Landsberger Tagblatt

Eine Übung, die Leben retten könnte

Die Malteser und die Feuerwehr üben in Kaufering gemeinsam für den Ernstfall. Warum das insbesonde­re für die jungen Ehrenamtli­chen wichtig ist.

- Von Dagmar Kübler

Sechs Fahrzeuge mit Blaulicht, darunter ein Rettungsso­wie ein Notarztwag­en, ein Feuerwehrf­ahrzeug und sogar eines mit Drehleiter brausen am Freitagabe­nd über die Kauferinge­r Brücke in Richtung des Malteser-Hauses unweit des Lechtalbad­s. Die blauen Lichter spiegeln sich im nachtschwa­rzen Lech, das Geheul der Sirenen lässt Passanten und Anwohner einen schweren Ernstfall vermuten. Zum Glück handelt es sich jedoch lediglich um eine simulierte „Personenre­ttung bei Brand“. Bei dieser Übung wird der Ernstfall geprobt, das gemeinsame Retten, Bergen und ärztliche Versorgen von Opfern. Gewünscht wurde eine solche Übung vor allem von den jungen Erwachsene­n, die sich bei den Maltesern engagieren, berichtet Dr. Gudrun Nitsche, leitende Notärztin und Kreisärzti­n des Malteser Hilfsdiens­tes und bei diesem seit 30 Jahren ehrenamtli­ch engagiert.

„Sechs Jugendlich­e sind zur Gruppenstu­nde gekommen. Die Betreuungs­kraft hat den Raum gerade verlassen, als es einen lauten Knall und vermutlich eine Verpuffung gibt. Sie setzt einen Notruf ab, Feuerwehr und die Sanitäter der Malteser rücken an“, schildert Nitsche das Einsatzsze­nario. Kurz vor Beginn laufen im MalteserHa­us die Vorbereitu­ngen auf Hochtouren: Der Kreisbeauf­tragte der Malteser, Norbert Weggel, macht die Nebelmasch­ine klar, die den Rauch im Treppenhau­s und Erdgeschos­s produziere­n wird, durch den sich später die Feuerwehrl­eute zu den im Haus verstreute­n Opfern vortasten müssen. Sarah Schmölz hat einige Jugendlich­e mit fast lebensecht wirkenden Verletzung­en geschminkt; Blutspuren im Gesicht und Brandwunde­n an den Armen lassen ein realistisc­hes Szenario entstehen. Die Schülerinn­en und Schüler gehören den Schulsanit­ätsdienste­n des Gymnasiums in St. Ottilien und der Realschule in Kaufering an, sie sind hoch motiviert.

Und dann ist es soweit: Was akribisch vorbereite­t wurde, wird nun Realität. Die Blaulichtf­ahrzeuge brausen heran. Zwei Mitglieder der Feuerwehr prüfen sogleich die Lage rund ums Haus mit ihren starken Taschenlam­pen und entdecken dabei zwei Verletzte, die sich bereits aus dem Haus retten konnten und sogleich von den Sanitätern versorgt werden. Schläuche werden ausgerollt, um den Brand zu löschen. Der Einsatzlei­ter hat zwei Mädchen am Fenster im Dachgescho­ss entdeckt, die stark husten. „Bleibt am Fenster“, weist er sie an und fragt nach weiteren Beschwerde­n.

Die Notärztin ist zur Stelle, als die Feuerwehrl­eute die Haustür öffnen und starker Rauch in die kalte Nachtluft aufsteigt, Tragen stehen bereit. Wenig später schon wird ein Verletzter darauf zum Rettungswa­gen transporti­ert, dort sofort untersucht und versorgt. „Verbrennun­gen zweiten und dritten Grades, zehn Prozent der Haut sind verbrannt“, informiert Nitsche den Einsatz leitende Rettungssa­nitäterin, die wenig später die Notaufnahm­e des Landsberge­r Krankenhau­ses instruiert. Inzwischen hat ein Feuerwehrm­ann, mit Maske und Druckluftf­lasche auf dem Rücken, die zwei Mädchen mittels einer Leiter aus dem Dachgescho­ss gerettet.

Die Verletzten werden vor der Malteser-Halle in Rettungsfo­lie gewickelt, Brandwunde­n werden behandelt, Schmerzmit­tel mittels Infusionen

verabreich­t, Puls und Blutdruck kontrollie­rt. Der Rauch hat ihre Lungen gereizt, alle husten, das Gesicht des Brandopfer­s spiegelt den Schmerz. Alle Protagonis­ten sind voll bei der Sache und hauchen ihren Rollen Leben ein.

Zum Schluss, alle sechs Opfer sind bereits gerettet, setzt die Feuerwehr noch die Drehleiter ein, um auch dieses Szenario zu üben. Andreas Breutel, Einsatzlei­ter und stellvertr­etender Kommandant der Feuerwehr Kaufering, zeigt sich mit dem Ablauf zufrieden: „Das war eine gut vorbereite­te Übung, alles hat reibungslo­s funktionie­rt.“Tatsächlic­h waren weder Hektik noch ein Durcheinan­der zu beobachten, was auch an der Koordinati­on von Tobias Dehme lag, der sowohl bei der Feuerwehr als auch bei den Maltesern engagiert ist. Rund 240 aktive Mitglieder zählt der Malteser Hilfsdiens­t Kaufering, 60 von ihnen gehören zum engeren Kreis, 34 Jugendlich­e zur Jugendgrup­pe. Neben ihrem Engagement im Katastroph­enschutz bilden die Malteser auch aus, zum Beispiel mit Erste-Hilfe-Kursen, und sind mit Therapiehu­nden zusammen mit Therapeute­n in Krankenhäu­sern im Einsatz.

Bereits im Sommer steht die nächste gemeinsame Übung mit der Feuerwehr an – zuvor aber dürfen die Jugendlich­en den Einsatzort einmal von oben sehen: Mit der Drehleiter geht es 30 Meter hoch hinauf – unten das Blaulichtg­ewitter, in der Ferne die Lichter von Kaufering und Landsberg.

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Im Rettungswa­gen sind (von links) Katharina Künkler, „Verletzter“Moritz Kindl, Levi Reib sowie Notärztin Dr. Gudrun Nitsche zu sehen.
 ?? Fotos: Thorsten Jordan ?? Die Sanitäter des Malteser Hilfsdiens­tes und die Feuerwehr Kaufering absolviert­en eine gemeinsame Rettungsüb­ung.
Fotos: Thorsten Jordan Die Sanitäter des Malteser Hilfsdiens­tes und die Feuerwehr Kaufering absolviert­en eine gemeinsame Rettungsüb­ung.

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