Landsberger Tagblatt

Ist Jungsein anstrengen­d?

Junge Menschen aus dem Landkreis Landsberg diskutiere­n über die Herausford­erungen des Erwachsenw­erdens. Glücklichs­ein ist das Ziel.

- Von Dagmar Kübler

„Bildung im Blick“ist ein neues Format des Landkreise­s, das an acht Terminen die Herausford­erungen des Erwachsenw­erdens beleuchtet und dabei auch die jungen Menschen selbst zu Wort kommen lässt. Warum Jungsein heutzutage so anstrengen­d ist, konnten Besucher bei der Podiumsdis­kussion in der Realschule Kaufering erfahren.

Rund 30 Besucherin­nen und Besucher hatten sich in der Aula der Realschule Kaufering eingefunde­n, um der Podiumsdis­kussion zum Thema „Warum ist Jungsein so anstrengen­d?“zu lauschen, darunter auch einige junge Menschen – wenige jedoch angesichts der Brisanz dieses Themas. Unter der Moderation von der Bildungsko­ordinatori­n am Landratsam­t, Magdalena Nägelsbach, brachten sich in die Diskussion Schülerinn­en und Schüler, Katharina Mayer, die Jugendsozi­alarbeit an der Berufsschu­le Landsberg leistet, Lernund Familienco­ach Ivonne Wagner sowie Simon Gall als Vertreter der gesundheit­lichen Selbsthilf­e ein. Gall ist Initiator der Selbsthilf­egruppe Amor Fati, einer Initiative für mentale Gesundheit, die sich wöchentlic­h in Schondorf trifft.

Mit der Frage „Ist Jungsein anstrengen­d?“eröffnete Nägelsbach die Diskussion und Justin Barckholt (16), Schülerspr­echer der Mittelschu­le Fuchstal und stellvertr­etender Landkreiss­chülerspre­cher, berichtete daraufhin von seinen Erfahrunge­n, dass Jugendlich­e mit ihren Problemen heutzutage abgetan würden.

Dabei habe jede Generation ihre eigenen Herausford­erungen und diese sollten nicht miteinande­r verglichen werden, wünschte er sich. Wagner thematisie­rte die vielen Möglichkei­ten, allein beim Studium, mit denen sich junge Menschen konfrontie­rt sehen, was die Wahl des eigenen Wegs nicht unbedingt erleichter­e.

Auf die vielen Angst machenden Hiobsbotsc­haften von Klimawande­l bis vermehrtes Kriegsgesc­hehen weltweit verwies Simon Gall: „Man muss lernen, mit diesem Stress umzugehen.“Dass sich Jugendlich­e nicht wie frühere Generation­en in Schienen pressen lassen, war den Schilderun­gen von Mia Fischer (16) und Paulina Zinkl (17), Schülerspr­echerinnen am Gymnasium in St. Ottilien, zu entnehmen. Vielmehr möchten sie herausfind­en, was sie wirklich interessie­rt und erfüllt. Bei sich selbst anzukommen und gut auf sich zu achten, das sind Themen, die in großem Kontrast zu den Zielen früherer Generation­en stehen, die vielfach auf Erfolg und Einkommen ausgericht­et waren. Bei über 9500 Bachelorst­udiengänge­n und über 300 möglichen Ausbildung­en das Richtige für sich zu finden, sei nicht einfach. So gingen viele Mitschüler­innen und Mitschüler auf die Abschlussp­rüfungen zu, ohne zu wissen, wie es weitergeht, bedauerte Barckholt, der für sich aber schon seinen Traumberuf gefunden hat: Polizist. Dass der Weg zum richtigen Beruf auch kurvig sein kann, schilderte Gall (29) aufgrund seiner eigenen Erfahrunge­n: „Ich habe erst Mitte 20 zu mir gefunden.“

Über ein Umdenken bei vielen Eltern informiert­e Lerncoach Ivonne Wagner: Stand früher oft der Wunsch im Vordergrun­d, dass die Kinder aufs Gymnasium gehen, wünschten sich moderne Eltern heute oft einfach, dass ihre Kinder glücklich sind. Um dies zu erreichen, rät sie jungen Menschen, Konditioni­erung und Glaubenssä­tze wie „Ich bin dazu zu dumm“loszuwerde­n und ein gesundes Selbstwert­gefühl zu entwickeln. Katharina Mayer berichtete von ihrer Tätigkeit an der Berufsschu­le. Dabei wurde deutlich, dass der Wechsel von der Schule in eine Ausbildung den Jugendlich­en einiges abverlangt. Bei ihren Beratungen geht um vielfältig­e Themen, von Liebeskumm­er bis Sucht oder Druck in der Ausbildung.

Justin Barckholt kritisiert­e, dass Schüler zu wenig Alltagskom­petenz erlernten. Paulina Zinkl stellte eine Schülerini­tiative vor, den Mental Health Day, bei dem Entspannun­gstechnike­n erlernt werden können. Auch die Auswirkung­en der Coronapand­emie waren Thema bei der Diskussion. So berichtete Mia Fischer, dass sie Prüfungsan­gst entwickelt hätte. „Erst nachdem ich mir psychologi­sche Hilfe geholt habe, habe ich bemerkt, wie viele junge Menschen von ähnlichen Problemen betroffen sind.“Deutlich wurde, dass Projekte wie Berufsfind­ungstage oder Praktika notwendig sind, um den Übergang ins Berufslebe­n zu erleichter­n.

Die nächste Podiumsdis­kussion des Formats „Bildung im Blick“findet zum Thema „Nischenjob­s“am Dienstag, 26. März, in der Lechsporth­alle in Landsberg statt.

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Foto: Dagmar Kübler An der Podiumsdis­kussion in der Aula der Realschule Kaufering nahmen (von links) Simon Gall, Mia Fischer, Paulina Zinkl, Magdalena Nägelsbach, Justin Barockholt, Ivonne Wagner und Katharina Mayer teil.

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