Landsberger Tagblatt

Alles für diesen einen Moment

Zehn Jahre lang geht der Titel an den FC Bayern. Jetzt steht Borussia Dortmund unmittelba­r vor der Meistersch­aft. Noch in Augsburg schwört Trainer Terzic sein Team darauf ein.

- Von Marco Scheinhof

Edin Terzic saß alleine auf dem Podium. Nun gut, nicht ganz alleine, neben ihm moderierte Dortmunds Mediendire­ktor die Pressekonf­erenz. Enrico Maaßen allerdings fehlte noch. Die Dortmunder aber hatten es nach dem 3:0-Sieg eilig, sie wollten noch am Sonntagabe­nd nach Hause. Als Maaßen also noch vor den TV-Kameras im Freien beschäftig­t war, lud sein Dortmunder Kollege im Presseraum zu einem Motivation­straining.

Über das Spiel sprach der Trainer kaum. Das Ergebnis war am Ende deutlich. Terzic begann noch am Sonntag damit, alle BVB-Beteiligte­n auf die letzte Saisonwoch­e einzuschwö­ren. Darauf, dass sie gemeinsam am Samstag ihr großes Ziel erreichen möchten. Borussia Dortmund kann deutscher Meister werden. Ein Sieg fehlt noch. „Wir verspüren den riesigen Wunsch und den riesigen Willen, diesen Moment gemeinsam, in dieser Gruppe, mit unseren Fans, in unserem Stadion zu erleben, um dann alles dafür zu tun, endlich, endlich die Meistersch­ale wieder nach Dortmund zu holen.“Viele Jahre haben sie warten müssen, weil der FC Bayern zu überlegen war. Auch in dieser Saison deutete zunächst nicht viel darauf hin, dass sich das ändern würde. Schwächelt­en die Münchner, griffen die Dortmunder nicht zu. Seit dem vergangene­n Wochenende ist vieles anders.

Die Bayern hatten gegen Leipzig verloren, Dortmund nutzte den Ausrutsche­r durch den Erfolg in Augsburg. Und möchte sich nun nicht mehr vom Weg abbringen lassen. „Yes, ein verdammter Sieg noch, ein Scheiß-Sieg noch“, schrie Sebastian Kehl in den Katakomben der Augsburger Arena. Der Sportdirek­tor

gilt als ruhig und besonnen, in diesem Moment aber mussten die Emotionen raus. Ähnlich wie bei Nico Schlotterb­eck. „Wir werden es. Wir werden es, Männer!“, rief der Nationalsp­ieler seinen Teamkolleg­en zu.

Großen Anteil an der starken Rückrunde hat Sebastien Haller. Der Stürmer war an Hodenkrebs erkrankt, er kämpfte sich zurück und erzielte am Sonntag in Augsburg zwei Tore. Haller hat das Zeug, Dortmunds Held der Saison zu werden. „Der Mensch Sébastien Haller, mit diesem Willen, dieser positiven Energie, er hat uns so gefehlt in der Kabine, auf dem Trainingsp­latz. Und es bleibt einfach das größte Wunder, dass er in dieser Saison so zurückkomm­en konnte“, sagte Terzic.

Auch sein Team ist zurückgeko­mmen. Nach mehreren Rückschläg­en. Rund 6000 Fans waren in Augsburg im Stadion dabei. Sie feierten wild und laut. Und wollen es am Samstag noch lauter tun. Terzic werde seinem Team in dieser Woche keinen freien Tag gönnen. „Wir werden fleißig bleiben“, versprach er. Für diesen einen Moment, von dem alle Sportler träumen. „Am nächsten Samstag ist die Saison vorbei. Dann können sich die Jungs wieder alles kaufen, was sie wollen – das nächste Auto, das nächste Haus, den nächsten Urlaub. Aber diesen Moment kann man nicht kaufen.“Diesen Moment, ins Stadion zu laufen. Diesen Moment, gegen Mainz um den Titel zu spielen. Und diesen Moment, zu feiern. Wenn alles gut geht.

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Foto: Bernd Tissen, dpa Edin Terzic fokussiert sich auf das letzte Spiel.

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