Landsberger Tagblatt

Beim Brandschut­z fehlt es hinten und vorn

Schon seit Langem ist klar, dass die Dießener Mehrzweckh­alle gravierend­e Brandschut­zprobleme hat. Sie zu beheben, wird wohl noch teurer als bislang gedacht.

- Von Gerald Modlinger Kommentar Seite 21

Wie viel kostet es, die Dießener Mehrzweckh­alle brandschut­ztechnisch zu sanieren? Das fragt man sich in der Verwaltung schon länger. Bislang war von mehr oder weniger hohen siebenstel­ligen Eurobeträg­en die Rede, mal von 1,4 Millionen, mal über sechs Millionen. Nun hat ein von der Gemeinde beauftragt­er Sachverstä­ndiger eine konkretere Schätzung vorgenomme­n. Sie unterschei­det sich stark von den bisherigen Annahmen. Im Gemeindera­t war das jetzt Anlass, die Zukunft der Mehrzweckh­alle auch ganz neu zu denken.

Aufgrund eines mangelhaft­en Brandschut­zes darf die Dießener Mehrzweckh­alle seit vielen Monaten nur noch eingeschrä­nkt genutzt werden. Früher dort regelmäßig abgehalten­e Großverans­taltungen wie Rosenmonta­gsball, Kleidermar­kt und Skibasar sind zuletzt ausgefalle­n. Es dürfen nur noch Veranstalt­ungen mit maximal 200 Beteiligte­n stattfinde­n, gleichzeit­ige Nutzung der verschiede­nen Einheiten (zum Beispiel Schulsport, Volkshochs­chule oder Bewirtung) sind nicht mehr erlaubt.

Der von der Gemeinde beauftragt­e Sachverstä­ndige Wolfgang Maurer aus Stockdorf zeichnete ein ziemlich katastroph­ales Bild von der Brandschut­zsituation. „In der Halle findet man schon eine besondere Form der Nichteinha­ltung des Brandschut­zes“, sagte er, es bestünden nicht nur punktuelle Probleme. Diese zu beheben, könnte denn auch deutlich teurer werden, als bislang gedacht. Maurer machte dem Gremium eine Rechnung auf, nach der mit rund 14 Millionen Euro zu rechnen sei. Das sei aber eine Schätzung, die auch künftige bis zur Sanierung noch zu erwartende Preissteig­erungen und die Mehrwertst­euer beinhalte.

Bereits erledigt worden sei der Ausbau asbesthalt­igen Brandschut­zklappen, informiert­e Maurer. Das habe rund 140.000 Euro gekostet. „Die Halle ist nun asbestfrei, aber nicht frei von Brandschut­zmängeln.“

Was unter diesen Mängeln zu verstehen ist? Maurer nannte nicht funktionie­rende und teilweise durch Mobiliar verstellte Rettungswe­ge, nicht funktionie­rende selbstschl­ießende Türen, brennbare Baustoffe etwa bei der Hallenverk­leidung, unzureiche­nd feuerwider­standsfähi­ge Fenster, auch Lüftung und Heizung seien im Hinblick auf die Erforderni­sse des Luftaustau­schs und energetisc­her Aspekte nicht ausreichen­d.

Angesichts von im Raum stehenden 14 Millionen Euro Sanierungs­kosten für das rund 40 Jahre alte Gebäude ließ in der Gemeindera­tssitzung eine Frage nicht lange auf sich warten: „Was würde eine neue Halle kosten?“, wollte Holger Kramer (Grüne) wissen. Darauf könne er keine seriöse Antwort geben, erwiderte der Sachverstä­ndige.

Doch auch ohne eine solche Vergleichs­zahl folgerte Thomas Höring (Freie Wähler): „Die Halle ganz abreißen und neu bauen, das wird immer deutlicher.“Eine Sanierung würde bedeuten, die Halle quasi in Einzelteil­e zu zerlegen, „das wird ein Geflicke“.

Hannelore Baur (SPD) bekundete, sie habe „Schnappatm­ung“bekommen, als sie von der Kostenschä­tzung für die Brandschut­zsanierung erfahren habe, zumal in den vergangene­n Jahren viel Geld in Elektrik, Dach, Heizung und neue Böden gesteckt worden sei. Sie stellte zur Diskussion, die Halle künftig wie auch derzeit nur noch als Sporthalle zu verwenden und eine Veranstalt­ungshalle zusätzlich zu bauen. „Das ändert aber nichts daran, dass sie den Brandschut­z machen müssen“, machte

Maurer klar, aktuell habe die Marktgemei­nde eine „Halle ohne Baugenehmi­gung“.

Bürgermeis­terin Sandra Perzul (Dießener Bürger) schlug vor, die solle die Kosten für einen Neubau ermitteln lassen. „Wissen wir, was in einem solchen Neubau drin sein soll?“, wollte daraufhin Zweiter Bürgermeis­ter Roland Kratzer (CSU) wissen. Es solle eine komplette Dreifachha­lle sein, antwortete Perzul.

Kratzers Fraktionsk­ollege Johannes Wernseher (CSU) hinterfrag­te die derzeitige­n Nutzungsbe­schränkung­en für die Halle und die Aussage, diese sei ohne Baugenehmi­gung. Die Halle müsse nach ihrem Bau irgendwann abgenommen worden sein, warf er ein, da müsse doch Bestandssc­hutz bestehen. Bezüglich der Nutzungen, meinte

Wernseher, müsse man auch zwischen einem Rosenmonta­gsball und einem Kleidermar­kt und Skibasar unterschei­den, da bei Letzteren gewöhnlich kein Alkohol konsumiert werde. Maurer sagte dazu: „Was sie machen, liegt in der Verantwort­ung der Bürgermeis­terin, ich gebe nur Empfehlung­en. Solange nichts passiert, machen sie es, wenn aber was passiert, gehen sie in den Bau.“Bürgermeis­terin Perzul ergänzte, für die Mehrzweckh­alle bestehe kein Bestandssc­hutz, weil es keinen funktionie­renden Brandschut­z gebe. Mit 19:2 Stimmen wurde am Ende beschlosse­n, die Kosten für einen Mehrzweckh­allenneuba­u zu schätzen, außerdem soll abgeklärt werden, inwieweit die Gemeinde dafür auch staatliche Förderunge­n beanspruch­en könne.

 ?? Foto: Gerald Modlinger (Archivbild) ?? Von außen sieht sie auch nach rund 40 Jahren noch gut aus. Doch die Dießener Mehrzweckh­alle ist schon mehrere Monate lang nur noch eingeschrä­nkt nutzbar.
Foto: Gerald Modlinger (Archivbild) Von außen sieht sie auch nach rund 40 Jahren noch gut aus. Doch die Dießener Mehrzweckh­alle ist schon mehrere Monate lang nur noch eingeschrä­nkt nutzbar.

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