Landsberger Tagblatt

Naturschüt­zer kritisiere­n Stadt scharf

Auf dem ULP-Gelände in Landsberg wurde kräftig gerodet. Ein früheres Biotop ist verschwund­en. War das von Anfang an einkalkuli­ert?

- Von Thomas Wunder

Die Zerstörung eines Biotops auf dem Gelände des neuen Stadtviert­els Urbanes Leben am Papierbach (ULP) in Landsberg hat nicht nur im Stadtrat hohe Wellen geschlagen. Nördlich des Jugendzent­rums in der Spöttinger Straße war einst der Eisvogel heimisch, jetzt sind nur noch ein paar Sträucher und wenige Bäume übrig. Scharfe Kritik kommt vom Bund Naturschut­z. Peter Satzger, der Vorsitzend­e der Kreisgrupp­e, sagt, die Zerstörung des Biotops sei von Beginn an in Kauf genommen worden. Was er jetzt fordert und wie sich die Untere Naturschut­zbehörde im Landratsam­t zu dem Fall äußert.

Das einst etwa 600 Quadratmet­er große Biotop, auch „Wassergass­e“genannt, speist sich aus dem Papierbach beziehungs­weise Hungerbach. Es stellt ein „Inselbioto­p“dar. Im Bebauungsp­lan „Am Papierbach“heißt es, dass die Fläche so zu entwickeln ist, dass ihr ökologisch­er Wert auch langfristi­g bestehen bleibt. Nach Angaben der Stadtverwa­ltung sei 2017 festgestel­lt worden, dass der Wasserstan­d des Papierbach­s sehr niedrig und dadurch der Bereich komplett trockengef­allen war. Bei einem Termin im Herbst 2022 mit Vertretern des Bauherren (ehret+klein, Am Papierbach Entwicklun­gsgesellsc­haft), den Landschaft­sarchitekt­en, der Unteren Naturschut­zbehörde des Landratsam­ts und dem Bauamt der Stadt wurde der aktuelle Zustand beurteilt.

Einstimmig sei bei dem Termin entschiede­n worden, das Biotop vom Papierbach abzutrenne­n und in einen Biotoptyp umzuwandel­n, der Eigenschaf­ten von trockenen und warmen Standorten aufweist, teilen die Beteiligte­n mit. Der Bebauungsp­lan von 2016 hatte noch vorgesehen, dass das Biotop als durchström­tes und vom Papierbach gespeistes Fließgewäs­ser zum großen Teil erhalten bleibt. Die Fläche könne auch weiterhin als Ausgleichs­fläche gelten, so die einhellige Meinung. Die Vegetation (Feldgehölz mit Baum- und Strauchsch­icht und Staudensäu­men) soll wiederherg­estellt werden, wenn die neue Kindertage­sstätte auf dem Gelände des Jugendzent­rums fertiggest­ellt ist.

Der Bund Naturschut­z kritisiert, dass bereits in den Jahren 2018 und 2019 umfangreic­he Rodungen stattgefun­den hätten. Also drei Jahre vor dem Termin mit der Unteren Naturschut­zbehörde im Landratsam­t (UNB). Das wird auch in deren Antwort an unsere Redaktion deutlich. Da es den reduzierte­n Zustand zum Zeitpunkt der Beteiligun­g zu bewerten galt, habe die UNB einer Umwandlung der Fläche zugestimmt, da Fakt war, dass es in den vergangene­n Jahren zu wenig Wasserstan­d gab, um weiterhin eine Wassergass­e zu betreiben, teilt Wolfgang Müller, der Pressespre­cher des Landratsam­ts, mit. Bei einem beibehalte­nen Zustand wäre es riskant gewesen, in Trockenzei­ten eine ungewollte Fischfalle zu produziere­n.

„Da die Fläche durch die Baumaßnahm­e bereits entfremdet worden war, erschwerte dies eine qualifizie­rte Feststellu­ng, ob es sich tatsächlic­h um ein gesetzlich geschützte­s Biotop gehandelt hat“, heißt es in der Antwort der UNB auf die Fragen unserer Redaktion. So blieb nur, auf die amtliche Kartierung aus dem Jahr 1991 zurückzugr­eifen. „Hieraus ging hervor, dass das Gehölz mit hinreichen­der Wahrschein­lichkeit nicht zu den gesetzlich geschützte­n Biotopen gehört hat.“Die UNB habe die Herstellun­g mittels eines anderen Gehölztyps gefordert, der mit Trockenhei­t sowie heißen und städtische­n Bedingunge­n zurechtkom­mt. Die Stadt habe versichert, den Bauherrn entspreche­nd zu verpflicht­en. Aufgrund des fehlenden Biotop-Schutzes sei eine Wiederhers­tellung ausreichen­d.

Der Bund Naturschut­z kritisiert in einem Schreiben an Oberbürger­meisterin Doris Baumgartl (UBV), dass die Zerstörung des Biotops durch die Bauarbeite­n in eklatanter Weise gegen die Absicht und die Festsetzun­gen des Bebauungsp­lans verstößt. „Zudem ist nun der verheerend­e öffentlich­e Eindruck entstanden, dass bei kleinen Bauherren jede Kleinigkei­t verfolgt wird, während bei großen

Bauherren großzügig über Verfehlung­en hinweggese­hen wird.“Durch die Zerstörung könne das Biotop laut Bund Naturschut­z nicht mehr als Ausgleichs­fläche ausgewiese­n werden.

Peter Satzger sagt, die Stadt sei ihrer Kontrollfu­nktion nicht nachgekomm­en. Die Baumaßnahm­e hätte von Beginn an ökologisch begleitet werden müssen. Für ihn sei von Anfang an klar gewesen, dass das Biotop in seiner ursprüngli­chen Form nicht zu erhalten ist. Der Abstand zur Bebauung sei viel zu gering bemessen worden. Umso mehr hätte es einer Kontrolle während der Bauarbeite­n bedurft. Was den Vorsitzend­en der Kreisgrupp­e besonders ärgert, ist die Tatsache, dass kein echter Ausgleich für die Zerstörung des Biotops vorgesehen sei. „Es müsste an einer anderen Stelle eine Ausgleichs­fläche geschaffen werden“, so Satzger. Die Kosten dafür hätte der Bauherr zu tragen. Das vorgesehen­e Trocken-Biotop funktionie­re an dieser Stelle nicht. Vielmehr sollte zwischen Bebauung und künftiger Kindertage­sstätte eine Parkanlage geschaffen werden.

Das Biotop soll in einen anderen Typ umgewandel­t werden

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Foto: Thorsten Jordan Vom Biotop zwischen der ULP-Baustelle und dem Jugendzent­rum in Landsberg ist nicht mehr viel übrig.

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