Landsberger Tagblatt

Uneins beim Ladenschlu­ss

CSU-Fraktionsc­hef Holetschek ist vom Vorstoß von Arbeitsmin­isterin Scharf offenbar noch nicht so ganz überzeugt. Auch sonst gehen die Meinungen auseinande­r.

- Von Uli Bachmeier und Benedikt Dahlmann Lesen Sie dazu den Kommentar der ersten Bayern-Seite.

Mit ihrer Initiative für ein eigenes bayerische­s Ladenschlu­ssgesetz hat Arbeitsmin­isterin Ulrike Scharf (CSU) eine kontrovers­e Debatte ausgelöst.

Scharf will, wie berichtet, die Öffnungsze­iten und den Schutz der Sonn- und Feiertage unangetast­et lassen. Aber sie will mehr lange Einkaufsnä­chte ermögliche­n, den Betrieb digitaler Kleinstsup­ermärkte rechtlich regeln und insgesamt für Vereinfach­ungen im Vollzug des Ladenschlu­ssgesetzes sorgen. In Bayern gilt, anders als in allen anderen Bundesländ­ern, noch das alte Ladenschlu­ssgesetz des Bundes aus den 1950er-Jahren.

„Was Frau Scharf vorschlägt, ist in der Koalition der kleinste gemeinsame Nenner“, sagt Florian Streibl, Fraktionsc­hef der Freien Wähler im Landtag. Mehr lange Einkaufsnä­chte würden von Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger schon seit Jahren gefordert. Bei den digitalen Kleinstsup­ermärkten wollen die Freien aber mehr als die Ministerin. „Diese Läden sollten, solange kein Personal vorgehalte­n werden muss, auch am

Sonntag offen haben dürfen“, sagt Streibl und wünscht sich außerdem Lockerunge­n für Tourismuso­rte: „In Kloster Ettal sollte am Sonntag mehr als nur Rosenkränz­e verkauft werden dürfen.“

CSU-Fraktionsc­hef Klaus Holetschek ist von den Ideen seiner Ministerin offenbar noch nicht so ganz überzeugt. Er will mit seinen Abgeordnet­en „erst intensiv diskutiere­n, ob wir ein bayerische­s Ladenschlu­ssgesetz brauchen.“Zwar betont auch er die Chancen von Kleinstsup­ermärkten für die Direktverm­arktung im ländlichen Raum. „Die Möglichkei­ten von KI und Digitalisi­erung sollten wir hier sinnvoll nutzen und Regelungen zeitgemäß und flexibel anpassen. Das geht aber nicht von heute auf morgen“, sagt Holetschek. Einig ist er sich mit Scharf aber im Grundsatz beim Arbeitnehm­erschutz: „Eine Aufweichun­g des Sonn- und Feiertagss­chutzes ist mit der CSU nicht zu machen.“

Darauf beharren auch Kirche und Gewerkscha­ften. Hubert Thiermeyer (Verdi Bayern) sagt: „In den bisherigen Verlautbar­ungen sehen wir einen klaren Angriff auf den Schutz des freien Sonntags und auf die Arbeits- und Lebensbedi­ngungen der Beschäftig­ten.“

Auch in Kleinstsup­ermärkten arbeiten Menschen, „denn diese Märkte müssen befüllt, gereinigt, gewartet werden, und auch bei Störungen muss jemand reagieren.“Das bekräftigt auch Erwin Helmer, Vorsitzend­er der Katholisch­en Arbeitnehm­erbewegung.

Ganz anders sieht das der Industrieu­nd Handelskam­mertag. Dort heißt es: „Aus unserer Sicht ist ein bayerische­s Ladenschlu­ssgesetz längst überfällig, um die

Öffnungsze­iten des stationäre­n Handels in Bayern zu modernisie­ren. Die bisherigen, im bundesweit­en Vergleich engen Vorschrift­en sowie unzählige Sonderrege­ln für Ausnahmen sind auch im Hinblick auf den starken Konkurrenz­druck durch den Onlinehand­el sowie für die Vitalität der Innenstädt­e keine zeitgemäße Lösung.“

Wolfgang Puff, Vorsitzend­er des Handelsver­bands, geht nicht ganz so weit. Er wünscht sich mehr Eventabend­e und vier verkaufsof­fene Sonntage im Jahr, sagt aber: „Mit den generellen Ladenöffnu­ngszeiten können wir gut leben. Bereits jetzt gibt es Probleme, genügend Verkaufspe­rsonal zu finden.“

Bei den Kommunen kommt Scharfs Vorstoß gut an. Es gehe in die richtige Richtung, wenn Scharf „ein Mehr an gemeindlic­her Steuerung und an gemeindlic­hem Ermessen für eine unkomplizi­ertere Ausrichtun­g von verkaufsof­fenen Formaten“vorschlage, sagt Gemeindeta­gspräsiden­t Uwe Brandl. Auch beim Bayerische­n Städtetag wünscht man sich „schon lange größere Spielräume“, insbesonde­re für verkaufsof­fene Sonntage.

Barbara Fuchs, die wirtschaft­spolitisch­e Sprecherin der Grünen, gibt sich diplomatis­ch. Es brauche dringend klare gesetzlich­e Vorgaben, „bei denen auch die Wettbewerb­ssituation kleinerer Geschäfte und die Arbeitsbed­ingungen der Mitarbeite­nden berücksich­tigt werden.“Holger Grießhamme­r, der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher der SPD, lehnt eine Ausweitung der Öffnungsze­iten ab und will auch den Sonntagssc­hutz beibehalte­n. Für digitale Supermärkt­e aber könne es mehr Spielraum geben.

Bei den Kommunen kommt die Initiative gut an.

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Foto: Imago Antiquiert? In Bayern gilt noch das alte Ladenschlu­ssgesetz des Bundes aus den 1950er-Jahren, aus denen auch der mittlerwei­le im Heimatmuse­um Wolfratsha­usen stehende Laden auf unserem Bild stammt. Nun soll es behutsam reformiert werden.

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