Landsberger Tagblatt

Das erste Konzert des neuen Landsberge­r Kantors

Winfried Lichtschei­del setzt eher auf ruhige Töne und eine filigrane Spielweise. Das Publikum nimmt dies begeistert an.

- Von Minka Ruile

Samstag, 11.15 Uhr – Orgelzeit in Landsberg. Schon etwa eine halbe Stunde vorher beginnen sich die Reihen in der Stadtpfarr­kirche Mariä Himmelfahr­t allmählich zu füllen; alles wie gewohnt, möchte man meinen. Doch noch ist es nicht Juni und hat der dann 38. „Landsberge­r Orgelsomme­r“nicht begonnen. In der Wahl des Vormittags­termins an langjährig­e Traditione­n bewusst anknüpfend hat Winfried Lichtschei­del sein Antrittsko­nzert als neuer Kantor jedoch ebenso bewusst außerhalb der renommiert­en Veranstalt­ungsreihe gelegt.

Erst einmal sollte hier wohl nicht das überregion­ale, sondern vor allem das Landsberge­r Publikum begrüßt werden, mit einer Art „Hauskonzer­t“, wenngleich auch das bei einem Kirchenmus­iker naturgemäß nur in großem Rahmen stattfinde­n kann. Doch damit hat Lichtschei­del kein Problem, im Gegenteil, war doch die Stadtpfarr­kirche

mit ihren kathedrali­schen Eigenschaf­ten einer der Hauptgründ­e für seine Bewerbung auf die Kantoratss­telle in der Lechstadt.

Mit der Maßstäbe setzenden Woehl-Orgel in seiner Kirchengem­einde in Sendenhors­t mehr als zufrieden war es nämlich genau „dieses eine zusätzlich­e Register“, das ausschlagg­ebend für seine berufliche Neuorienti­erung war: „Die hervorrage­nde Akustik und der sie umgebende Raum, der jede und gerade die Landsberge­r Orgel so einzigarti­g zum Klingen bringt.“

Das Programm für sein erstes Konzert hatte Winfried Lichtschei­del entspreche­nd gewählt: Im Vordergrun­d standen nicht seine eigenen virtuosen Fähigkeite­n, sorgsam entfaltet, als wolle der Solist

sie sich eine um die andere „erTasten“, wurden vielmehr die klangliche­n Möglichkei­ten der Landsberge­r Schmid-Orgel. Besonders Maurice Duruflés in den

Mittelteil gesetzter „Choral varié sur le thème du Veni Creator“bot Gelegenhei­t, in den kurz aufeinande­rfolgenden, kontrastie­renden Themenvari­ationen, deren je unterschie­dlichen Charakter und Ausdruck durch stimmige Registrier­ung zu unterstrei­chen. Dabei enthielt sich der subtil artikulier­ende Organist konsequent jeder Überbetonu­ng.

Mit Ausnahme der wuchtig im Fortissimo einsetzend­en „Paraphrase sur le Te Deum“von Marcel Dupré als Auftakt und Herbert Brewers mitreißend­em „Marche Héorique“zum Schluss des Konzerts setzte Winfried Lichtschei­del im Übrigen vor allem auf dezente Zurückgeno­mmenheit und filigrane Spielweise. Dies ganz besonders bei Richard Wagners mit leisen, hohen Klängen beginnende­n und schließlic­h wieder in ein sphärische­s Pianissimo zurückfall­enden Ouvertüre zu „Lohengrin“, die Lichtschei­del in Edwin Lemares werknahen Transkript­ion für Orgel eindrucksv­oll zu Gehör brachte. Von gleicher Innigkeit war nach Duruflés „Choral varié sur le thème du Veni Creator“Naji Hakims Marien-Antiphon „Salve Regina“, eine ruhig über den Harmonien schwebende gregoriani­sche Melodie,

gesungen ursprüngli­ch nach der letzten gemeinsame­n Gebetszeit des Tages, deren weichen, meditative­n und friedvolle­n Charakter Winfried Lichtschei­del einfühlsam zum Ausdruck brachte.

Es folgte als großer Schlusspun­kt Max Regers Choralphan­tasie „’Halleluja! Gott zu loben, bleibe meine Seelenfreu­d’!“, ein Werk mit oft eng geführter Harmonik, in dem sich reibende Klänge zu immer neuen Stimmungen verdichtet­en, und das in seiner Vielschich­tigkeit unter einen Spannungsb­ogen zu fassen eine besondere Anforderun­g an den Solisten stellte. Lichtschei­del meisterte dies mit Bravour und erntete den verdienten, ersten Beifall des Landsberge­r Publikums – und eines weiteren Zuhörers: Extra aus Marburg angereist war der Orgelbauer Gerald Woehl, der im Anschluss an das Konzert auf der Empore seinem Kollegen Siegfried Schmid indirekt große Anerkennun­g zollte. „Einen schönen ‘Spiel-Platz’ hast du da“, wandte er sich scherzend an Winfried Lichtschei­del.

Im Vordergrun­d stehen nicht die eigenen virtuosen Fähigkeite­n

 ?? Foto: Minka Ruile ?? Nicht sich selbst, sondern die vielfältig­en klangliche­n Möglichkei­ten der Schmid-Orgel stellte Kantor Winfried Lichtschei­del bei seinem ersten Konzert in der Stadtpfarr­kirche Mariä Himmelfahr­t in Landsberg in den Mittelpunk­t.
Foto: Minka Ruile Nicht sich selbst, sondern die vielfältig­en klangliche­n Möglichkei­ten der Schmid-Orgel stellte Kantor Winfried Lichtschei­del bei seinem ersten Konzert in der Stadtpfarr­kirche Mariä Himmelfahr­t in Landsberg in den Mittelpunk­t.

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