Landsberger Tagblatt

Ein Jazz-Abend wie das Wetter im April

Beim letzten Musiksalon in Dießen vor der Sommerpaus­e hält die Formation „Klangland“mit Harald Rüschenbau­m mit vielen Stimmungsw­echseln den Spannungsb­ogen aufrecht.

- Von Andreas Frey

Zwei identische Jazzabende, der eine knapp ausverkauf­t, der andere sogar überbucht: Für die Formation „Klangland“strömten am Freitag- und Samstagabe­nd die Musikfreun­de in den Dießener „Unterbräu“. Das Event war wohl auch deshalb so gut besucht, weil in Michael Lutzeiers Reihe „Musiksalon“bereits jetzt das konzertfre­ie Halbjahr anbricht. „Denn wer geht schon bei voller Tageshelli­gkeit nachmittag­s um neun in ein Konzert“, flunkerte Lutzeier mit seiner humoristis­chen Ader für den Dadaismus.

Auch Harald Rüschenbau­m startete gleich mit seiner persönlich­en „Ader“, nämlich mit dem Einbeziehe­n des Publikums. Die Musiker vom „Klangland“machten wortlos den Spaß mit, ihre Hände übereinand­er zu reiben, und aufmuntern­de Blicke in die Zuschauerm­enge bewirkten schließlic­h ein allgemeine­s Rascheln und Rauschen im Saal. Die leise Einstimmun­g passte zum sanft hereintast­enden Stück „Falling Grace“. Spannung erhielt das Programm durch deutliche, jedoch nie ruppige Stimmungsw­echsel – innerhalb der Stücke genauso wie bei deren wechselnde­r Auswahl, so bei „Fühlendes Wesen“.

Bei der Kompositio­n vom Klangland-Mitglied Jonas Brinckmann stechen moderne Klaviersol­i heraus, die von Maruan Sakas wunderbar leuchtend hergezaube­rt werden.

Einen weiteren atmosphäri­schen Sprung bringt das kaum bekannte „Don’t Forget the Poet“von Enrico Pieranunzi: Wie das Intro zu einer Geisterstu­nde entlockt Philipp Weiß seinem MoogSynthe­sizer sphärisch hallende Töne, zu denen Rüschenbau­ms Watteklöpp­el einen Hauch von Rhythmus liefern.

Von „träumerisc­h“zu „cool“perlt sich das Klavier entlang, öffnet ein Fenster für den prägnant geschrubbt­en Kontrabass von Peter Cudek, bis sanfte Moog- und Saxofontön­e diese 25 Jahre alte Entdeckung herrlich rund zu Ende führen.

Schlagzeug­er Rüschenbau­m sinnt freilich schon wieder auf Mitmach-Aktivität, übt mit dem Publikum einmal ein begleitend zum Rhythmus gesungenes „Haa…“und legt zum Höhepunkt der Übung selbst eine sublimiert­e Jodelphras­e darüber. Spielerisc­h wird das gut gelaunte Stück erst tänzelnd, dann schnell und schließlic­h druckvoll.

Im langsam heiß werdenden Saal ergibt sich nun das Einklatsch­en eines Bossas aus „Ocean’s

Eleven“, natürlich wieder mit Beteiligte­n.

Ausgehend vom Latin-Einstieg entwickelt das „Klangland“ein

Überraschu­ngsmenü an Instrument­ierungen: treibendes Drumming mit cool gestimmtem Saxofon, dann feine Motive vom Piano,

das Saxofon nun ganz warm, und rasch wieder straffe Trommelarb­eit vom energiespr­ühenden Harald Rüschenbau­m.

Der Name der Projektban­d verspricht also nicht zu viel, es ist wirklich eine Entdeckung­sfahrt, welche die Zuhörer in diesem Klangland unternehme­n. Ein weiteres Stück von Jonas Brinckmann bringt cooles Striding, extrem groovy gefasst und mit Wechseln aus zartem Besenrausc­hen und mutigem Trommelsch­lag: Das nimmt alle gleich wieder bei der Hand. Gleich darauf gibt es einen Abstecher zum Powerjazz.

Und wieder bringt die nächste Lichtung im Klangland Neues: Das zauberisch-leise „Central Park West“von John Coltrane kombiniert die Instrument­e in gedämpfter Zartheit und lässt schließlic­h hohe, flötenglei­che Moog-Töne in einem virtuosen Strudel an Dynamik gewinnen. Der Zwischenap­plaus für den ebenso seltenen wie gesuchten Spezial-Synthesize­r unterstrei­cht den Spaß, den das Publikum hier gewinnt – und den es, mit dem Einstieg von Michael Lutzeier als Saxofon-Duettpartn­er, noch bekrönt.

Im Dießener „Musiksalon“geht es erst am 27./28. September weiter mit Geoff Goodman und „CrissCross“. Michael Lutzeier wird sich zwischendu­rch aber nicht ganz rarmachen und plant für den 23. Juni einen Auftritt im Schacky-Park.

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Foto: Andreas Frey Spaß mit dem Publikum und mit bunten Wegbiegung­en im Klangland: Harald Rüschenbau­m (Mitte) entsandte die Jazzfans der Musiksalon-Reihe etwas verfrüht in die Sommerpaus­e.

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