Naturschützer kritisieren Stadt scharf
Auf dem ULP-Gelände in Landsberg wurde kräftig gerodet. Ein früheres Biotop ist verschwunden. War das von Anfang an einkalkuliert?
Die Zerstörung eines Biotops auf dem Gelände des neuen Stadtviertels Urbanes Leben am Papierbach (ULP) in Landsberg hat nicht nur im Stadtrat hohe Wellen geschlagen. Nördlich des Jugendzentrums in der Spöttinger Straße war einst der Eisvogel heimisch, jetzt sind nur noch ein paar Sträucher und wenige Bäume übrig. Scharfe Kritik kommt vom Bund Naturschutz. Peter Satzger, der Vorsitzende der Kreisgruppe, sagt, die Zerstörung des Biotops sei von Beginn an in Kauf genommen worden. Was er jetzt fordert und wie sich die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt zu dem Fall äußert.
Das einst etwa 600 Quadratmeter große Biotop, auch „Wassergasse“genannt, speist sich aus dem Papierbach beziehungsweise Hungerbach. Es stellt ein „Inselbiotop“dar. Im Bebauungsplan „Am Papierbach“heißt es, dass die Fläche so zu entwickeln ist, dass ihr ökologischer Wert auch langfristig bestehen bleibt. Nach Angaben der Stadtverwaltung sei 2017 festgestellt worden, dass der Wasserstand des Papierbachs sehr niedrig und dadurch der Bereich komplett trockengefallen war. Bei einem Termin im Herbst 2022 mit Vertretern des Bauherren (ehret+klein, Am Papierbach Entwicklungsgesellschaft), den Landschaftsarchitekten, der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts und dem Bauamt der Stadt wurde der aktuelle Zustand beurteilt.
Einstimmig sei bei dem Termin entschieden worden, das Biotop vom Papierbach abzutrennen und in einen Biotoptyp umzuwandeln, der Eigenschaften von trockenen und warmen Standorten aufweist, teilen die Beteiligten mit. Der Bebauungsplan von 2016 hatte noch vorgesehen, dass das Biotop als durchströmtes und vom Papierbach gespeistes Fließgewässer zum großen Teil erhalten bleibt. Die Fläche könne auch weiterhin als Ausgleichsfläche gelten, so die einhellige Meinung. Die Vegetation (Feldgehölz mit Baum- und Strauchschicht und Staudensäumen) soll wiederhergestellt werden, wenn die neue Kindertagesstätte auf dem Gelände des Jugendzentrums fertiggestellt ist.
Der Bund Naturschutz kritisiert, dass bereits in den Jahren 2018 und 2019 umfangreiche Rodungen stattgefunden hätten. Also drei Jahre vor dem Termin mit der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt (UNB). Das wird auch in deren Antwort an unsere Redaktion deutlich. Da es den reduzierten Zustand zum Zeitpunkt der Beteiligung zu bewerten galt, habe die UNB einer Umwandlung der Fläche zugestimmt, da Fakt war, dass es in den vergangenen Jahren zu wenig Wasserstand gab, um weiterhin eine Wassergasse zu betreiben, teilt Wolfgang Müller, der Pressesprecher des Landratsamts, mit. Bei einem beibehaltenen Zustand wäre es riskant gewesen, in Trockenzeiten eine ungewollte Fischfalle zu produzieren.
„Da die Fläche durch die Baumaßnahme bereits entfremdet worden war, erschwerte dies eine qualifizierte Feststellung, ob es sich tatsächlich um ein gesetzlich geschütztes Biotop gehandelt hat“, heißt es in der Antwort der UNB auf die Fragen unserer Redaktion. So blieb nur, auf die amtliche Kartierung aus dem Jahr 1991 zurückzugreifen. „Hieraus ging hervor, dass das Gehölz mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht zu den gesetzlich geschützten Biotopen gehört hat.“Die UNB habe die Herstellung mittels eines anderen Gehölztyps gefordert, der mit Trockenheit sowie heißen und städtischen Bedingungen zurechtkommt. Die Stadt habe versichert, den Bauherrn entsprechend zu verpflichten. Aufgrund des fehlenden Biotop-Schutzes sei eine Wiederherstellung ausreichend.
Der Bund Naturschutz kritisiert in einem Schreiben an Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl (UBV), dass die Zerstörung des Biotops durch die Bauarbeiten in eklatanter Weise gegen die Absicht und die Festsetzungen des Bebauungsplans verstößt. „Zudem ist nun der verheerende öffentliche Eindruck entstanden, dass bei kleinen Bauherren jede Kleinigkeit verfolgt wird, während bei großen
Bauherren großzügig über Verfehlungen hinweggesehen wird.“Durch die Zerstörung könne das Biotop laut Bund Naturschutz nicht mehr als Ausgleichsfläche ausgewiesen werden.
Peter Satzger sagt, die Stadt sei ihrer Kontrollfunktion nicht nachgekommen. Die Baumaßnahme hätte von Beginn an ökologisch begleitet werden müssen. Für ihn sei von Anfang an klar gewesen, dass das Biotop in seiner ursprünglichen Form nicht zu erhalten ist. Der Abstand zur Bebauung sei viel zu gering bemessen worden. Umso mehr hätte es einer Kontrolle während der Bauarbeiten bedurft. Was den Vorsitzenden der Kreisgruppe besonders ärgert, ist die Tatsache, dass kein echter Ausgleich für die Zerstörung des Biotops vorgesehen sei. „Es müsste an einer anderen Stelle eine Ausgleichsfläche geschaffen werden“, so Satzger. Die Kosten dafür hätte der Bauherr zu tragen. Das vorgesehene Trocken-Biotop funktioniere an dieser Stelle nicht. Vielmehr sollte zwischen Bebauung und künftiger Kindertagesstätte eine Parkanlage geschaffen werden.
Das Biotop soll in einen anderen Typ umgewandelt werden