Applaus für die 1000. Reparatur
Seit mehr als vier Jahren engagieren sich ehrenamtliche Helferinnen und Helfer im Repair-Café Dießen. Die Feier der 1000. Reparatur zeigt, wie viel Aufwand und Leidenschaft in dem gemeinnützigen Projekt stecken.
Christian Mauderer tritt in die Mitte der provisorischen Werkstatt im evangelischen Gemeindehaus in Dießen und läutet mit einer großen Glocke. Die Helfer und Helferinnen unterbrechen ihre Arbeit und stimmen gemeinsam mit den „Kunden“einen Applaus an. Anlass dafür ist die 1000. Reparatur, die am Samstag im Repair-Café Dießen stattfand.
Seit mehr als vier Jahren treffen sich ehrenamtliche Helferinnen, Helfer und Gäste, um gemeinsam Kaputtes wieder funktionstüchtig zu machen. Ziel sei es, nicht nur Ressourcen zu schonen und die Umwelt zu schützen, sondern auch den sozialen Zusammenhalt vor Ort zu fördern, so der Verein. Und das in einer gemütlichen Atmosphäre mit Kaffee und Kuchen. Dass dieses Konzept in Dießen gut ankommt, sieht man an der Entwicklung des Projekts. Waren es im Jahr 2020 fünf Veranstaltungen mit rund 15 Ehrenamtlichen, stieg die Zahl im Jahr 2023 auf zwölf Repair-Café-Termine mit 29 Hilfskräften. Bis jetzt kamen über 2100 Reparatur- und etwa 1000 Vor- und Nachbereitungsstunden zusammen. Und die Nachfrage nimmt weiter zu. „Wir werden irgendwann den Raum hier sprengen, befürchte ich“, verrät der Vereinsvorsitzende Christian Mauderer.
Die Nummer 1000, ein rund 20 Jahre altes Mikroskop, wurde von Sabine Klinz vorbeigebracht. Und das nicht zum ersten Mal. Die Diplom-Biologin unterrichtet als Quereinsteigerin an einer Realschule im Landkreis WeilheimSchongau. „Die Kinder lieben das
Mikroskopieren“, erzählt die 59-Jährige. Aber wo viel gearbeitet wird, gehe auch manchmal etwas kaputt.
Über das Landsberger Tagblatt habe sie vom Repair-Café in Dießen erfahren und bringe seitdem Mikroskope mit Überholbedarf her. Mal seien es Schrauben, die nachgezogen werden müssen, mal gebe es Probleme an den Objektiven oder die Elektronik muss ausgebessert werden. In diesem Fall lässt sich der Fehler schnell identifizieren. Christian Mauderer bemerkt auf Anhieb den wackelnden Objekttisch.
Zwar könnte Klinz die Geräte vom Hersteller reparieren lassen, dies würde aber sehr lange dauern. Außerdem habe der Besuch im Repair-Café noch einen weiteren Vorteil. „Ich bekomme hier auch Informationen,
wie ich es selber reparieren kann“, erzählt sie.
Denn die 29 Ehrenamtlichen sind nicht nur Hobbybastler, sondern Experten in ihren Fachgebieten. Hans-Joachim Klein, ein Schreinermeister im, wie er selbst sagt, „Unruhestand“, nimmt sich der Holzreparaturen an. Samstags waren es zum Beispiel zwei alte Stühle, die Katrin Bönig für eine Freundin vorbeibrachte. Auch sie ist eine „Mehrfachtäterin“. Dies sei schon ihr vierter Besuch im RepairCafé. Klein helfe vor allem in den Fällen aus, in denen sich ein Besuch in einer Schreinerei nicht lohnen würde.
Wie das Leimen von Stühlen oder das Ausbessern von Holzschlitten. „Neulich kam eine Frau mit einem Kruzifix. Da ist der kleine Jesus abgefallen“, erinnert sich
der 74-Jährige. Er selbst helfe seit der Gründung im November 2019 mit. Für ihn ist dieses Ehrenamt eine „wunderbare Freizeitgestaltung“.
Auch Katrin Tobeck und Beate Streit sind von Anfang an dabei. Tobeck arbeitet an einem Upcycling-Projekt. Sie näht in einen Jutebeutel eine Innentasche für eine Kundin ein. Die 77-Jährige kann von ihrer Berufserfahrung als Schneiderin profitieren. Streit hingegen, eine Ärztin, ist Näherin aus Leidenschaft. Da sie sich dadurch oft mit ihrer eigenen Nähmaschine beschäftigt habe, ist die 75-Jährige nun die Ansprechpartnerin für diese Maschinen. An manchen Tagen repariere sie bis zu drei Stück. Dass Haushaltsgeräte am häufigsten ins Repair-Café gebracht werden, zeigt sich in einer
Statistik, die Mauderer mitgebracht hat. Diese machen etwa ein Drittel aller Instandsetzungen aus. Der Rest setze sich aus Unterhaltungselektronik, IT-Geräten, Textilien, Holz- und Fahrradreparaturen zusammen. Herauslesen lässt sich auch, wie effektiv das Team arbeitet. Fast drei Viertel aller Reparaturfälle sind erfolgreich. „Aber auch die Leute, bei denen es nicht klappt, sind meistens ganz froh, weil sie dann wissen, dass sie es mit gutem Gewissen wegschmeißen können“, ergänzt der 37-Jährige.
Warum die Besucher vorbeikommen, unterscheide sich je nach Fall. „Ich glaube, bei dem Großteil ist es eher der Nachhaltigkeitsgedanke. Dass man sagt: ‚Ich will’s ja auch weiterbenutzen‘“, so Mauderer. Bei manchen sei es aber auch der finanzielle Aspekt, erklärt er. Daher verlangen sie für die Reparaturen sowie für den Kaffee und Kuchen kein Geld.
Weil das Repair-Café trotzdem Ausgaben habe, freue man sich über Spenden. „Ich finde es wichtig für einen Verein, der gemeinnützige Ziele hat, dass der auch transparent ist“, meint der Vorsitzende.
Deshalb kommuniziert der Verein offen, wohin das Geld geht. Sie bezahlen damit die Miete, Versicherungen, Werkzeuge, ein Prüfgerät und seit Neuestem Fortbildungen wie einen Erste-HilfeKurs. Auch Teamaktivitäten wie ein geselliges Zusammensitzen im Sommer werden von den Spenden finanziert. Denn so könne man den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer für ihren unermüdlichen Einsatz Wertschätzung und Dank zurückgeben.