Wildt auch auf die zahlreiche­n Kulturange­bote, die die Klinik mittlerwei­le etabliert hat.

Startete die Klinik im Mai 2018 als Privatklin­ik, steht sie seit Januar 2020 allen Patienten offen – just in dem Jahr, als aufgrund der Coronapand­emie eine sechswöchi­ge Schließung von der Regierung verhängt wurde, Patienten entlassen wurden und man sich darauf einstellte, das Haus als Ausweichst­ätte für an Corona Erkrankte zur Verfügung stellen zu müssen. „Es war schlimm, die Patienten mitten im Behandlung­sprozess nach Hause schicken zu müssen. Aber wir haben online Kontakt gehalten und viele danach wieder aufgenomme­n“, blickt der Chefarzt zurück. Corona und der Fachkräfte­mangel haben auch dazu beigetrage­n, den Aufbau der Klinik zu verzögern.

„Auch fielen viele unserer Arbeitskrä­fte aus, und die, die noch da waren, mussten bis zur Erschöpfun­g arbeiten“, so der Chefarzt. Auch die momentanen Zeiten sind aufgrund der gestiegene­n Kosten für Energie, Lebensmitt­el und Material finanziell nicht einfach. Positiv ist jedoch, dass sich die Konzession für Therapiepl­ätze für gesetzlich Versichert­e auf nunmehr 56 Plätze erhöht hat. 2020 betrug sie noch weniger als die Hälfte.

Über rund 92 Betten verfügt die Klinik. Inzwischen hat sich ihre Kompetenz herumgespr­ochen, der Einzugsber­eich für gesetzlich versichert­e Patienten wurde bei manchen Krankheits­bildern auf Südbayern und Schwaben beschränkt, trotzdem bestehen teils lange Wartezeite­n.

Von Essstörung­en bis Computersp­ielsucht

 ?? Fotos: Thorsten Jordan ?? Seit fünf Jahren gibt es sie schon, die Psychosoma­tische Klinik in Dießen im ehemaligen Kloster. Hier ein Blick in den Innenhof.
Fotos: Thorsten Jordan Seit fünf Jahren gibt es sie schon, die Psychosoma­tische Klinik in Dießen im ehemaligen Kloster. Hier ein Blick in den Innenhof.
 ?? ?? Prof. Dr. Bert Theodor te Wildt ist der Leiter der Psychosoma­tischen Klinik in Dießen.
Prof. Dr. Bert Theodor te Wildt ist der Leiter der Psychosoma­tischen Klinik in Dießen.

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