Der Chart-Stürmer aus Dießen
In der Corona-Zeit erlebt Manu Lotter die härtesten Jahre seines Lebens. Dann kommt ein Anruf eines Musikerkollegen. Jetzt startet der Schlagzeuger wieder voll durch.
Der Charts-Stürmer aus Dießen wohnt ziemlich versteckt in einer Doppelhaushälfte: Es ist der Schlagzeuger Manu Lotter, der vor ein paar Wochen seinen bisher größten Erfolg als Bandmusiker verbuchen konnte. Das erste Album seiner neuen Formation Angus McSix stieg in der Woche seiner Veröffentlichung gleich auf Platz 10 der Album-Charts ein. Und in den nächsten Monaten ist Lotters Terminkalender schon ziemlich voll, wenn er auf Festivals in ganz Europa spielt. Doch Lotter bleibt auf dem Teppich, denn, so sagt er: „Allein von der Musik zu leben, kannst du vergessen. Musik ist für mich nur ein sehr gut bezahltes Hobby.“
Da spricht aus dem 34-Jährigen doch ganz der Vater, für den die Musik ebenfalls die große Leidenschaft, aber nie die eigentliche Profession war. Manu Lotter ist der Sohn des vor bald drei Jahren verstorbenen Robert „Mandy“Lotter. Der Mandy war im Hauptberuf immer Bauingenieur, Manu lebt vor allem von seiner Agentur Still:Bewegt,
die Webseiten, Webshops und Imagefilme produziert.
Die Musik wurde ihm in die Wiege gelegt: Das darf man bei Manu Lotter sagen, ohne dass es klischeehaft klingt, schließlich schenkte ihm sein Vater ein Mickey-MouseSchlagzeug, als Manu zwei Jahre alt war. War die Gitarre das Instrument des Vaters, so ist es bei ihm das Schlagzeug, mit dem er sich international im Metal-Genre einen Namen gemacht hat. Vor allem die 1980er-Jahre waren die Hochzeit von Heavy Metal in all seinen stilistischen Verästelungen, eine Zeit, in der Manu Lotter noch gar nicht geboren war.
So richtig Fahrt nahm Manu Lotters Schlagzeugerkarriere 2017 auf, als er bei der italienischen PowerMetal-Band Rhapsody of Fire einstieg. 2020 kam dann ein großer Einschnitt: Wegen der heraufziehenden Corona-Pandemie musste die damalige Europa-Tournee überstürzt abgebrochen werden, bald darauf kam im Lockdown dann auch der Bruch mit der Band. Im folgenden Herbst starb Manu Lotters Vater, daneben hielten ihn private Probleme auf Spannung, bis es ihm Anfang 2022 gelungen sei, sich aus dieser „toxischen Beziehung“zu lösen, wie er erzählt. „Die letzten drei Jahre waren die härtesten meines Lebens, da habe ich wirklich am Fußboden gekratzt“, sagt Manu Lotter, wieder ein Satz, wie ihn auch sein Vater hätte formulieren können.
Dann klingelte irgendwann im Frühjahr 2022 das Telefon: Sebastian Levermann war dran. Er und Thomas Winkler planten ein neues musikalisches Projekt, und dafür brauchten sie noch einen Schlagzeuger. „So war ich wieder unter der Haube und wusste, es geht weiter.“Angus McSix ist der Name des Bandprojekts, das ebenfalls im Power-Metal-Genre angesiedelt ist. Die Musik des ersten Albums erzählt eine Fantasy-Geschichte, bei der das Gute gegen das Böse kämpft, jedes Bandmitglied spielt bei den Auftritten eine bestimmte Figur. Das erinnert ein wenig an frühere Rock-Konzeptalben, aber es ist eigentlich eine Persiflage. Man nimmt das Thema auf die Schippe, nach dem Motto „too much ist nicht genug“, wie Manu Lotter sagt.
Folgerichtig lautete der Titel der im Februar veröffentlichten Single dann auch „Master of the Universe“. Der Versuchsballon für das erste Album „Angus McSix and the Sword of Power“stieg hoch, ziemlich hoch: „Wir hatten schon den Verdacht, das kann gut werden“, sagt Manu Lotter, „es wurde irreal: Als wir das Video veröffentlicht haben, haben wir in zwei Monaten eine Million Aufrufe gezählt und da fragten wir uns, was ist jetzt los.“Am 21. April kam das Album auf den Markt und nach dem Hype um die erste Single stieg es gleich auf Platz 10 in die deutschen AlbumCharts ein. Allerdings: Die Hitparade ist heutzutage eine volatile Angelegenheit. Im Vergleich zu den Zeiten, in denen man Musik nur auf Vinyl oder auf CD haben konnte, muss man in der Zeit der Streaming-Dienste für eine Top-Platzierung heute nur noch einen Bruchteil dieser Tonträger verkaufen. So waren unter den Top-Alben in der Woche, als Angus McSix auf Platz 10 stand, sieben Neueinsteiger, doch Manu Lotters neue Band war auch neben Berühmtheiten wie Metallica, Depeche Mode und Herbert Grönemeyer gelistet.
Das Geld im Musikgeschäft wird heutzutage eher bei Auftritten als durch Alben und Streaming verdient, und da stehen in diesem Sommer viele Festival-Termine im Kalender von Manu Lotter: „Von Juni bis September/Oktober sind wir jedes zweite Wochenende auf Festivals.
Der Ritterschlag ist, dass wir im August beim Wacken Open Air spielen, mein Kindheitstraum, das ist, was ich immer erreichen wollte“, wird Manu Lotter ganz euphorisch.
Aber er wäre wohl nicht Manu Lotter, der Sohn vom Mandy, wenn er mit Wacken wirklich am Ziel wäre. Musik sei sein Lebenselixier und eines, das für ihn auch nach den Erfahrungen der vergangenen drei Jahre noch wichtiger geworden sei: „Die Welt ist so ernst und negativ geworden, wie sich die Gesellschaft entwickelt, ist für mich eine Katastrophe“, sagt Lotter. Dem setze er Entertainment und Unterhaltung entgegen – mit einer Musik, die der Seele der 1980er-Jahre entstammt, einer Zeit, die in der Rückschau und im Vergleich zu heute noch richtig wild war.