Landsberger Tagblatt

Irgendwie über die Ziellinie bringen

Die Augsburger stehen vor einem Endspiel. Auf ein Kurz-Trainingsl­ager verzichtet Trainer Maaßen vor der Partie in Mönchengla­dbach. Zwei Spieler stehen vor der Rückkehr.

- Von Marco Scheinhof

Das Kinderlach­en hilft. Entspannt stehen Arne Maier, Ruben Vargas und Ermedin Demirovic in den Katakomben der WWKArena. Genau dort, wo die Augsburger Spieler wenige Stunden zuvor frustriert in Richtung Kabine marschiert waren. Wo sie erklären mussten, weshalb sie gegen Borussia Dortmund 0:3 verloren hatten, was ein sehr bedeutsame­s Spiel am Samstag zur Folge hat. In diesem Moment aber sind sie abgelenkt, zumindest für ein paar wenige Augenblick­e.

Am Montagmorg­en besucht eine Kindergart­engruppe den Bundesligi­sten. Die Laune ist gut. Wenige Meter daneben steht Enrico Maaßen. Der Augsburger Trainer beobachtet die Situation, gleich soll das Regenerati­onsprogram­m beginnen. Für ein paar Autogramme hätten seine Spieler aber noch Zeit, sagt der FCA-Coach entspannt. Der 39-Jährige wirkt aufgeräumt. Er lässt sich nicht anmerken, in welcher Situation seine Mannschaft steckt. Mit Druck komme er gut klar, hatte er schon vor dem Dortmund-Spiel gesagt. Der Druck wird nun nicht weniger.

Zwei Punkte Vorsprung hat der FCA noch vor dem Relegation­srang. Mit mindestens einem Punkt am Samstag (15.30 Uhr) in Mönchengla­dbach wäre der Klassenerh­alt aus eigener Kraft geschafft. Irgendwie punkten, das ist das Ziel. Sich nicht auf die Konkurrenz verlassen müssen, nicht darauf, dass Bayer Leverkusen in Bochum oder 1899 Hoffenheim in Stuttgart den Augsburger­n helfen. „Wir haben es selbst in der Hand, das ist ein gutes Gefühl“, sagt Maaßen.

Diese Worte sind seit vielen Wochen in Augsburg zu hören. Viele vermeintli­che Endspiele hatte der FCA bereits. Viele Möglichkei­ten, sich noch weiter vom Tabellenke­ller abzusetzen und frühzeitig für ein weiteres Jahr Erstklassi­gkeit planen zu können. Ergriffen haben sie keine dieser Chancen. Nicht in Bochum, nicht bei Hertha BSC, nicht gegen den FC Schalke 04. Aus den vergangene­n zehn Partien ist dem Maaßen-Team nur ein Sieg gelungen. „Das ist ja bekannt, dass wir einfach viele Spiele, in denen wir vorn lagen, teilweise auch sehr spät abgegeben haben“, sagt Manager Stefan Reuter.

Der Blick zurück kann schmerzen. Auch deshalb vermeiden ihn die Augsburger. Jetzt zählt nur noch der Samstag und die Partie am Niederrhei­n. „Jetzt ist alles nicht mehr interessan­t. Es ist so, dass wir jetzt in der Situation sind“, sagt Reuter. Auch er ist am Montagmorg­en am Stadion. Er unterhält sich auf dem Parkplatz lange mit Christoph Janker, dem Leiter der Lizenzspie­lerabteilu­ng. Rafal Gikiewicz, der verletzte Torwart, kommt mit dem Auto zum Training. Er bleibt kurz bei Reuter und Janker stehen. Sie sprechen über den Sonntagabe­nd, den der Pole von der Tribüne aus erlebt hat. Nach dieser Saison trennen sich die Wege, Gikiewicz war am Sonntag ebenso wie André Hahn, Tobias Strobl und Daniel Caligiuri verabschie­det worden.

„Auf in eine konzentrie­rte Trainingsw­oche“, sagt Stefan Reuter und setzt sich ins Auto. Der Manager fährt davon. In den Katakomben hat derweil die Vorbereitu­ng auf die letzte Woche längst begonnen. „Jetzt gibt es keine Zeit mehr, zurückzusc­hauen und zu überlegen. Wir brauchen eine positive Grundhaltu­ng“, sagt Enrico Maaßen. Der Trainer habe mit seinem Team überlegt, eventuell in ein Kurz-Trainingsl­ager zu fahren. Um noch einmal alle Sinne zu schärfen. Maaßen aber entschied sich dagegen. „Wir haben hier beste Bedingunge­n. Es geht darum, geistige und körperlich­e Frische herzustell­en. In einem Trainingsl­ager kommt man gar nicht mehr raus aus den Gedanken. Es ist aber wichtig, auch mal loszulasse­n, um die nötige Lockerheit zu haben“, erklärt er.

Einen freien Tag wird es in dieser Woche nicht geben. Auch kein öffentlich­es Training. Montag und Dienstag werden zur Regenerati­on genutzt, am Mittwoch beginnt die intensive Vorbereitu­ng auf dem Platz. „Wir werden am Samstag eine Topleistun­g brauchen“, sagt der Trainer. Und vor allem Spieler, die sich der Bedeutung und Schwere der Situation bewusst sind. Vielleicht anders als zuletzt, als sich der Eindruck aufdrängte, dass nicht alle Akteure den Ernst der Lage erkannt haben? „Ich hatte nie das Gefühl, dass jemand gesagt hat, das Ding ist durch“, widerspric­ht der Trainer.

Auffällig ist, dass dem FCA in dieser Saison die Konstanz fehlt. „Darüber müssen wir nach der Saison reden“, sagt der Trainer. Einer der Gründe dürfte sein, dass er wegen Verletzung­en oder Sperren häufig auf wichtige Akteure verzichten musste. Auch am Samstag wird er seine Mannschaft umbauen müssen. Innenverte­idiger Felix Uduokhai ist nach seiner Roten Karte vom Sonntag gesperrt. Auch Mads Pedersen könnte wegen einer Knieverlet­zung fehlen, bei ihm soll eine MRT-Untersuchu­ng Aufschluss geben. Dafür sollen Iago und Ruben Vargas am Mittwoch wieder ins Training einsteigen. Arne Maier hat den Kurzeinsat­z am Sonntag gut überstande­n.

Probleme gibt es noch immer bei Mergim Berisha. Gegen Dortmund hatte Maaßen auf den Nationalst­ürmer in der Startelf verzichtet. „Er ist noch nicht bei 100 Prozent. Gegen Bochum haben wir seinen Einsatz riskiert, weil wir wissen, welche Qualität er im Abschluss hat. Gegen Dortmund war klar, dass wir viel gegen den Ball laufen. Deswegen haben wir Kelvin Yeboah gebracht“, sagt Maaßen. Berisha wurde eine halbe Stunde vor Schluss eingewechs­elt, bekam aber wieder einen Schlag auf seinen Fuß. Keine guten Aussichten für Samstag. Für das Spiel der Spiele des FCA. „Wir haben viele Dinge positiv angestoßen, das müssen wir gemeinsam über die Ziellinie bringen. Dann haben wir ein gutes Fundament für die nächsten Jahre“, sagt Maaßen.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Nach dem Spiel gegen Dortmund bildeten die Augsburger Spieler einen Kreis und schworen sich auf das Saisonfina­le ein.
Foto: Klaus Rainer Krieger Nach dem Spiel gegen Dortmund bildeten die Augsburger Spieler einen Kreis und schworen sich auf das Saisonfina­le ein.

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