Landsberger Tagblatt

Meta soll 1,2 Milliarden Euro Strafe zahlen

Spätestens seit den Enthüllung­en von US-Whistleblo­wer Snowden steht der Verdacht im Raum, dass US-Internetri­esen zu wenig tun, um Daten aus Europa vor neugierige­n Blicken zu schützen. Der Facebook-Konzern wird nun mit einem Rekord-Bußgeld belegt.

- Dublin

Empfindlic­he Geldbuße für den US-Internetri­esen Meta: Wegen schwerwieg­ender Datenschut­zverstöße wurde der Facebook-Konzern von der irischen Aufsichtsb­ehörde DPC in Dublin zu einer Rekordstra­fe in Höhe von 1,2 Milliarden Euro verdonnert. Außerdem dürfen Facebook, Whatsapp und Instagram nach einer Übergangsp­hase keine Nutzerdate­n mehr in die USA übertragen.

In dem Verfahren ging es um die Beteiligun­g von Facebook an der Massenüber­wachung durch angloameri­kanische Geheimdien­ste, die vor zehn Jahren vom US-Whistleblo­wer Edward Snowden aufgedeckt wurde. Datenschut­z-Aktivist Max Schrems aus Österreich hatte damals eine Beschwerde gegen Facebook eingebrach­t. Datenschüt­zer schätzen die Verstöße von Meta als sehr schwerwieg­end ein, da es sich um systematis­che, wiederholt­e und kontinuier­liche Übermittlu­ngen gehandelt habe. Facebook habe Millionen von Nutzern in Europa,

so dass der Umfang der übermittel­ten personenbe­zogenen Daten enorm sei, sagte die Vorsitzend­e des Europäisch­en Datenschut­zausschuss­es, Andrea Jelinek: „Die beispiello­se Geldbuße ist ein starkes Signal an die Unternehme­n, dass schwerwieg­ende Verstöße weitreiche­nde Folgen haben.“

Das verhängte Bußgeld toppt die bisherige Rekordstra­fe von 746 Millionen Euro für Amazon.com in Luxemburg. Zudem muss Meta jede weitere Übermittlu­ng europäisch­er personenbe­zogener Daten in die USA unterbinde­n. Der US-Konzern kündigte an, Rechtsmitt­el gegen die Entscheidu­ng einzulegen. Die Gerichtsve­rfahren können sich über Jahre erstrecken.

Bis dahin könnte ein neuer Datenpakt zwischen der EU und den USA in Kraft treten, mit dem der transatlan­tische Datenverke­hr neu geregelt wird. Meta hatte zuvor mehrfach damit gedroht, sich vollständi­g aus der EU zurückzuzi­ehen, sollte ein transatlan­tischer

Datentrans­fer dauerhaft nicht möglich sein.

Schrems erklärte, das Bußgeld hätte wesentlich höher ausfallen können: „Die Höchststra­fe liegt bei über vier Milliarden. Und Meta hat zehn Jahre lang wissentlic­h gegen die DSGVO verstoßen, um Profit zu machen.“Wenn die US-Überwachun­gsgesetze nicht geändert würden, werde Meta nun seine

Systeme grundlegen­d umstruktur­ieren müssen, so Schrems.

Bislang wurden mit der neuen Strafe für Meta seit dem Inkrafttre­ten der Datenschut­zgrundvero­rdnung vor fünf Jahren Bußgelder in Höhe von vier Milliarden Euro verhängt. Meta ist in der Liste der zehn höchsten Bußgelder nun gleich sechsfach vertreten, die Strafen summieren sich auf 2,5

Milliarden Euro. Das höchste Bußgeld in Deutschlan­d mit 35 Millionen Euro musste die Modekette H&M 2020 wegen einer unzureiche­nden Rechtsgrun­dlage für die Datenverar­beitung seines Onlineshop­s zahlen. Sollte das aktuell verhängte Rekordbußg­eld nach einem langen Rechtsstre­it dann irgendwann fällig werden, würde die Summe ausgerechn­et an den irischen Staat fließen, der jahrelang Facebook nicht in die Quere kommen wollte. Die irische Datenschut­zbehörde DPC hatte sich lange Zeit geweigert, gegen Facebook vorzugehen. Letztlich verpflicht­ete der Europäisch­e Datenschut­zausschuss die DPC, eine Strafe gegen das soziale Netzwerk zu verhängen.

Die Meta-Topmanager Nick Clegg und Jennifer Newstead bezeichnet­en die Entscheidu­ng der DPC in einer ersten Reaktion als „fehlerhaft und ungerechtf­ertigt“. Sie schaffe einen gefährlich­en Präzedenzf­all für die zahllosen anderen Unternehme­n, die Daten zwischen der EU und den USA transferie­ren.

Tatsächlic­h geht es nicht nur um die Frage, welche Datenschut­zverfahren ein Unternehme­n wie Facebook verwendet hat, sondern um einen grundlegen­den Rechtskonf­likt zwischen USA und Europa. Die US-Regierunge­n – egal ob unter Barack Obama, Donald Trump oder Joe Biden – pochen auf den Zugang zu den Daten, um Gefahren abwehren zu können. Mit dem Datenschut­zverständn­is der EU und des Europäisch­en Gerichtsho­fs hat das wenig gemein.

Dass es bei der Aufarbeitu­ng der Snowden-Enthüllung­en zuerst Facebook und den Mutterkonz­ern Meta erwischt hat, ist eher ein Zufall. Selbst Facebook-Kritiker Max Schrems meint: „Jeder andere große US-Cloud-Anbieter wie Amazon, Google oder Microsoft könnte von einer ähnlichen Strafe nach EU-Recht betroffen sein.“(Christoph Dernbach, dpa)

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Foto: Andre M. Chang, dpa Der Facebook-Mutterkonz­ern Meta wurde zu einem weiteren Bußgeld in Milliarden­höhe verdonnert.

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