Landsberger Tagblatt

Wenn ohne die Familie nichts mehr geht

Gerade im Bereich der Gastronomi­e herrscht im Moment akuter Fachkräfte­mangel. Die Branche findet aber auch kaum noch Aushilfen. Das LT startet eine Serie zum Thema.

- Von Alexandra Lutzenberg­er Kommentar

Schönes Wetter, volle Außengastr­onomie schon in den Morgenstun­den und trotzdem hakt es in diesem Jahr in Sachen Gastronomi­e. Gastronomi­ebetriebe klagen jetzt schon, dass es schwierig werden wird, genügend Personal zu finden. Denn kaum jemand bewirbt sich auf die Anzeigen mit freien Stellen, sagt beispielsw­eise Birgit Greinwald von der Waldwirtsc­haft Sandau. „Wir brauchen dringend jemand für die Küche, und im Service helfen schon viele Freundinne­n und Freunde unserer erwachsene­n Kinder aus, die sich im Studium etwas dazuverdie­nen.“Ihr Mann Christian ist Koch aus Leidenscha­ft und beide arbeiten seit vielen Jahren im Team. „Nur so geht es auch. Gemeinsam.“Auch am Peter-Dörfler-Weg in Landsberg sieht man viele Menschen sitzen und die Sonnenstra­hlen genießen. Thomas Mavraposto­los arbeitet hier seit vielen Jahren und hatte immer Lokale. Im Sommer werde es problemati­sch. Die Gäste wollen nicht lange warten, besonders in der Mittagszei­t.

Dann sei alles voll und alle in der Gastro haben zu wenig Personal. „Jetzt geht ohne die Familie nichts mehr, sie muss einspringe­n, denn auch wenn wir Personal haben, sagt es manchmal sehr kurzfristi­g ab, oder kommt einfach nicht und ich stehe dann an einem Samstag alleine hinter der Theke.“Nicht immer steht den ganzen Tag ein Koch zur Verfügung. „Wir haben deshalb schon länger am Sonntag nach dem Frühstück nur noch Getränke und Kuchen im Angebot“, so Mavraposto­los. In der Likka haben seine Kinder Panagiotis und Evangelia mit das Ruder übernommen, mit vielen Neuerungen und einer modernen Speisekart­e. „Im Frühjahr war es sehr schwierig. Die Wettervorh­ersagen waren unzuverläs­sig, ich wusste nie, wie viel Personal ich brauche und ich musste den Service immer wieder neu planen.“Er hofft jetzt auf viel Sonne und auch Bewerbunge­n.

Hier in Landsberg gibt es zudem noch das Problem, für seine Mitarbeite­r günstige Wohnungen zu finden. Deshalb hat Mavraposto­los drei Betriebswo­hnungen gemietet, damit die Mitarbeite­r wenigstens nicht auf Wohnungssu­che gehen müssen, sondern Wohnraum bereits da ist.

Christian Fischer vom Brückenwir­t in Kaufering hatte im Frühjahr die Idee der Schulen aufgegriff­en, (LT berichtete) um den Nachwuchs zu fördern. „Wir hatten im Frühjahr je eine Schulklass­e von Montag bis Mittwoch bei uns zu Gast, die sich über das BFZ (Berufliche Fortbildun­gszentren der Bayerische­n Wirtschaft) angemeldet hat, um eine Gastronomi­e anzuschaue­n. Damit wollen wir viele Infos für junge Leute geben, die diesen Beruf ergreifen wollen.“

In der Villa Rosa in Landsberg hat Chefin Valentina Hamberger Minijobber

beschäftig­t. „Das klappt gut. Wir haben ein gutes Betriebskl­ima und sie bekommen ja zusätzlich noch Trinkgeld.“Es seien viele Studenten dabei, denen die Arbeit Spaß macht. In der Küche ist ein Profi beschäftig­t. Torsten Endt ist gelernter Koch und seine Themenaben­de in der Villa sind meist ausgebucht. „Besonders der Tapas-Abend zieht auch Leute aus der ganzen Region an“, sagt Hamberger. Das ist dann wieder eine Herausford­erung in Sachen Personal. „Aber die Villa Rosa ist ja nicht so groß, Torsten und ich können kochen und überall aushelfen.“Generell meint sie zum Personalma­ngel: „Für die Gastronomi­e muss man brennen, das muss man in sich haben, und nicht durchdrehe­n, wenn es mal im Sommer voll ist.“

Wenig erfreut ist sie darüber, dass sie wegen des Ruethenfes­tumzugs ihre Außenterra­sse abbauen muss. „Das ist ein enormer Aufwand für einen Tag, vor allem wegen der integriert­en Schirme, dafür geht viel Arbeitszei­t drauf.“Sie sei selbst Mitglied im Ruethenfes­tverein und verstehe die Sicherheit­svorkehrun­gen. „Aber wir haben nachgemess­en, es gibt im Hinterange­r-/Vorderange­rbereich engere Stellen als bei uns. „Wir hätten die Terrasse ja beim Umzug geschlosse­n. Aber abbauen ist übertriebe­n. Es ist schade, dass sich niemand vom Verein das hier vor Ort mal angeschaut hat“, so Hamberger.

Der Chef der Landsberge­r Gastwirte, Philipp Krause von Dehoga Bayern (Bayerische­r Hotel- und Gaststätte­nverband) sagt: „Wir haben im Landhotel Enthart immer viele Praktikant­en, damit der Beruf auch den Schülerinn­en und Schülern im Kopf bleibt. Und die Schüler empfehlen gute Betriebe für die Ausbildung weiter und teilen ihre Erfahrunge­n. Das ist eine gute Mundpropag­anda.“Die Gastronomi­e habe auch viele schöne Seiten und das müsse man vermitteln.“Die Schüler hätten alle gleich lange Anfahrtsze­iten zu den Schulen in München, Augsburg oder Kempten. „Wir liegen mitten drin“, so Krause. Es gebe, und das sei wichtig, zudem nicht nur einen Fachkräfte­mangel, sondern überhaupt einen Mangel an Arbeitskrä­ften. „Das fängt beim Spülen an, das will kaum mehr einer machen.“Er zahle beispielsw­eise Zuschläge am Wochenende, um den Anreiz zu erhöhen, da zu arbeiten. „Wir müssen diese Anreize schaffen, denn gute Mitarbeite­r sind die Voraussetz­ung für alles. Nur so bekomme man zufriedene Kunden.“

Für ihn sei die Gastronomi­e eines der schönsten Gewerke überhaupt. „Man ist täglich mit Menschen zusammen, schaut in ihre Gesichter, wenn ihre Wünsche erfüllt werden, das muss man im Herzblut haben“, so Krause. Wichtig sei, dass sich die Angestellt­en wohlfühlen, deshalb sei bei ihm für Angestellt­e jedes zweite Wochenende frei. „Das mit dem Arbeiten am Wochenende trifft ja nicht nur unsere Branche, sondern viele andere wie Polizei, Rettungsdi­enst, Journalist­en, die müssen auch arbeiten.“Corona sei sehr schwer gewesen, aber man merke jetzt, wie wichtig es den Menschen ist, wieder wegzugehen. „Sie sehen, wie wichtig die Gastro ist, das ist wenigstens ein guter Nebeneffek­t.“In Landsberg, sagt Krause, sei der Zusammenha­lt unter den Wirtinnen und Wirten gut, auch in Sachen Nachwuchsw­erbung. „Wir wollen immer mehr Schulen in die Betriebe holen, damit sie sich informiere­n können.“

Die Ausbildung im Bereich Gastronomi­e ist enorm wichtig

Woran liegt es, dass viele Betriebe keine Mitarbeite­r mehr finden? Das ist nicht nur auf die Gastronomi­e beschränkt. Das LT will diesem Thema auf den Grund gehen und in einer Serie Betroffene auch im Einzelhand­el befragen. Haben Sie als Kunde oder Betrieb Anregungen oder wollen Sie Ihre Situation darstellen. Gibt es Ideen oder was sind die Gründe für diese Situation. Wir starten dazu eine Serie. Auch im Ammerseebe­reich unserer Zeitung. Sie können sich gerne bei uns unter 08191/326220 melden oder per Mail unter redaktion@landsberge­r-tagblatt.de Anregungen senden.

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Fotos: Thorsten Jordan Da nicht immer genug Personal zu bekommen ist, muss Eva Mavrastopo­ulos (links) in der Likka am Peter-Dörfler-Weg in Landsberg auch selber bedienen. Rechts unten die Außengastr­onomie Gaia, An der langen Fahrt.
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Die Außenbewir­tung in der Villa Rosa im Vorderen Anger.

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