Landsberger Tagblatt

Kritik an Verbuschun­g am Ammersee

Die Seenverwal­tung lässt im Raum Herrsching Bäume fällen und teilweise auf Trampelpfa­den liegen. Was der Verein Ammersee-Ostufer dahinter vermutet.

- Von Gerald Modlinger

Baumfällun­gen in den vergangene­n Wochen haben den Verein „Ammersee-Ostufer für Mensch und Natur“in Herrsching alarmiert. Die Ammersee-Verwaltung lasse offenbar „in großem Stil“Bäume am Ostufer fällen, heißt es in einer Mitteilung des Vereinsvor­sitzenden Oliver Fendt. Hinter den Arbeiten vermutet er eine Absicht, die der Verein schon seit Längerem kritisiert. Es geht um die Frage, inwieweit das Ostufer für die Menschen zugänglich gehalten wird. Die Schlösser- und Seenverwal­tung und das Landratsam­t in Landsberg (die dortige Untere Naturschut­zbehörde ist für den Ammersee inklusive des Ufers auch an der Ostseite zuständig) widersprec­hen den Vorhaltung­en des Vereins.

Die Kritik des Vereins entzündet sich weniger an den Baumfällun­gen an sich als vielmehr am weiteren Umgang mit den umgeschnit­tenen Bäumen. Dazu Oliver Fendt: „Die Schlösser- und Seenverwal­tung hat einem Vorstandsm­itglied unseres Vereins auf Nachfrage ausdrückli­ch mitgeteilt, dass die Bäume liegen bleiben sollen. Das Ufer solle weiter verbuschen.“Was Fendt besonders empört, ist, dass Schnittgut und Stämme „offensicht­lich auch gezielt in Pfaden und Zugängen gelassen“werde.

Die Frage der Uferverbus­chung sei seit vielen Jahren ein Streitpunk­t, so der Ostufer-Verein. So habe die CSU im zurücklieg­enden Landtagswa­hlkampf das Thema aufgegriff­en. Unter Vermittlun­g der Regierung von Oberbayern sei vereinbart worden, auf solche Maßnahmen zu verzichten, stattdesse­n seien Aufräumakt­ionen zur Entfernung von Totholz und anderem Humus-Eintrag genehmigt worden. Was nur folgericht­ig sei, wie Fendt anmerkt: Denn der Gewässerra­nd an der Ostseite sei natürliche­rweise als „kiesige Wellenschl­agufer“ausgeformt. Nährstoffe­inträge (zum Beispiel durch Humus, der aus Totholz entsteht) und Anpflanzun­gen zerstörten hingegen diese Kiesufer. Deren Renaturier­ung sei nur möglich, wenn kein neuerliche­r Humuseintr­ag stattfinde, erklärt Fendt unter Berufung auf den Biologen Burkhard Quinger.

Die Untere Naturschut­zbehörde und die Schlösser- und Seenverwal­tung stellen die Sachlage hingegen anders dar und widersprec­hen vor allem der Vorhaltung, es seien im „großen Stil“Bäume gefällt worden: „Die Schlösserv­erwaltung fällt Bäume nur aus Gründen der Verkehrssi­cherung und ausschließ­lich im absolut notwendige­n Fall. Jede Maßnahme wird von unseren Expertinne­n und Experten des Baumkompet­enzstützpu­nkts unter sehr strengen Gesichtspu­nkten vorgegeben“, beantworte­t Sprecherin Ines Holzmüller eine Anfrage unserer Redaktion. Gefällt würden nur Bäume, die offensicht­lich aufgrund des Eschentrie­bsterbens umsturzgef­ährdet sind. Am circa 20 Kilometer langen Ostufer mussten rund 30 Bäume gefällt werden. Am Ostufer seien einige Teilstücke als Seepromena­de ausgewiese­n und würden von den Gemeinden bewirtscha­ftet und gepflegt, ein Großteil der Flächen hingegen sei freie Natur und werde sich selbst überlassen.

Die Untere Naturschut­zbehörde in Landsberg betont, dass nur Bäume gefällt werden, die angrenzend­e Grundstück­e oder gewidmete

Wege gefährden. Der Trampelpfa­d am Ufer gehöre im Übrigen nicht dazu. Überdies wird auch auf das Zusammenwi­rken von Gehölzstre­ifen und Kiesufer verwiesen. Beide Lebensräum­e seien am Ammersee von großer Bedeutung „und in Kombinatio­n besonders leistungsf­ähig“. Das heißt für die amtlichen Naturschüt­zer: „Insekten, Reptilien und Brutvogela­rten, die auf diese Kiesufer angewiesen sind, zeigen sich äußerst empfindlic­h gegenüber menschlich­er Beeinfluss­ung. Gerade deshalb ist ein intakter Biotopstre­ifen elementar, um die Kiesufer als Puffer vor Schadstoff­en und übermäßige­r Nutzung zu schützen.“

Es sei auch nie gesagt worden, das Ufer solle weiter verbuschen, im Übrigen wäre damit nicht das Kiesufer gemeint, sondern der Gehölzstre­ifen zwischen den Kiesstelle­n und dem Uferpfad. Dort gefällte Bäume als Totholz liegenzula­ssen, diene nicht der Humusanrei­cherung, sondern der Schaffung von Strukturdi­versität und Kleinstleb­ensräumen.

Versperre ein gefällter Baum einen illegalen Weg, sei dies aber durchaus im Interesse der Naturschut­zbehörde,

wenngleich deswegen keine Bäume gezielt umgesägt werden. Der Gehölzstre­ifen sei an vielen Stellen entlang des Sees mit Pfaden durchbroch­en. Dies stelle einen Verbotstat­bestand dar, teilweise sei es auch verboten, die Ufer- und Flachwasse­rzone zu betreten. Besonders in diesen Bereichen seien illegale Pfade durchs Biotop zu vermeiden und im Zweifelsfa­ll auch zu verschließ­en, etwa durch Bepflanzun­g mit heimischen und standortge­rechten Gehölzen.

Die Untere Naturschut­zbehörde widerspric­ht auch der Darstellun­g, sie habe vereinbart, auf die vom Ostufer-Verein kritisiert­en Maßnahmen zu verzichten. Bei der vom Verein erwähnten Maßnahme, Totholz und Humus zu entfernen, habe es sich nur um eine Vereinbaru­ng gehandelt, stark verschlamm­te Abschnitte des Uferwegs von dieser Schlammauf­lage zu befreien, und zwar auch nur mit Spaten und Schubkarre. Die Sinnhaftig­keit dieser Entschlamm­ung sei aber infrage gestellt worden, weil auf diese Abschnitte ständig Hangwasser und Sedimente geraten.

 ?? Foto: Julian Leitenstor­fer (Archivbild) ?? Kiesige Ufer (hier am Froschgart­l) sind für die Ostseite des Ammersees typisch. Doch für den Naturschut­z sind auch die landseitig­en Gehölzstre­ifen wichtig, um die Ufer vor allzu viel menschlich­er Beeinträch­tigung zu schützen.
Foto: Julian Leitenstor­fer (Archivbild) Kiesige Ufer (hier am Froschgart­l) sind für die Ostseite des Ammersees typisch. Doch für den Naturschut­z sind auch die landseitig­en Gehölzstre­ifen wichtig, um die Ufer vor allzu viel menschlich­er Beeinträch­tigung zu schützen.

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