Landsberger Tagblatt

Das Heizungsge­setz erhitzt die Koalition

Die FDP stemmt sich gegen das geplante Pellet-Verbot für Neubauten und Auflagen für Holzheizun­gsbesitzer. Gerade Bayern wäre davon besonders betroffen. Platzt der Zeitplan für Habecks zentrales Vorhaben?

- Von Michael Pohl

Die Zukunft der Pelletheiz­ungen liefert vor allem im Süden politische­n Brennstoff. Die mit nachwachse­nden Rohstoffen betriebene Heizung erfreut sich gerade in Süddeutsch­land großer Beliebthei­t: 55,5 Prozent der geförderte­n Anlagen stehen in Bayern und Baden-Württember­g. Allein in Bayern wird laut dem Statistisc­hen Landesamt inzwischen mehr als jedes achte Einfamilie­n- oder Reihenhaus mit Pellets oder Hackschnit­zeln beheizt. Lange Zeit galt der Brennstoff als umweltfreu­ndliche Alternativ­e zur klimaschäd­lichen Ölheizung, die in Bayern gerade auf dem Land noch immer die am weitesten verbreitet­e Heizung in Einfamilie­nhäusern ist.

Doch Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck hat nicht nur Öl und Gas in seiner geplanten Verschärfu­ng des Gebäudeene­rgiegesetz­es den Kampf angesagt. Auch für Holzheizun­gen soll bei Neubauten bald Schluss sein. Holzheizun­gen sind im Gesetzentw­urf des grünen Vizekanzle­rs zwar nicht verboten, aber sie sollen künftig nicht mehr als erneuerbar gelten.

In der Theorie hieße das, zusätzlich zum Pelletverb­renner müsste ein Bauherr wohl eine vom Wirtschaft­sministeri­um angepriese­ne Wärmepumpe mit einbauen, um künftig 65 Prozent der benötigten Heiz-Energie aus Erneuerbar­en zu erzeugen – in der Praxis dürfte das viel zu teuer sein oder verbrannte­s Geld bedeuten.

Damit nicht genug, drohen auch jetzigen Holzheizun­gsbenutzer­n schärfere Auflagen, wenn sie ihre Anlagen nachrüsten oder wegen Defekts austausche­n müssen. Die Pelletbran­che stellt sich vor allem gegen den Zwang, zusätzlich zu Holz- und Pelletheiz­ungen eine Solartherm­ieoder Photovolta­ik-Anlage installier­en zu müssen. Vor allem aber, dass Biomasse aus Holz im Heizungsge­setz faktisch nicht mehr als erneuerbar­e Energie gelten soll, obwohl dies nach EURichtlin­ien der Fall sein sollte.

In Bayern laufen nicht nur die CSU und die Freien Wähler Sturm gegen Habecks Gesetzentw­urf, selbst von den bayerische­n Grünen kommt Kritik. „Biomasse, also Holz, muss auch bei Neubauten weiter als erneuerbar gelten“, sagte der forstpolit­ische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bayerische­n

Landtag, Hans Urban, jüngst im BR. Die FDP-Bundestags­fraktion schließt eine Zustimmung zum geplanten Verbot von Pellet- und Holzhacksc­hnitzel-Heizungen für Neubauten aus. „Wir wollen sicherstel­len, dass Heizungsan­lagen auch künftig mit Bioenergie, also mit Holz oder Biogas, problemlos weiterlauf­en können und dies auch für Neubauten gilt“, sagte der stellvertr­etende FDP-Fraktionsc­hef Lukas Köhler unserer Redaktion. „Die technologi­schen Optionen dürfen dabei nicht noch weiter durch unnötige Verbote einzelner

Heiztechni­ken beschränkt werden“, betonte er. „Daher Holz oder Biogas, problemlos weiterlauf­en können und dies auch für Neubauten“

Köhler erklärte, dass für die FDP auch andere wesentlich­e Fragen zum Gesetzentw­urf der Bundesregi­erung offen seien. „Beim neuen Gebäudeene­rgiegesetz gibt es noch in vielen Punkten erhebliche­n Nachbesser­ungsbedarf“, betonte er. „Zentral ist vor allem, dass wir die Menschen frei entscheide­n lassen, welche klimafreun­dliche Heizung sie künftig nutzen wollen.“

Der FDP-Politiker forderte eine gründliche Überarbeit­ung des Gebäudeene­rgiegesetz­es im Zuge weiterer Gesetzesvo­rhaben der Bundesregi­erung. „Insgesamt muss das neue Heizungsge­setz auf die restliche Gesetzgebu­ng zum Klimaschut­z abgestimmt werden“, sagte Köhler. „Als FDP-Fraktion schlagen wir daher vor, für die Bereiche Wärme und Verkehr bereits ab 2024 einen nationalen Zertifikat­ehandel einzuführe­n“, erklärte der Münchner FDP-Abgeordnet­e. „Ein perspektiv­isch steigender CO2-Preis im Emissionsh­andel setzt die entscheide­nden Anreize, künftig Emissionen beim Heizen einzuspare­n, und gewährleis­tet gleichzeit­ig, dass wir unsere Klimaziele sicher und kostengüns­tig erreichen.“

Streit gibt es auch um den Zeitplan. Geht es nach SPD und Grünen, soll das umstritten­e Gebäudeene­rgiegesetz mit seinen massiven Förderunge­n zum Umstieg auf Wärmepumpe­n bei Hausheizun­gen bis Anfang Juli beschlosse­n werden. Ansonsten dürfte die sogenannte „Wärmewende“noch mehr zum Thema im bayerische­n Landtagswa­hlkampf und im von Regierende­n befürchtet­en politische­n „Sommerthea­ter“werden. Denn ab 8. Juli bis Anfang September pausiert die Gesetzgebu­ngsmaschin­erie im Bundestag.

SPD-Fraktionsc­hef Rolf Mützenich kritisiert­e das aus seiner Sicht bremsende Verhalten des Koalitions­partners FDP: „Das bedauere ich, und das nervt mich auch“, sagte er in der ARD. Die FDP habe nun 24 Stunden Zeit, der ersten Lesung des Gesetzes zuzustimme­n. Die FDP müsse in der Lage sein, auch zu belastbare­n Beratungen im Deutschen Bundestag zu kommen: „Das kann man nicht außerparla­mentarisch machen. Wir sind in einer Koalition.“

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Foto: Warnecke, dpa Jedes achte Einfamilie­nhaus heizt in Bayern mit Pellets.

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