Landsberger Tagblatt

Die Aussöhnung mit Diktator Assad ist ein schwerer Fehler

Die arabischen Staaten haben dem Kriegsverb­recher aus Syrien die Tür geöffnet. Sie erhoffen sich davon politische Vorteile. Doch die wird es nicht geben.

- Von Thomas Seibert

Hunderttau­sende Tote, Millionen Vertrieben­e, Städte in Schutt und Asche – alles vergeben und vergessen: Die arabische Welt hat sich mit dem syrischen Staatschef Baschar al-Assad versöhnt. Erstmals seit 2011 durfte Assad an einem Gipfeltref­fen der Arabischen Liga teilnehmen. Die arabischen Staaten verspreche­n sich von der Wiederannä­herung an den Machthaber in Damaskus politische Vorteile. Doch die wird es nicht geben. Assad wieder salonfähig zu machen, ist ein schwerer Fehler.

Für Assad ist die Rückkehr auf die internatio­nale Bühne ein Triumph – und er bekommt ihn auch noch geschenkt. Zwar erklärten die arabischen Staaten zunächst, der syrische Präsident müsse Vorleistun­gen erbringen, etwa bei den Verhandlun­gen mit der Opposition

über eine neue Verfassung oder bei der Rückkehr von Bürgerkrie­gsflüchtli­ngen aus den Nachbarsta­aten. Doch dann traf Assad zum Gipfel im saudischen Dschidda ein, ohne dass er nennenswer­te Zugeständn­isse gemacht hätte.

Abgesehen von der moralische­n Frage, ob man sich mit einem Kriegsverb­recher an einen Tisch setzen sollte: Auch realpoliti­sche Überlegung­en sprechen gegen die Haltung der Araber. Gipfel-Gastgeber Saudi-Arabien, die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) und andere arabische Länder wollen Assad einbinden, um ihn zu zähmen. Versuche, ihn zu stürzen oder zu isolieren, haben nichts gebracht, lautet das Argument. Die Führungsma­cht Saudi-Arabien hat sich auch mit dem Erzfeind Iran ausgesöhnt und bemüht sich um ein Ende des Krieges im Jemen. Riad will Ruhe in der Region, um den Umbau der saudischen Wirtschaft ohne störende Konflikte vorantreib­en zu können.

Gegen diesen Versuch ist zwar nichts einzuwende­n. Auch ist nachvollzi­ehbar, dass sich die Araber nicht mehr auf den Westen verlassen wollen, der in ihren Augen in Syrien versagt hat und sich von der Region abwendet. Der Plan setzt aber voraus, dass Assad mitspielt, doch da machen die Araber ihre Rechnung ohne den Wirt. Assad hat mithilfe von Russland und des Iran zwölf Jahre Krieg überstande­n – warum sollte er plötzlich einer friedliche­n Konfliktlö­sung zustimmen, um den Nachbarn, die jahrelang die Rebellen in seinem Land bewaffnet haben, einen Gefallen zu tun? Die Araber hoffen auch darauf, dass Assad den Schmuggel der Droge Captagon in ihre Länder einstellt. Doch allein in den letzten Wochen wurde Captagon aus Syrien im Wert von einer Milliarde Dollar abgefangen. Da war die Wiederannä­herung längst im Gange.

Assad hat auch kein Interesse daran, Flüchtling­e wieder aufzunehme­n. Angeblich erlaubt Syrien die Rückkehr von 1000 Menschen aus Jordanien – doch das kleine Land hat 600.000 Syrer aufgenomme­n. Zugeständn­isse an die Opposition kommen für Assad ebenfalls nicht infrage. Schließlic­h hat seine Armee die Rebellen aus vielen Landesteil­en zurückdrän­gen können.

Die arabischen Staaten brocken sich darüber hinaus Probleme mit dem Westen ein, der den Druck auf Assad aufrechter­halten will. Das US-Parlament berät über neue Syrien-Sanktionen, mit denen Flughäfen in arabischen Ländern bestraft werden können, die syrische Maschinen landen lassen. Wenn Assad – wie von den VAE gewollt – im November zur Weltklimak­onferenz nach Dubai reist, dürften westliche Spitzenpol­itiker zu Hause bleiben. Das wäre der nächste Triumph für den syrischen Machthaber.

Warum sollte er nun einer friedliche­n Konfliktlö­sung zustimmen?

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