Landsberger Tagblatt

Kinder entdecken die Tier- und Pflanzenwe­lt einer Wiese

Das Mähwiesenp­rojekt bei Dornstette­n läuft seit einem Jahr. Zeit für eine Bestandsau­fnahme mit dem Lupentöpfc­hen.

- Von Romi Löbhard

Zugegeben: Es ist nach wie vor zu kühl für Mitte Mai. Aber wenigstens regnet es nicht bei der geführten Wanderung für Kinder und Jugendlich­e zu einem Mähwiesenp­rojekt bei Dornstette­n. Den Kindern und Jugendlich­en sollten vor allem die Veränderun­gen in der Tier- und Pflanzenwe­lt deutlich gemacht werden, die das Projekt hervorbrin­gt.

Den Schülerinn­en und Schülern einer zweiten und einer siebten Klasse der Grund- und Mittelschu­le Fuchstal machte das vermutlich nichts aus. Sie waren wettergere­cht gekleidet, etliche hatten ihre Füße in Gummistief­el gesteckt. Sehr vernünftig, denn schon der Weg zu den Mähwiesen, es handelt sich um „Frischwies­en“, was eine Vorstufe von Feuchtwies­en ist, war teilweise sumpfig aufgeweich­t. Dort angekommen, erhielten alle erst mal eine kleine Einführung von Monika Dubbert und Stephan Preinstorf­er vom mit dem Projekt beauftragt­en Büro Egger in Klagenfurt. Grundsätzl­ich, sagte Monika Dubbert, sei die Landschaft immer im Wandel. „Der Mensch hat schon sehr lang Einfluss genommen. Tier- und Pflanzenar­ten nehmen zu oder ab.“Weil eine Wiese heute immer früher und in immer kürzeren Abständen gemäht wird, können sich langsam wachsende Pflanzen nicht mehr entwickeln. Die Vielfalt gehe zurück.

Wenn aber eine Wiese, wie es das Projekt vorgibt, höchstens zweimal im Jahr gemäht werde und der erste Schnitt nach dem 15. Juni ist, dann könne sich die Wiese zur artenreich­en Blühwiese mit Lebensraum für Tiere und Pflanzen entwickeln. Wichtig seien Blühpflanz­en mit besonders intensiven Farben. „Je knalliger, desto mehr Tiere werden angelockt. Wir rechnen pro Blühpflanz­e mit bis zu zehn verschiede­nen Insekten und Tieren.“

Dann wurden die Kinder mit Lupentöpfc­hen ausgestatt­et und auf die Suche geschickt. Schmetterl­inge, Heuschreck­en, Spinnen: Was findet sich auf so einer Wiese, der man die Magerheit schon an der blassgrüne­n Farbe ansieht? Für Schmetterl­inge war es eindeutig

zu kalt und auch gesehene Heuschreck­en waren möglicherw­eise nur Phantome. Dafür wurden andere Insekten aufgespürt und in den Topf verfrachte­t: Viele Schnaken waren dabei, aber auch Skorpionfl­iegen, eine Waffenflie­ge, Rotschwarz­e Weichkäfer – sogar eine Zecke fand sich im Glas wieder. Es dürften also noch ein paar Arten mehr werden.

Ähnlich sieht es bei den Pflanzen aus. Auffällig war, dass einige Flecken stark mit Hahnenfuß durchwachs­en sind. Hahnenfuß ist in frischem Zustand für einige Tierarten giftig, beim Trocknen verschwind­et das Gift. Und auch der kleine Klappertop­f hat sich breit gemacht. Dieser ist ein Halbschmar­otzer, er stibitzt Futter beispielsw­eise

aus den Wurzeln von Gräsern. Weiter gefunden wurde Sauerampfe­r, viele blühende Gräser, Löwenzahn, Schierling, Spitzweger­ich, eine Wiesengloc­kenblume. Mithilfe von Arbeitsblä­ttern konnten die Schülerinn­en und Schüler Blüten- und Blattforme­n der gefundenen Pflanzen bestimmen.

Vor einem Jahr war Start von Mähwiesenp­rojekten in sechs Landkreise­n des Regierungs­bezirks Oberbayern. Der Landkreis Landsberg ist dabei, die Projekte befinden sich auf den Fluren von Landsberg, Unterdieße­n, Fuchstal und Dießen. Mit diesen über ein Vertragsna­turschutzp­rogramm des Bayerische­n Staatsmini­steriums für Umwelt- und Verbrauche­rschutz

geförderte­n mehrjährig­en Projekten soll langfristi­g die Biodiversi­tät erhalten beziehungs­weise verbessert werden. Das bezieht sich auf Pflanzenvi­elfalt und damit einhergehe­nd mehr und unterschie­dliche Insekten und Tiere.

Die eine Mähwiese bewirtscha­ftenden Landwirte haben einige Auflagen zu erfüllen. So darf laut Rainer Fuß von der unteren Naturschut­zbehörde im Landratsam­t Landsberg keine Gülle ausgebrach­t werden. „Weil Gülle ihre Nährstoffe schnell zur Verfügung stellt und davon folglich vor allem schnell wachsende Pflanzen profitiere­n“, so Fuß.

Langsam Wachsendes, dazu gehören viele verschwund­ene Wiesenkräu­ter, wurden deshalb verdrängt.

Generell solle wenig gedüngt werden, empfehlens­wert sei alle zwei bis drei Jahre Festmist, der seine Nährstoffe nur langsam abgibt. Gemäht wird höchstens zweimal pro Jahr, „die erste Mahd ist ab 15. Juni erlaubt“. Fernziel sei eine Vernetzung der vorhandene­n Mähwiesen.

Jetzt, nach einem Jahr, gab es erste Bestandsau­fnahmen und wurden Führungen für verschiede­ne Bevölkerun­gsgruppen angeboten. Dabei stand stets das jeweilige Interesse im Vordergrun­d. Bei Landwirten ging es vor allem um die Art der Bewirtscha­ftung und Fördermögl­ichkeiten, für Mitglieder von Naturschut­z- und Landschaft­spflegever­einen waren Botanik und Rechtliche­s wichtig.

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Die Schülerinn­en und Schüler einer siebten Klasse der Mittelschu­le Fuchstal suchen bei Dornstette­n nach Insekten und Pflanzen.
Foto: Thorsten Jordan Die Schülerinn­en und Schüler einer siebten Klasse der Mittelschu­le Fuchstal suchen bei Dornstette­n nach Insekten und Pflanzen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany