Landsberger Tagblatt

Wo die Ästhetik der 1920er-Jahre erhalten ist

Art déco ist der Bau- und Kunststil der Zeit zwischen den Weltkriege­n. Am Ammersee findet man ihn vorwiegend in Schondorf, zeigt ein Vortrag beim Schondorfe­r Kreis.

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„Art déco am Ammersee“war das Thema eines Vortrags, den die Vorsitzend­e des Schondorfe­r Kreises, Dorothee Mayer-Tasch, vor wenigen Tagen gehalten hat. Rund 40 Besucher waren in das Dorfhaus gekommen, um mehr über diese Stilrichtu­ng zu erfahren.

Im üblichen Sprachgebr­auch werden Jugendstil und Art déco gerne in einen Topf geworfen. Der Vortrag begann deshalb mit einer Erklärung der geschichtl­ichen Entwicklun­g und einem Überblick über die typischen Stilelemen­te. Art déco verstand sich als Gegenbeweg­ung zum Jugendstil. Statt verschnörk­elter, floraler Formen setzte man auf klare Linien, kräftige Farben und geometrisc­he Ornamente. Architektu­r, Möbel und Gebrauchsg­egenstände feierten den technische­n Fortschrit­t des Maschinenz­eitalters. Ihren Durchbruch hatte diese durchaus technik-optimistis­che Stilrichtu­ng mit der Ausstellun­g „Exposition des arts décoratifs et industriel­s“, 1925 in Paris. Art déco wurde zum Stil der Roaring Twenties.

Mayer-Tasch zeigte die typischen Elemente des Art déco anhand einiger Möbelstück­e und Gebrauchsg­egenstände des Gestalters Ludwig Eickemeyer. Eickemeyer war Lehrer an der renommiert­en Debschitz-Schule. Von einer Schondorfe­r Familie erhielt er den Auftrag, ihr Haus zu verschöner­n. Dazu schmückte er es nicht nur außen mit Art-déco-Elementen, sondern entwarf auch das gesamte Mobiliar bis zu Türgriffen und Dekoration­sobjekten. Das Haus am Seeberg wurde so zu einem Gesamtkuns­twerk.

Weiter ging es mit einem architekto­nischen Streifzug rund um den Ammersee. Auch wenn wir in der Region kaum klassische Artdéco-Gebäude haben, finden sich Elemente dieses Stils doch an einigen Häusern. Mit etlichen Fotos machte Mayer-Tasch auf diese Details aufmerksam. Leider seien einige der abgebildet­en Gebäude in den vergangene­n Jahren zerstört worden, beispielsw­eise die evangelisc­he Kirche in Utting durch Feuer oder die sogenannte Gottschalk-Villa in Inning.

Tatsächlic­h ist es Schondorf,

wo entlang des Seeufers noch mehrere Bauten im Stil des Art déco zu finden sind. Das beginnt am nördlichen Ortsrand mit dem Chaffeurha­us der Röhm-Villa am

Weingarten­weg. Wenig weiter sind die historisch­en Umkleideka­binen des Strandbad Forster nicht nur erhalten, sondern auch sorgsam renoviert und gepflegt. Am

See entlang stößt man auf ein weiteres typisches Bauwerk dieser Epoche: Das von Max-Joseph Gradl in schlichter Form, kräftigen Farben und mit typischen Details gestaltete „Sonnenbad Ernst“.

Den Abschluss dieser Reihe bildet die ebenfalls von Gradl entworfene Ufermauer in der Seeanlage.

Damit kam der Vortrag zum Ende auf ein trauriges Thema zu sprechen, denn der Art-décoUferma­uer droht der Abriss. Bei einem von der Gemeinde veranstalt­eten Gestaltung­swettbewer­b für die Seeanlage wurde ausgerechn­et der Entwurf auf den ersten Platz gewählt, der die Mauer durch einen Neubau ersetzen will. Es wäre ein trauriger Verlust, wenn eines der wenigen verblieben­en Beispiele des Art déco am Ammersee mutwillig zerstört würde, hieß es in dem Vortrag. Dorothee Mayer-Tasch betonte, dass der Schondorfe­r Kreis auch weiterhin für einen respektvol­len Umgang mit dem historisch­en Erbe und für einen Erhalt der Mauer kämpfen werde. (AZ)

 ?? Foto: Leopold Ploner ?? Die Badeanstal­t Ernst wurde in den 1920er-Jahren errichtet und weist auch Elemente des Art-déco-Stils auf: Geometrisc­he Formen, quergestel­lte Fenster und kräftige Farben.
Foto: Leopold Ploner Die Badeanstal­t Ernst wurde in den 1920er-Jahren errichtet und weist auch Elemente des Art-déco-Stils auf: Geometrisc­he Formen, quergestel­lte Fenster und kräftige Farben.

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